Das ehemalige Sport- und Erholungszentrum (SEZ) an der Landsberger Allee sorgt erneut für hitzige Diskussionen in Berlin. Während die Wohnungsbaugesellschaft Mitte den vollständigen Abriss vorbereitet, melden sich politische Stimmen zu Wort, die den Erhalt zumindest einzelner Gebäudeteile prüfen lassen wollen. Ein aktuelles Gutachten bringt neue Argumente in die Debatte.

Das SEZ wurde 1981 als Freizeitzentrum der DDR eröffnet und war über Jahre hinweg ein wichtiger Anlaufpunkt für Sport und Erholung. Ob das Gebäude nun saniert oder vollständig abgerissen werden soll, sorgt in der Hauptstadt immer wieder für hitzige Debatten. / © Foto: Wikimedia Commons / Gerd Danigel
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© Foto Titelbild: IMAGO / Jürgen Ritter
Seit der offiziellen Schließung im Jahr 2002 ist das SEZ zunehmend verfallen. Laut einer aktuellen Recherche des Tagesspiegels sind große Teile des früheren Freizeitkomplexes heute verwüstet und vermüllt. In dem Bericht ist von illegalen Zwischennutzungen, darunter einem nach wie vor aktiven Clubbetrieb, sowie privater Tierhaltung, die Rede. Aufnahmen belegen den beklagenswerten Zustand des Gebäudeinneren mit Essensresten, Kinderspielzeug und sogar Pferdeäpfeln in ehemaligen Aufenthaltsräumen.
Die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM), der das Areal seit 2023 gehört, sieht laut eigener Aussage keine Alternative zum Abriss. Die landeseigene Gesellschaft bezeichnet das Grundstück als „prominent“ und mit „enormem Entwicklungspotenzial“. Nach derzeitiger Planung sollen dort ab 2028 rund 500 bis 600 Wohnungen, eine Schule sowie etwa 20.000 Quadratmeter Gewerbefläche entstehen.
Widerstand aus Politik und Zivilgesellschaft: Doch Sanierung statt Abriss?
Gegen diese Pläne formiert sich zunehmend Widerstand. Wie der Berliner Kurier nun am 13. Mai berichtete, zweifeln auch mehrere Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses nach einer Vor-Ort-Begehung am tatsächlichen baulichen Zustand des SEZ. Abgeordnete von Linken, Grünen und SPD sprachen sich in dem Zusammenhang für eine technische Prüfung des Erhalts aus. Laut Damiano Valgolio (Die Linke) sei das Gebäude keineswegs eine Ruine. Julian Schwarze (Grüne) forderte eine ernsthafte Prüfung möglicher Sanierungsoptionen.
Auch innerhalb der SPD regt sich Bewegung. Laut einer Stellungnahme des stadtentwicklungspolitischen Sprechers der SPD-Fraktion, Mathias Schulz, sei zu prüfen, ob zumindest identitätsstiftende Elemente wie die Fassadenstruktur zur Landsberger Allee erhalten bleiben könnten. Schulz betonte gegenüber dem Tagesspiegel, dass eine Integration von Altbauteilen in eine Neubebauung denkbar sei, auch wenn der Wohnungsbau Vorrang habe.
Technisches Gutachten bringt neue Argumente: Neubau wäre viermal so teuer wie Sanierung
Ein vom Verein „Gemeingut in BürgerInnenhand“ in Auftrag gegebenes Gutachten stützt nun die Position der Abrissgegnerinnen und -gegner. So kommt der Bauingenieur Carl Waßmuth laut der B.Z. zu dem Ergebnis, dass das Tragwerk des SEZ Berlin vollständig intakt sei. Die geschätzten Kosten für eine Sanierung lägen demnach bei rund 50 Millionen Euro – ebenso viel wie für einen vollständigen Abriss veranschlagt werde.
Waßmuth betone, dass ein Neubau mit vergleichbarer Fläche heute mindestens viermal so teuer wäre. Der Abriss des SEZ würde somit eine wertvolle bauliche Ressource vernichten, die für die soziale Infrastruktur Berlins von Bedeutung sein könnte. Besonders angesichts des Mangels an Sport- und Freizeitflächen sei der vollständige Rückbau laut Waßmuth nicht nachvollziehbar.
Ob die politische Debatte und das vorliegende Gutachten ausreichen werden, um eine neue Bewertung herbeizuführen, bleibt zunächst weiter offen.
Quellen: Tagesspiegel, Berliner Kurier, B.Z.
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