Das „Digitale Medienhaus“ des RBB sollte ein Vorzeigeprojekt werden – nachhaltig, innovativ und crossmedial. Doch nach Jahren der Planung wurde das ambitionierte Vorhaben am Theodor-Heuss-Platz aufgegeben. Ein weiteres Beispiel für eine große Vision, die letztlich zum Berliner Luftschloss wurde. Jetzt lesen mit ENTWICKLUNGSSTADT PLUS.
© Visualisierungen: rbb/Baumschlager Eberle Architekten/bloomimages Berlin GmbH
Die anderen 9 Teile der Reihe „Berlins Luftschlösser“ lest Ihr hier
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) plante nicht weniger als einen architektonischen Neustart. Mit dem „Digitalen Medienhaus“ sollte in Berlin-Westend ein modernes Zentrum entstehen, das alle redaktionellen Arbeitsprozesse von Fernsehen, Radio und Online vereint. Der Neubau, konzipiert vom renommierten Architekturbüro Baumschlager Eberle, setzte auf Leichtbauweise, Nachhaltigkeit und die Einbindung vorhandener Gebäudeteile. Der Entwurf überzeugte durch eine klare Formsprache, ökologische Materialien wie Holz und eine transparente, offene Struktur.
Doch aus der vielversprechenden Idee wurde ein planerisches Debakel. Die Vision wurde nie realisiert, das Vorhaben wurde nach Millioneninvestitionen eingestellt. Das Prestigeprojekt wurde auf Empfehlung des RBB-Verwaltungsrats offiziell im Dezember 2022 gestoppt. Zuvor hatten interne Analysen und Kostenexplosionen das Vorhaben stark in Zweifel gezogen. Heute gilt das nie gebaute RBB-Medienhaus als gescheitertes Prestigeprojekt und als weiteres Beispiel für Berlins gebrochene Bauversprechen.
„RBB Medienhaus“ in Berlin-Westend: Campusentwicklung mit Newsroom und Studios
Am Standort Masurenallee 8–14, angrenzend an das traditionsreiche Haus des Rundfunks, sollte das neue Medienhaus entstehen. Geplant war ein dreigeschossiger Atriumbau mit einem zentralen Newsroom, Studios und Werkstätten, der die verschiedenen Medienbereiche räumlich und organisatorisch zusammenführen sollte. Der Zugang sollte über einen Eingangspavillon am Kaiserdamm sowie das bestehende Foyer erfolgen. Der Entwurf sah zudem eine Aufwertung des Campusplatzes und eine Neuinterpretation des sogenannten Künstlerhofs vor.
Dabei sollte der Neubau nicht nur architektonisch neue Maßstäbe setzen, sondern auch die digitale Transformation des Senders symbolisieren. Bereits bestehende Studios sollten integriert und der Standort langfristig aufgewertet werden. Die modulare Struktur des Entwurfs ermöglichte zudem flexible Nutzungen und eine Anpassung an sich wandelnde Arbeitsprozesse – ein Konzept, das Potenzial hatte.
Von 63 auf 311 Millionen Euro: Die Kosten für das Bauprojekt an der Masurenallee liefen aus dem Ruder
Doch was als ressourcenschonendes Vorzeigeprojekt begann, entwickelte sich rasch zu einem finanziellen Fiasko. Anfangs wurden die Baukosten mit rund 63 Millionen Euro geplant. Im Laufe der Projektentwicklung stiegen diese jedoch drastisch an. Im Herbst 2022 lagen die internen Kostenschätzungen bei 190 Millionen Euro, später wurde sogar von bis zu 311 Millionen gesprochen. Ursachen waren unter anderem unzureichende Steuerung, fehlende interne Kapazitäten und externe Vergaben ohne belastbare Wirtschaftlichkeitsprüfungen.
Zudem fehlte es an Rückhalt in der Belegschaft. Mitarbeitende bemängelten fehlende Transparenz und Beteiligung, viele sahen in dem Projekt ein reines Managementvorhaben ohne ausreichende Einbindung. Auch auf politischer Ebene mehrten sich kritische Stimmen. Also zog der RBB im Dezember 2022 die Reißleine und der Verwaltungsrat stoppte das Projekt endgültig.
Projekt „RBB Medienhaus“: Rechnungshof kritisierte Planungslücken und Regelungsverstöße
Die Entscheidung zum Projektstopp war jedoch nicht nur eine Folge interner Zweifel und wachsender Kosten, sondern zog auch externe Prüfungen nach sich. Im November 2024 legte der Berliner Landesrechnungshof einen Bericht vor, der die Projektabwicklung scharf kritisierte. So habe der RBB gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit verstoßen, zentrale Regeln für Bauvorhaben nicht eingehalten und keine tragfähigen Bedarfsanalysen vorgelegt. Trotz vorhandener Fachabteilungen sei das Projekt überwiegend von externen Dienstleistern gesteuert worden – ein Organisationsversagen mit teuren Folgen.
Der finanzielle Schaden beläuft sich laut Rechnungshof auf mindestens 6,9 Millionen Euro. Andere Berichte gehen sogar von bis zu 32 Millionen Euro aus, die für Planung, Grundstücksvorbereitung und Beratung aufgewendet wurden. RBB-Intendantin Ulrike Demmer kündigte daraufhin an, interne Abläufe zu reformieren und eine eigene Bauordnung nach Vorbild der Berliner Landesverwaltung zu schaffen.
Neubaupläne des RBB: Ein ambitioniertes Projekt und seine stille Beerdigung
Trotz aller Kritik an der Umsetzung bleibt das Grundanliegen des Projekts – die Modernisierung der Infrastruktur und die digitale Neuaufstellung des Senders – unbestritten sinnvoll. Der Bedarf für flexible, moderne Arbeitsräume ist nach wie vor vorhanden. Doch das RBB-Medienhaus wird nicht Teil dieser Entwicklung sein. Der Entwurf, die Pläne, die Debatten: alles bleibt rückblickend folgenlos.
Das Vorhaben reiht sich damit nahtlos in eine lange Liste gescheiterter Bauprojekte in Berlin ein – Projekte, bei denen hohe Ansprüche und ambitionierte Planungen an organisatorischen Mängeln, politischen Widerständen oder finanziellen Realitäten zerschellten.
Das Digitale Medienhaus des RBB steht beispielhaft für eine Vision, die trotz erkennbarem Bedarf und architektonischer Qualität letztlich an fehlender Steuerung, strukturellen Defiziten und mangelnder interner Akzeptanz gescheitert ist. Es markiert ein weiteres Kapitel in der Geschichte Berliner Luftschlösser – ambitioniert entworfen, teuer vorbereitet, aber nie realisiert.
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Was als Leuchtturmprojekt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks begann, endete im Planungschaos und wurde nie gebaut. / © Visualisierung: rbb/Baumschlager Eberle Architekten/bloomimages Berlin GmbH
Quellen: rbb24, DWDL.de, Tagesspiegel, Berliner Morgenpost, Business Insider, Baumschlager Eberle Architekten, Landesrechnungshof Berlin