Im Sockel des Steglitzer Kreisels soll ab der Wintersaison 2025/26 eine neue Kältehilfe-Unterkunft entstehen. Noch laufen Gespräche zwischen dem Bezirk, dem Träger und dem Eigentümer – ein Vertrag ist bislang nicht unterschrieben. Die geplante Unterkunft könnte eine frühere Einrichtung in Wannsee ersetzen und wäre bereits die dritte temporäre Nutzung im stillgelegten Gebäudekomplex an der Schloßstraße.

Der Steglitzer Kreisel bekommt womöglich eine neue Funktion: Als Notunterkunft für obdachlose Menschen soll der Sockelbau künftig in den Wintermonaten Schutz bieten – ergänzt durch bereits laufende Zwischennutzungen wie eine Lebensmittelausgabe und ein Kulturprojekt. Wird das prominente Gebäude damit zu einem sozialen Übergangsraum in Steglitz? /  © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

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Im Bezirk Steglitz-Zehlendorf könnte im kommenden Winter eine zusätzliche Kältehilfe-Einrichtung entstehen. Geplant ist eine Notunterkunft im Sockelbau des Steglitzer Kreisels an der Schloßstraße. Wie Sozialstadtrat Tim Richter (CDU) in der Bezirksverordnetenversammlung mitteilte, befindet sich das Vorhaben in einer fortgeschrittenen Planungsphase.

Die neue Unterkunft würde die bisherige Einrichtung in der Bergstraße in Wannsee ersetzen, die wegen baulicher Mängel geschlossen wurde. Die Neue Chance gGmbH hatte das frühere Haus betrieben. Der künftige Betreiber soll nach aktuellem Stand derselbe Träger sein, der auch die Kältehilfe in Wannsee übernommen hatte.

Verhandlungen zur Nutzung des Steglitzer Kreisels laufen — Standort gilt als gut erreichbar

Die Adler Group, Eigentümerin des Steglitzer Kreisels, bestätigte nun die laufenden Gespräche. Eine Sprecherin erklärte, dass man eine vertragliche Vereinbarung mit dem potenziellen Träger für die Wintersaison 2025/26 anstrebe. Auch Sozialstadtrat Richter äußerte sich zuversichtlich, wies jedoch darauf hin, dass bisher keine finale Entscheidung getroffen wurde.

Als Vorteil des Standorts gilt laut Bezirksamt die zentrale Lage an der Schloßstraße mit guter Anbindung an S-Bahn und Buslinien. Dadurch sei die Unterkunft für obdachlose Menschen besser erreichbar als die ehemalige in Wannsee.

Geplante Kältehilfe von Oktober bis April in Steglitz — Finanzierung über Tagessätze vorgesehen

Geplant ist ein Betrieb der Unterkunft von Oktober bis April, jeweils während der Kältehilfe-Saison. Finanziert werden soll die Einrichtung über einen Tagessatz von 27 Euro pro belegtem Bett, den der Senat an den Träger auszahlt. Sollte der Steglitzer Kreisel verkauft werden, soll ein etwaiger Nutzungsvertrag trotzdem weiter Bestand haben.

Nach Angaben von Richter signalisiere die Adler Group Kooperationsbereitschaft und erkenne die soziale Verantwortung für den Bezirk an. Dennoch ist unklar, wann der Vertrag mit dem Betreiber tatsächlich geschlossen wird.

Zwischen Lebensmittelausgabe und Kulturprojekt: Weitere Zwischennutzung im Kreisel geplant

Die Unterkunft wäre bereits die dritte temporäre Nutzung im Gebäudekomplex des Steglitzer Kreisels. Im Erdgeschoss betreibt die Berliner Tafel eine Lebensmittelausgabe. In einem ehemaligen Ladengeschäft organisiert das Projekt „Zeit ist knapp“ (ZIK) Tanz-, Sport- und Kulturangebote.

Ursprünglich war im Steglitzer Kreisel ein Hochhausprojekt mit Eigentumswohnungen unter dem Namen „Überlin“ geplant. Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten und fehlender Genehmigungen kam das Vorhaben jedoch ins Stocken. Verschiedene Zwischennutzungen, darunter die geplante Kältehilfe, sollen das Gebäude vorübergehend beleben.

Bezirksamt unter Druck: Geplante Kältehilfe als Reaktion auf politische Forderungen

In den vergangenen Monaten war das Bezirksamt mehrfach für das Fehlen einer festen Kältehilfe in Steglitz-Zehlendorf kritisiert worden. Der Kreisverband von Bündnis 90/Die Grünen forderte im Januar 2025 unter anderem mehr Plätze, ein erweitertes Streetwork-Angebot und zusätzliche Fördermittel. Die geplante Unterkunft könnte nun ein erster Schritt sein, auf diese Forderungen zu reagieren.

Laut Tim Richter arbeiten derzeit das Sozialamt, die Koordinierungsstelle der Berliner Kältehilfe, die Adler Group und der mögliche Betreiber gemeinsam an der Umsetzung, wie die Berliner Morgenpost berichtet. Ob die Einrichtung wie geplant in Betrieb gehen kann, bleibt jedoch von weiteren Verhandlungen abhängig.

Stadtrat Brockhausen ruft Immobilienbesitzer zur Unterstützung der Kältehilfe auf

Auch in anderen Bezirken laufen bereits Vorbereitungen für die kommende Kältehilfesaison. In Reinickendorf richtet sich der zuständige Sozialstadtrat Uwe Brockhausen (SPD) mit einem öffentlichen Appell an Immobilienbesitzer. Ziel ist es, frühzeitig geeignete Objekte für die Unterbringung obdachloser Menschen zu identifizieren.

Angesichts des wachsenden Bedarfs betont Brockhausen die gesellschaftliche Verantwortung, leerstehende Immobilien für soziale Zwecke zur Verfügung zu stellen. Die Suche nach passenden Standorten gestalte sich aufgrund der angespannten Lage auf dem Berliner Immobilienmarkt zunehmend schwierig. Gleichzeitig setzt der Bezirk bereits auf alternative Ansätze: In einem Pilotprojekt wurden vier Tiny Houses bereitgestellt, die obdachlosen Menschen kurzfristigen Schutz bieten sollen. Begleitet wird das Vorhaben durch soziale Betreuung – ein Konzept, das auch andernorts zum Einsatz kommen könnte.

 

Quellen: Berliner Morgenpost, Tagesspiegel, zeitistknapp.de, Adler Group, CG Gruppe, Bündnis 90/Die Grünen