Der Ausgang des Bürgerdialogs zum Tempelhofer Feld könnte kaum eindeutiger sein: Die meisten Teilnehmenden sprechen sich gegen eine Bebauung aus. Trotz dieses klaren Votums hält der Berliner Senat am Vorhaben fest, einen internationalen städtebaulichen Wettbewerb zur Randbebauung durchzuführen.

Sollen die Ränder des Tempelhofer Feldes bebaut werden? Der Berliner Senat möchte Wohnungen am Rande der riesigen Freifläche bauen, eine Bürgerwerkstatt hat sich nun jedoch klar gegen eine Bebauung ausgesprochen. / © Foto: depositphotos.com

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Text: Björn Leffler

 

Bereits Anfang September hatten wir erstmals über die Durchführung der Bürgerbeteiligung zu einer möglichen Randbebauung der riesigen Freifläche Tempelhofer Feld zwischen Kreuzberg, Neukölln und Tempelhof berichtet. Die seit vielen Jahren geführte Diskussion um die Nutzung des weitläufigen Raums im Zentrum Berlins dreht sich vor allem um die Balance zwischen dem dringend benötigten Wohnungsbau auf der einen und dem Erhalt von Freiflächen auf der anderen Seite.

Befürworter des Wohnungsbaus – dazu gehört vor allem der Berliner Senat – argumentieren, dass die Schaffung von Wohnraum dringend nötig sei, während ihre Gegner betonen, dass das Feld als Freizeit- und Erholungsgebiet unverzichtbar für die umliegenden Quartiere sei. Das Feld wird heute von Bürgerinnen und Bürgern intensiv genutzt. Auf dem Areal befinden sich mittlerweile zahlreiche Sport- und Freizeitangebote. Gemüsegärten wurden angelegt, auch sanitäre Einrichtungen sind an mehreren Standorten errichtet worden.

Tempelhofer Feld: Städtebaulicher Wettbewerb soll Möglichkeiten der Randbebauung aufzeigen

Bis Mitte 2025 soll nun eine Bürgerinnen- und Bürgerwerkstatt mit integriertem internationalen stadt- und freiraumplanerischen Ideenwettbewerb sowie begleitendem öffentlichen Dialog durchgeführt werden. Anfang September hat die erwähnte Bürgerwerkstatt mit einer ersten Veranstaltung begonnen, mittlerweile wurden mehrere Termine durchgeführt.

Die Ideenwerkstatt, an der 275 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger teilnahmen, hat sich nun, nach einem Wochenende voller intensiver Diskussionen, am Sonntagnachmittag eindeutig positioniert: Die Mehrheit spricht sich gegen eine Bebauung des Tempelhofer Feldes aus.

Bürgerwerkstatt: Klare Mehrheit gegen eine Bebauung des Tempelhofer Feldes

Es ist ein Ort für Freiheit, für Regeneration für Berliner und Besucher. Es soll keine Bebauung auf dem Tempelhofer Feld geben“, sagte ein Teilnehmer aus Gruppe im Rahmen der Veranstaltung laut Berliner Morgenpost. Eine andere  Teilnehmerin wurde wie folgt zitiert: “Nach diesem diskussionsintensiven Wochenende kann es kein Projekt für die Wohnraumbebauung geben, das haben wir einheitlich im Konsens beschlossen.

Um die Diskussionen möglichst nachhaltig zu gestalten, wurden die Teilnehmenden in fünf Gruppen aufgeteilt, in denen sie Thesen erarbeiteten, abstimmten und anschließend einen Konsens präsentierten. Eine erste Vorstellung der Thesen fand bereits am Sonntagmorgen ohne Presse statt, wobei Birgit Böhm, Leiterin des Nexus Instituts, ankündigte, dass ein Vetorecht für die Abstimmung der zugelassenen Thesen eingeführt werde.

Die Ergebnisse des Bürgerdialogs sollen in den geplanten Wettbewerb einfließen

Das Ergebnis des Beteiligungsprozesses soll dem Abgeordnetenhaus als Grundlage für eine umfassende Debatte dienen und in den geplanten internationalen städtebaulichen Wettbewerb einfließen – der von der Bürgerwerkstatt jedoch eigentlich gar nicht gewollt ist. Bis Juni 2025 soll jedoch nach Plänen des Senats ein detailliertes Nutzungskonzept entstehen, das anschließend von den Bürgern bewertet werden soll.

Allerdings besteht für den Berliner Senat keine Umsetzungspflicht, wodurch die tatsächliche Umsetzung der Ideen der Bürgerwerkstatt ausgesprochen vage bleibt. Viele Beobachter sprachen daher auch von einer “Scheinbeteiligung”, die dem Vorhaben des Berliner Senats, an den Rändern des Feldes Wohnungen zu errichten, die Legitimation der öffentlichen Beteiligung verleihen soll.

Bausenator Christian Gaebler (SPD) hält trotz des Ergebnisses am geplanten Wettbewerb fest

Bausenator Christian Gaebler (SPD) äußerte sich laut einem Bericht des Tagesspiegel denn auch eindeutig und betonte, dass er an dem weiteren Verfahren zur Durchführung des städtebaulichen Wettbewerbs festhalte. Gleichzeitig kritisierte er das Vorgehen des Beteiligungsformats: “Die Dialogwerkstätten hatten nicht das Ziel, über Pro oder Contra abzustimmen.

Gleichzeitig bedankte sich Gaebler aber für die Teilnahme der ausgelosten Berlinerinnen und Berliner an der Dialogwerkstatt: “Ein wichtiges Ziel haben wir bereits erreicht: den respektvollen demokratischen Diskurs miteinander zu führen, auch bei schwierigen Themen und Projekten.” Das Resultat dürfte Gaebler jedoch nicht schmecken, auch wenn er natürlich am weiteren Verfahren festhält.

Der BUND Landesverband Berlin fordert hingegen, dass die schwarz-rote Koalition dieses Ergebnis ernst nehmen und den geplanten Bebauungswettbewerb stoppen solle, ähnlich äußerte sich nach dem vergangenen Wochenende die Initiative 100% Tempelhofer Feld. Wie und ob sich die Ergebnisse der Bürgerwerkstatt in den Ergebnissen des Gestaltungswettbewerbs wiederfinden werden, darf mit Spannung erwartet werden.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

Wie eine mögliche Randbebauung des Tempelhofer Feldes aussehen könnte, soll ein internationaler Gestaltungswettbewerb klären. Hier ist eine frühe Vision des Berliner Büros Graft zu sehen. / © Visualisierung: Graft Architects

Das Tempelhofer Feld ist eine der größten innerstädtischen Freiflächen Europas. Viele Bewohner möchten offenbar, dass das so bleibt. / © Foto: depositphotos.com

Quellen: Nexus Institut, Berlin Bauboom, Berliner Morgenpost, Messe Berlin, Der Tagesspiegel, Berliner Zeitung, Wikipedia, Baunetz, TAZ, Berliner Woche, Graft Architects, BUND Landesverband Berlin, Initiative 100% Tempelhofer Feld

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