Die Umbenennung der Treitschkestraße in Betty-Katz-Straße ist beschlossen. Mit ihr wird ein antisemitisch belasteter Namensgeber ersetzt durch eine Holocaust-Überlebende, die jüdisches Leben in Berlin prägte.
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Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt am 6. Juni 2025 ist es amtlich: Die Treitschkestraße in Berlin-Steglitz wird zum 1. Oktober 2025 in Betty-Katz-Straße umbenannt. Der bisherige Straßenname, benannt nach dem Historiker und Publizisten Heinrich von Treitschke, wird damit nach jahrzehntelanger Kritik ersetzt. Für sechs Monate soll eine doppelte Beschilderung erfolgen, wobei der alte Straßenname rot durchgestrichen wird.
Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf begründet die Entscheidung mit der antisemitisch geprägten Haltung Treitschkes, dessen Schriften und Aussagen – darunter der Satz „Die Juden sind unser Unglück“ – als Wegbereiter des modernen politischen Antisemitismus gelten. Dieser Satz wurde später von nationalsozialistischen Publikationen wie dem Hetzblatt „Der Stürmer“ übernommen.
Betty-Katz-Straße: Neuer Name für die Treitschkestraße in Steglitz
Namensgeberin der neuen Straße ist Betty Katz, ehemalige Leiterin des jüdischen Blindenheims in der Wrangelstraße. Sie wurde im Holocaust deportiert und starb am 6. Juni 1944 im Ghetto Theresienstadt. Die Entscheidung für Katz ist nicht nur ein Bruch mit dem bisherigen Namen, sondern auch ein bewusstes Gedenken an eine Frau, die sich um das jüdische Leben in Berlin verdient gemacht hat.
Anwohnende erhalten die Möglichkeit, Änderungen in Ausweisdokumenten oder Fahrzeugpapieren kostenfrei vornehmen zu lassen. Dafür soll unter anderem ein mobiles Bürgeramt („Bürgeramtskoffer“) eingesetzt werden, um den bürokratischen Aufwand zu reduzieren.
Umbenennung der Treitschkestraße: Jahrzehntelange Debatte vor der Entscheidung
Bereits seit dem Jahr 2000 gab es aus zivilgesellschaftlichen Kreisen wie der Patmos-Gemeinde erste Forderungen nach einer Umbenennung, die damals an der politischen Mehrheit scheiterten. In den Folgejahren wurden Informationsstelen angebracht und der anliegende Platz in Harry-Bresslau-Park umbenannt – nach einem jüdischen Historiker, der Treitschkes Positionen öffentlich widersprach.
Eine Befragung der Anwohnerschaft im Jahr 2012 ergab eine klare Ablehnung der Umbenennung, die sich 2022 noch einmal verstärkte. Dennoch beschloss die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) im Januar 2025 mehrheitlich die Umbenennung. Ausschlaggebend war unter anderem ein Besuch des Bundesbeauftragten für Antisemitismus, Felix Klein, der sich im Kulturausschuss klar für eine Neubenennung aussprach.
Neuer Name für die Treitschkestraße: Kontroverse Stimmen aus Politik und Bevölkerung
Claudia Wein, CDU-Abgeordnete und Gegnerin der Umbenennung, warnte in einem offenen Brief an die Anwohnenden vor einem Verlust historischer Differenzierung. Treitschke sei ein kultureller Antisemit gewesen, aber kein Rassist im nationalsozialistischen Sinn.
Diese Einordnung stieß auf deutliche Kritik – unter anderem von Daniel Eliasson von den Grünen, der argumentiert, eine Straße sei eine Form der Ehrung, und Antisemiten dürften nicht geehrt werden.
Auch unter den Anwohnenden herrscht kein einheitliches Meinungsbild. Während einige die Umbenennung als notwendige Korrektur empfinden, kritisieren andere den bürokratischen Aufwand oder lehnen die Maßnahme als Symbolpolitik ab. Das Bezirksamt versucht, mit unterstützenden Angeboten wie dem mobilen Bürgeramt auf diese Sorgen einzugehen.
Quellen: RBB, Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, Wikipedia