Am Mehringplatz in Berlin-Kreuzberg wurden zuletzt zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht, um dem Quartier neue Impulse zu geben. Ein umstrittenes Neubauprojekt wurde nach langem Ringen angepasst, soziale Einrichtungen erhalten dringend benötigte Sanierungsmittel und auch neue Bildungs- und Arbeitsprojekte starten.
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In der südlichen Friedrichstadt entstehen seit längerer Zeit mehrere Neubauprojekte rund um den Mehringplatz. Das in den 1960er Jahren errichtete Wohnquartier steht seit Jahren im Fokus stadtentwicklungspolitischer Debatten. Nach der abgeschlossenen Umgestaltung des Platzes selbst und der kürzlich durchgeführten Sanierung von 372 Wohnungen durch die HOWOGE, kommt nun auch Bewegung in ein lange strittiges Neubauprojekt.
Zwischen der Friedrichstraße und der Franz-Klühs-Straße soll auf einer ehemals als Parkpalette genutzten Fläche ein neues Wohn- und Geschäftshaus entstehen. Nach heftigen Auseinandersetzungen über die baulichen Dimensionen wurde nun ein Kompromiss zwischen Projektentwicklern, Bezirk und Senatsbauverwaltung erzielt. Der angepasste Entwurf sieht eine Reduktion der Bruttogrundfläche von zunächst geplanten 23.000 auf nunmehr 19.000 Quadratmeter vor.
Neubau in Kreuzberg: Kompromiss für Wohn- und Geschäftshaus am Mehringplatz
Zentraler Bestandteil des Kompromisses ist der Rückbau des verfallenen Parkhauses, das seit Jahren als Ort der Verwahrlosung gilt. Der neue Entwurf soll mehr Licht und Luft zu den angrenzenden Bestandsgebäuden bringen und wurde inzwischen durch den Sanierungsbeirat der südlichen Friedrichstadt akzeptiert. Ein Bauantrag ist für September 2025 vorgesehen.
Neben 382 geplanten Wohnungen soll im Neubau auch ein Supermarkt mit bis zu 800 Quadratmetern Verkaufsfläche einziehen – eine wichtige Ergänzung, da seit der Schließung eines Edeka-Marktes im Jahr 2023 viele Anwohnende keine wohnortnahe Einkaufsmöglichkeit mehr haben. Auch Gewerbeflächen und ein Beherbergungsbetrieb mit bis zu 45 Zimmern sind vorgesehen.
Soziale Infrastruktur am Mehringplatz wird modernisiert – Sanierung in der Friedrichstraße 1 – 3 startet
An der benachbarten Fassade des Gebäudes Friedrichstraße 245 A startet im Mai zudem ein partizipatives Kunstprojekt des US-amerikanischen Konzeptkünstlers Brad Downey. Die Hauswand wird Teil eines großformatigen Mosaiks, das gemeinsam mit Jugendlichen und Street-Art-Künstlerinnen und -Künstlern aus dem Kiez gestaltet wird. Ziel ist es, das Quartier auch gestalterisch aufzuwerten und die Nachbarschaft aktiv einzubeziehen.
Parallel zu den städtebaulichen Maßnahmen investiert der Bezirk in die soziale Infrastruktur. Mit Mitteln aus dem Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt (SIWA) wird das Gebäude Friedrichstraße 1–3 instand gesetzt, in dem sich zentrale Einrichtungen wie das Nachbarschaftszentrum, das Jugendprojekt KMA-Antenne und das Quartiersmanagement befinden. Die Maßnahmen beginnen Ende April 2025 und sollen bis März 2026 abgeschlossen sein.
Südliche Friedrichstadt: Neue Bildungs- und Arbeitsangebote für Jugendliche
Trotz der notwendigen Gebäudeschließungen sollen die Angebote weiter aufrechterhalten werden. Möglich wird dies durch das Engagement der ansässigen Träger sowie durch eine koordinierte Übergangsphase. Die Sanierung ist angesichts eines Gesamtbedarfs von 26 Millionen Euro nur ein erster Schritt, zeigt jedoch den politischen Willen zur Stärkung der sozialen Infrastruktur im Quartier.
Ergänzend dazu wurde das Projekt „Berufsorientierung auf zwei Rädern“ gestartet, das sich gezielt an Jugendliche im Quartier richtet. Angeboten werden Praxiswochen, Schülerpraktika, Elternabende und Beratungen in Kooperation mit regionalen Unternehmen und der Jugendberufsagentur. Ziel ist es, langfristig neue Perspektiven im Bildungs- und Arbeitsmarkt aufzuzeigen.
Ausblick: Ein Quartier zwischen Stabilisierung und Zukunftsfragen
Auch die Jugendarbeit wird weitergeführt: Die mobile Sozialarbeit von Outreach gGmbH, das Jugendprojekt JAM sowie die Angebote der KMA-Antenne erhalten weiterhin Förderung. Ein neuer Kiezhausmeister soll ab Mai 2025 zusätzlich für mehr Ordnung und Präsenz im öffentlichen Raum sorgen.
Mit den aktuellen Maßnahmen wird versucht, den Mehringplatz als sozialen Brennpunkt gezielt zu stabilisieren. Dass hierfür mehr notwendig ist als neue Gebäude, zeigt sich am Umfang der eingesetzten Mittel und Projekte. Gleichwohl ist der Mehringplatz auch künftig ein Quartier, das besondere Aufmerksamkeit benötigt. Und welche Entwicklungen hier bislang stattgefunden haben und wie der Platz architektonisch einzuordnen ist, haben wir ausführlich in einem früheren Artikel beleuchtet: „Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft: Der Mehringplatz in Kreuzberg“.
Quellen: Berliner Morgenpost, Pressemitteilung Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, Outreach gGmbH, HOWOGE