Der Berliner Senat greift beim umstrittenen Hochhausprojekt „Urbane Mitte“ durch – und entzieht dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg die Planungshoheit. Damit soll die jahrelang verzögerte Entwicklung am Gleisdreieck endlich vorangetrieben werden. Bausenator Christian Gaebler verkündete zeitgleich, dass künftig auch über eine mögliche Wohnnutzung in den geplanten Gebäuden verhandelt werden soll.

Mitten im Herzen Berlins übernimmt der Senat das Steuer: Das Projekt „Urbane Mitte“ geht in die direkte Zuständigkeit der Landesebene über. Der Weg für sieben neue Hochhäuser an einer der letzten großen Innenstadtbrachen soll damit freigemacht werden. Auch der Bau von Wohnungen soll nun geprüft werden. / © Visualisierung: O&O Baukunst / Realace GmbH

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Es hatte sich abgezeichnet, nun hat es der Berliner Senat in einem offiziellen Statement verkündet: „Der Senat von Berlin hat heute auf Vorlage von Senator Christian Gaebler die Feststellung der außergewöhnlichen stadtpolitischen Bedeutung für das Gebiet des Vorhabens Urbane Mitte im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg zur Kenntnis genommen. Die Zuständigkeit für die Aufstellung und Festsetzung von Bebauungsplänen für diesen Bereich liegt künftig bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen.

So hat es am gestrigen Dienstag die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen verkündet. Damit wurde dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg auch die letzte Zuständigkeit für einen Teilbereich des Gesamtprojekts entzogen. Der Berliner Senat reagierte damit offensichtlich auf die Haltung des Bezirks, das Projekt in der geplanten Form mit einer rein gewerblichen Ausrichtung nicht umsetzen zu wollen.

Hochhausprojekt „Urbane Mitte“ im Gleisdreieckpark: Berliner Senat entzieht Bezirk die Zuständigkeit

Die Senatsverwaltung begründet ihren Schritt wie folgt: „Damit wollen wir die komplexe Planung des innerstädtischen Stadtquartiers zielführend voranbringen und die im städtebaulichen Rahmenvertrag vorgesehene Gesamtentwicklung rund um das Gleisdreieck zum Abschluss bringen.

Gleichzeitig wird auf die Gültigkeit der bestehenden Vereinbarung zwischen dem Land Berlin und den privaten Investoren verwiesen: „Der Rahmenvertrag aus dem Jahr 2005 sieht die Entwicklung der vier Baufelder Flottwellpromenade, Yorckdreieck, Möckernkiez und Urbane Mitte vor, die rund um einen großen zusammenhängenden Park, den heutigen Park am Gleisdreieck, entstehen. Die Urbane Mitte ist das letzte noch zu realisierende Baufeld.

Berliner Senat: Rahmenvertrag aus dem Jahr 2005 hat weiter Gültigkeit – und soll umgesetzt werden

Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg regte sich seit mehreren Jahren Widerstand gegen das geplante Hochhausprojekt. Baustadtrat Florian Schmidt (Die Grünen) hatte das Vorhaben in der Vergangenheit als „aus der Zeit gefallen“ bezeichnet.

Kritisiert wird im Bezirksamt unter anderem, dass in Berlin bereits zahlreiche Büroflächen leer stehen und bei dem Projekt keine Wohnungen vorgesehen seien. Auch ökologische Aspekte spielen eine Rolle: Eine Bürgerinitiative warnt davor, dass die klimatische Funktion des angrenzenden Parks durch den Hochhausbau beeinträchtigt werde.

Bausenator Christian Gaebler: Der Bau von Wohnungen beim Projekt „Urbane Mitte“ wird geprüft

Berlins Bausenator Christian Gaebler äußerte sich am Dienstag auf der Senatspressekonferenz zu den Bedenken, wie die Berliner Morgenpost berichtet. Seiner Ansicht nach gehe es dem Bezirk vor allem darum, die geplante Höhe und Dichte der Bebauung zu reduzieren.

Gaebler verwies jedoch auf bestehende vertragliche Verpflichtungen mit dem Investor und betonte, dass das Land Berlin vertragsgetreu handeln müsse. Es sei nicht sein Ziel, sich auf rechtliche Auseinandersetzungen einzulassen. Verträge würden nicht abgeschlossen, um sie später zu brechen, so Gaebler.

Gleichzeitig zeigte er sich offen für eine Prüfung, ob auch Wohnnutzung in den geplanten Hochhäusern möglich sei – auch wenn dies aufgrund der benachbarten U-Bahntrassen lärmschutztechnisch anspruchsvoll wäre. Zudem stellte er klar, dass nicht auf Parkflächen gebaut werden solle. Das Projekt beziehe sich auf versiegelte Randflächen des Parks, auf denen sich derzeit Gewerbeanlagen befinden.

Park am Gleisdreieck: Gewerbeprojekt „Urbane Mitte“ soll sieben Gebäude umfassen

Die geplante Entwicklung des Areals, dem bereits ab 2015 ein Beteiligungsverfahren mit Bürger- und Fachwerkstätten vorausgegangen war, sieht die Errichtung von sieben Hochhäusern mit einer Höhe von 25 bis 90 Metern vor.

Die geplanten Häuser sollen sich im Norden um die U-Bahn-Station Gleisdreieck gruppieren und sich südlich entlang der S-Bahn-Linie erstrecken. Aufgrund der zu erwartenden Lärmbelästigung an diesem viel befahrenen Bahnverkehrsknoten war bislang eine fast ausschließlich gewerbliche Nutzung vorgesehen. Möglich, dass diese Pläne nun noch einmal angepasst werden. die Hoheit dafür lieg zukünftig bei der Senatsbauverwaltung.

Eine der letzten großen Brachflächen der Berliner Innenstadt

Geplant ist laut Projektinitiatoren aber grundsätzlich eine Mischnutzung, welche neben Büroflächen ein breites Sport-, Freizeit- und Kulturangebot vorsieht. Auf dem rund 34.000 Quadratmeter großen Areal sind 119.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche geplant.

Darin enthalten sind 8.000 Quadratmeter Fläche in historischen U-Bahn-Viadukten, die zu einem “Marketplace” entwickeln werden sollen. 3.000 Menschen sollen künftig in der “Urbanen Mitte” zukünftig arbeiten. Wie viele Wohnungen auf dem Areal entstehen könnten, soll nun eruiert werden. Nach einem jahrelangen Hin und Her soll die Konkretisierung des Vorhabens deutlich beschleunigt werden.

© Visualisierung: O&O Baukunst / Realace GmbH

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Quellen: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, Berliner Morgenpost, O&O Baukunst, Realace GmbH

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4 Kommentare

  1. Jörg Barth 4. Juni 2025 at 12:10 - Reply

    Endlich noch ein Projekt, dass dem Bullerbü-Experten Florian Schmidt in der Planung entrissen wurde. So besteht durchaus jetzt die Hoffnung dass das Projekt in den nächsten Jahren auch verwirklicht wird.

  2. Frank Hofmann 5. Juni 2025 at 00:05 - Reply

    Seit 30 Jahren das Trauerspiel am Alex! Hier zeigt sich erneut das Spiel der verpaßten Chancen in Berlin! Berlin lebt nicht mit der Regierung sondern trotz Regierung und trotz Verwaltung!

  3. Prestel 7. Juni 2025 at 17:07 - Reply

    Der Herr F. Schmidt ist wohl auch der Herr, der in besagtem Bezirk die Ansiedlung von Google oder Microsoft verhindert hat.
    Dafür haben helle Köpfe inMünchen die Chance genutzt und diese und andere bekannte Digitalfirmen an die Isar geholt. Wer solche Leute, wie F.Schmidt, hat, kann getrost darauf setzen, dass die Hauptstadt zum Verhindererzentrum wird.
    Der Senat hat gerade noch das Projekt an sich gezogen. Das sollte Schule machen!

  4. Gülcan cam 8. Juni 2025 at 08:31 - Reply

    Es wäre schön wenn man an sozial schwachen Menschen denken würde
    Oder Menschen so wie ich EU Rentnerin Schwerbehindert und pflegebedürftig
    Vielen dank

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