Hinter der Fassade eines unscheinbaren Altbaus in Berlin-Tegel liegt ein denkmalgeschützter Ballsaal aus der Kaiserzeit: der „Trapp’sche Festsaal“. Jahrzehntelang war er verborgen und in Vergessenheit geraten – bis er 2024 wiederentdeckt wurde. Nun keimt Hoffnung auf eine neue Nutzung.
© Foto Titelbild: Landesdenkmalamt Berlin / Hamid Djadda
Im vergangenen Jahr wurde an der Buddestraße 13 in Berlin-Tegel ein architektonisches Juwel aus der Kaiserzeit wiederentdeckt. Der heutige Eigentümer Hamid Djadda hatte das Gebäude bereits vor rund elf Jahren übernommen und hegte schon früh den Verdacht, dass sich über der Zwischendecke mehr verbarg als nur ein einfacher Lagerraum. Nach dem Auszug eines Discounters ließ er die Decke entfernen und legte damit den lange vergessenen Ballsaal frei.
Der Raum umfasst etwa 400 Quadratmeter, ist fast vollständig erhalten und beeindruckt durch seine ornamentierte Decke sowie eine umlaufende Balustrade. Eine dauerhafte kulturelle Nutzung des Saals musste Djadda aus Lärmschutzgründen verwerfen – für die Anwohner wäre eine Konzert-Location zu laut gewesen. Stattdessen plante er zunächst, ein Box-Gym einziehen zu lassen, das die historische Substanz unangetastet lassen sollte. Doch das Vorhaben scheiterte noch vor dem Einzug; der Mieter meldete Insolvenz an.
Temporäre Nutzung als Impuls: Bezirk setzt auf kulturelle Belegung mit Konzept
Stattdessen nutzten im Dezember 2024 erstmals wieder Besucherinnen und Besucher den Saal: Schülerinnen und Schüler des benachbarten Humboldt-Gymnasiums präsentierten dort eigene Kunstwerke. Für das Bezirksamt Reinickendorf war diese temporäre Ausstellung ein positives Signal. Stadtentwicklungsstadträtin Korinna Stephan (Grüne) sprach von einer „tollen Gelegenheit“, den Saal wieder öffentlich sichtbar zu machen. Denn das Bezirksamt befürwortet grundsätzlich eine kulturelle Nutzung des Raums. Doch dafür müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, wie die Berliner Morgenpost berichtet. Stephan hatte betont, dass der Saal nicht nur zugänglich, sondern auch sicher nutzbar sein müsse.
Vor allem Fragen des Brandschutzes und der Fluchtwege seien noch ungeklärt. Aktuell sei die Empore aus Sicherheitsgründen gesperrt. Öffentliche Veranstaltungen müssten daher jeweils einzeln geprüft werden. Um wiederkehrende Nutzungen zu ermöglichen, fordert das Bezirksamt ein klares Nutzungskonzept vom Eigentümer – inklusive baulicher Maßnahmen zur Sicherung. Erst wenn diese Grundlage geschaffen sei, könne der Raum dauerhaft als Kulturort genutzt werden.
Festsaal, Kino, Discounter — die bewegte Nutzungsgeschichte eines Baudenkmals in Tegel
Das Gebäude entstand 1900/1901 nach Plänen des Bauunternehmers Hermann Valtink. Wirt Wilhelm Trapp betrieb hier eine Ausflugsgaststätte mit Kegelbahn, Musikpavillon und einem großen Tanzsaal. Der Standort lag damals in einem sich rasch entwickelnden Teil Tegels zwischen Dorfkern und Bahnhof.
Bereits 1914 musste der Tanzbetrieb wegen des Ersten Weltkriegs eingestellt werden. 1919 baute der neue Eigentümer Fritz Joschek den Saal in ein Kino um. Der „Filmpalast Tegel“ war mit über 600 Plätzen das erste Großkino im Bezirk. 1965 endete der Kinobetrieb. In den folgenden Jahrzehnten nutzte man den Saal als Selbstbedienungsladen und später als Discountmarkt. Dabei wurde die Zwischendecke eingezogen, die den Raum weitgehend aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwinden ließ. Ab 1979 übernahm ein EDEKA-Supermarkt die Räumlichkeiten. Zuletzt befand sich im Gebäude eine Mäc Geiz-Filiale.
Historisches Erbe sucht Perspektive: Zwischen Denkmalschutz, Fördermitteln und offener Zukunft
Seit seiner Wiederentdeckung steht der Ballsaal unter Denkmalschutz. Landeskonservator Christoph Rauhut hob den außergewöhnlich guten Erhaltungszustand hervor. Viele vergleichbare Säle seien durch Umbauten zerstört worden. In Tegel biete sich nun die seltene Gelegenheit, ein Stück Stadtgeschichte erlebbar zu machen. Mit einer denkmalgerechten Sanierung und Restaurierung könne der Saal „nun wieder in neuem Glanz erstrahlen.“
Der Eigentümer Hamid Djadda zeigt sich grundsätzlich offen für neue Konzepte, machte jedoch bereits im vergangenen Jahr gegenüber der B.Z. deutlich, dass er künftige Projekte nicht mehr allein stemmen könne. Ein Verkauf der Immobilie oder die Übergabe an einen neuen Betreiber könnten neue Perspektiven eröffnen. Ob und wie der Saal wieder genutzt werden kann, hängt nun von Engagement, tragfähigen Konzepten und ausreichender Finanzierung ab. Ein wichtiger Schritt: Für das Jahr 2025 hat das Landesdenkmalamt erstmals konkrete Fördermittel für eine denkmalgerechte Sanierung in Aussicht gestellt.
Quellen: Landesdenkmalamt Berlin, Geschichtsforum Tegel, Berliner Morgenpost, Tagesspiegel, B.Z.