Von der alten Geschützgießerei bis zum berühmten Spreepark: In Berlin werden zahlreiche Orte mit bewegter Vergangenheit in moderne Wohn-, Arbeits- und Kulturquartiere verwandelt. Zehn herausragende Beispiele zeigen, wie die Hauptstadt ihre Geschichte in die Zukunft führt.
© Visualisierung Titelbild: Bauwens, Pott Architects
In Berlin steht Transformation nicht nur für bauliche Veränderung – sie ist Ausdruck eines fortwährenden städtischen Wandels, der Vergangenheit und Zukunft auf ganz eigene Weise miteinander verknüpft. Die Metropole nutzt ihre historischen Schichten als Chance: Aufgelassene Industrieareale, sakrale Bauten, ehemalige Hotels oder stillgelegte Freizeitparks erhalten neue Funktionen, die sich an den Bedürfnissen einer wachsenden, vielfältigen Stadtgesellschaft orientieren.
Was lange brachlag, wird zu neuem Leben erweckt – mit durchdachten Konzepten, nachhaltiger Architektur und dem Ziel, soziale, kulturelle und ökologische Aspekte miteinander zu verbinden. Dabei geht es nicht um spektakuläre Einzelbauten, sondern um die kluge Weiterentwicklung bestehender Strukturen. Oftmals liegt in der behutsamen Umgestaltung mehr Innovation als im radikalen Neubau.
Wir stellen zehn aktuelle Projekte vor, die exemplarisch zeigen, wie Transformation in Berlin gedacht und umgesetzt wird – und wie Orte mit Geschichte in zukunftsfähige Lebensräume verwandelt werden. Viel Freude beim Lesen wünscht die ENTWICKLUNGSSTADT Redaktion.
An der Karl-Marx-Straße in Neukölln erlebt das ehemalige Quelle-Kaufhaus eine bemerkenswerte Wiedergeburt. Das Projekt „Kalle Neukölln“ verwandelt den denkmalgeschützten Gebäudekomplex in einen hybriden Stadtbaustein mit Markthalle, Büroflächen, Ateliers und einem öffentlich zugänglichen Dachgarten. Ergänzt wird der Altbau durch neue Hofgebäude. Im Frühjahr 2025 eröffnete mit dem „smartvillage“ ein neuer Veranstaltungsort im „Kalle Neukölln“, der auf New-Work-Konzepte und kreative Raumnutzung setzt. Damit wird der Gebäudekomplex nicht nur baulich, sondern auch inhaltlich zum Impulsgeber für die Quartiersentwicklung rund um die Karl-Marx-Straße.
2. Wilhelmine in Oberschöneweide: Fabrikareal wird Lebensraum
Auf dem Areal einer früheren Leuchtenfabrik in Oberschöneweide entsteht derzeit das Projekt „Wilhelmine“. Die industrielle Substanz bleibt bewusst erhalten und wird durch begrünte Innenhöfe und nachhaltige Energieversorgung ergänzt. Ziel ist die Schaffung eines durchmischten Quartiers, das Wohnen, Arbeiten und Freizeitangebote auf engem Raum miteinander verknüpft. Besonderes Augenmerk gilt dem historischen Maschinenhaus, das als identitätsstiftendes Element erhalten wird. Die Planung sieht zudem flexible Nutzungsmöglichkeiten vor, um auf zukünftige Anforderungen reagieren zu können.
Unweit der „Wilhelmine“ wird auch das Funkhaus-Areal in Oberschöneweide neu gedacht. Unter dem Namen „Funkytown“ entsteht ein vielfältiges Ensemble aus acht Neubauten, die Raum für ein Musikhotel, Bildungsstätten, Wohnungen und soziale Projekte bieten. Der industrielle Charakter des einstigen Radiostandorts bleibt erhalten und wird zum gestalterischen Anker für ein Quartier, das kulturelle Nutzung und kreative Stadtentwicklung vereint. Die Entwicklung erfolgt unter der Leitung von Trockland Management GmbH, die besonderen Wert auf nachhaltige Bauweise und soziale Integration legt. Das Projekt zielt darauf ab, einen neuen kulturellen Hotspot in Berlin zu schaffen, der sowohl für Anwohnende als auch für Besucherinnen und Besucher attraktiv ist.
Am Spandauer Havelufer wird die historische Geschützgießerei in ein modernes Stadtquartier überführt. Die denkmalgeschützten Hallen, die zu den ältesten industriellen Bauwerken Berlins zählen, werden aufwendig saniert und um neue Architektur ergänzt. Gastronomie, Gewerbe und kreatives Handwerk sollen hier künftig ein lebendiges Umfeld schaffen, das Geschichte und Gegenwart architektonisch miteinander verbindet. Das Gelände gilt als einer der ältesten industriellen Standorte Berlins, weshalb die Transformation die Denkmalpflege mit moderner Stadtnutzung verbindet. Die Revitalisierung erfolgt unter Berücksichtigung der historischen Bedeutung des Standorts und zielt darauf ab, einen neuen kulturellen und wirtschaftlichen Anziehungspunkt in Spandau zu schaffen.
5. Spreepark: Rückkehr eines Berliner Symbols
Mit dem Spreepark im Plänterwald wird derzeit ein weiteres Berliner Wahrzeichen wiederbelebt. Der einstige DDR-Vergnügungspark wird zu einem öffentlichen Kultur- und Naturraum umgestaltet. Das sanierte Riesenrad bleibt als ikonisches Symbol erhalten, während der Park durch Kunststationen, Ausstellungsräume und naturnahe Spazierwege ergänzt wird. Das Konzept des Parks folgt dem Leitbild einer „produktiven Stadtlandschaft“ und soll 2026 wieder eröffnet werden.
6. Sixty2 im Klosterviertel: Zwischen Geschichte und Gegenwart
Mit dem Projekt „Sixty2“ erhält das Berliner Klosterviertel in Mitte ein neues architektonisches Gesicht. Ein ehemaliges DDR-Bürogebäude aus den 1970er Jahren wird in einen vielfältig nutzbaren Ort für Wohnen, Arbeiten und temporäres Leben transformiert. Die vorhandene Gebäudestruktur bleibt dabei bewusst erhalten und wird durch einen modernen Neubau ergänzt. Die Fertigstellung ist für Ende 2025 vorgesehen. „Sixty2“ soll dann ein prägender Baustein der städtebaulichen Erneuerung zwischen dem Rotem Rathaus und Alexanderplatz werden – sowie ein bedeutender Bestandteil der architektonischen Neuerfindung des historischen Klosterviertels.
Mitten in Charlottenburg wird das ehemalige Panorama-Hotel an der Lewishamstraße aufwendig umgebaut. Statt eines Abrisses setzt das Architekturbüro Max Dudler jedoch auf eine klare, zeitlose Gestaltung, die den Bestand respektvoll transformiert. In dem markanten Hochhaus entstehen künftig Wohnungen, Büroflächen und ein modernes Hotel – ein Beitrag zur Aufwertung des Adenauerplatzes und zur baulichen Neuorientierung des westlichen Stadtzentrums von Berlin.
Auf dem historischen Gelände einer ehemaligen Gewehrfabrik in Spandau entsteht ein Gewerbecampus mit über 28.000 Quadratmetern Fläche. Das Bauprojekt „Havel Labs“ soll das historische Havelufer neu beleben. Der entstehende Innovationscampus mit rund 28.000 Quadratmetern Fläche soll Raum für Forschung, Bildung, Handwerk und Start-ups bieten. Eine modulare Holz-Hybrid-Bauweise sowie der behutsame Umgang mit dem Bestand setzen neue Maßstäbe für nachhaltige Gewerbeentwicklung am Wasser. Die Planung sieht zudem großzügige Grünflächen und Freizeitangebote vor, um eine hohe Aufenthaltsqualität zu gewährleisten.
9. Segelflieger Quartier: Von der Landebahn ins Leben
Wo einst Segelflieger starteten, entsteht ein neues Stadtquartier mit über 1.800 Wohnungen. In Berlin-Johannisthal wird ein ehemaliges Flugfeld in ein lebendiges Wohnquartier überführt. Auf rund 21 Hektar entstehen über 1.800 Wohnungen, eingebettet in ein grünes Wegenetz mit autofreien Bereichen, Bildungseinrichtungen und Freizeitangeboten. Ein zentrales „grünes Rückgrat“ verbindet Parks und Quartiersteile miteinander – auch gemeinschaftliche Wohnformen sind Teil des Konzepts. Zudem sind zwei Kitas, ein Stadtteilzentrum und 153.000 m² Gewerbeflächen geplant.
10. Bethanienkirche in Weißensee: Sakralbau mit Zukunft
In Weißensee erfährt die Turmruine der Bethanienkirche eine ungewöhnliche Umnutzung, denn die Kirche wird zum Wohnhaus. Unter Wahrung der denkmalgeschützten Struktur entstehen hier bis 2026 siebzehn Wohnungen. Der historische Kirchturm wird dabei baulich integriert und bleibt als städtebauliches Zeichen erhalten – eine ungewöhnliche, aber architektonisch sensible Neunutzung sakraler Bausubstanz. Das Projekt zeigt beispielhaft, wie diese Architektur mit Fingerspitzengefühl in neue Nutzungen überführt werden kann. Der Umbau soll 2026 abgeschlossen sein.
Quellen: offizielle Websites Kalle der Projekte Neukölln, Wilhelmine, Funkytown, Havel Labs, Segelflieger Quartier; Trockland Management GmbH, Max Dudler Architekten – Projekt Panorama Hotel
Ich glaube, der Umbau der Geschützgießerei Spandau ist mittlerweile gestoppt. Daraus wird wohl leider nichts.