Nach jahrzehntelangem Streit hat sich das Land Berlin mit der Stiftung Berlinisches Gymnasium zum Grauen Kloster auf einen Vergleich geeinigt. Zwei kleine Grundstücke und eine Million Euro wechseln den Besitzer. Die Einigung sorgt für Kritik, denn sie erfolgt ohne gerichtliche Klärung der Eigentumsfrage.
Das Gelände des einstigen Grauen Klosters

Zwischen Bäumen und Grasflächen liegt in Berlin-Mitte ein geschichtsträchtiger Ort: das Gelände des einstigen Grauen Klosters. Hier befand sich einst die traditionsreichste Schule der Stadt, bis sie im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Nach der Wiedervereinigung forderte eine Stiftung das Grundstück zurück – doch das Land Berlin lehnte ab. Seither beschäftigt der Streit über das Eigentum die Gerichte. / © Foto: Wikimedia Commons, Josef Streichholz, CC BY-SA 4.0

© Fotos: Wikimedia Commons, Josef Streichholz, CC BY-SA 4.0 

 

Im Herzen Berlins, unweit des Roten Rathauses, liegt das Gelände des ehemaligen Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster. Die traditionsreiche Schule wurde 1574 gegründet und war über Jahrhunderte hinweg eine zentrale Bildungsinstitution der Stadt. Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Schulgebäude zerstört. Seit der Wiedervereinigung ist das rund 6.500 Quadratmeter große Grundstück in der Klosterstraße Gegenstand eines juristischen Konflikts.

Die Stiftung Berlinisches Gymnasium zum Grauen Kloster mit Sitz in West-Berlin beansprucht das Areal als Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Institution. Nach über drei Jahrzehnten gerichtlicher Auseinandersetzungen erzielten Stiftung und Land Berlin nun eine Einigung – ein Schritt, der politische Debatten und Kritik ausgelöst hat.

Vergleich nach jahrzehntelangem Streit: Stiftung erhält Teilfläche und Ausgleichszahlung

Im Zentrum des Streits steht die Fläche rund um die Ruine der Franziskaner-Klosterkirche in Berlin-Mitte. Der Vergleich sieht vor, dass 94 Prozent des Areals im Besitz des Landes verbleiben. Die Stiftung erhält zwei kleinere Grundstücke mit insgesamt 408 Quadratmetern sowie eine Ausgleichszahlung in Höhe von einer Million Euro.

Der Ursprung des Konflikts reicht bis in die frühen 1990er Jahre zurück. Damals stellte die Stiftung einen Antrag auf Rückübertragung des historischen Schulstandorts. Das zuständige Landesamt lehnte diesen ab. Seither wurde vor Gericht über Eigentumsrechte und historische Kontinuitäten gestritten, bis nun eine politische Einigung den juristischen Streit formal beendet.

Ungeklärte Rechtsnachfolge sorgt für Kritik: Stiftung beruft sich auf historische Kontinuität

Im Zentrum des Streits steht die Frage, ob die West-Berliner Stiftung als Rechtsnachfolgerin der historischen Institution gilt. Diese Frage wurde bis heute nicht abschließend geklärt. Die Einigung erfolgt ausdrücklich ohne Anerkennung der Rechtsnachfolge. Laut Finanzverwaltung sei eine gerichtliche Klärung nicht mehr zielführend, da sich die Rechtslage über Jahrhunderte hinweg zu komplex entwickelt habe, so der Tagesspiegel.

Die Stiftung betont hingegen ihre Kontinuität seit dem 16. Jahrhundert. Kritikerinnen und Kritiker wie die Bundestagsabgeordnete Katalin Gennburg (Die Linke) und Architekturpublizist Philipp Oswalt bezweifeln diese Darstellung und sehen in der Einigung einen „Immobilienskandal“. Sie fordern eine juristische Klärung statt eines Vergleichs.

Neues Leben für altes Erbe: Rückkehrpläne an den Gründungsstandort des Grauen Klosters

Das Berlinische Gymnasium zum Grauen Kloster wurde 1574 von Kurfürst Johann Georg von Brandenburg gegründet und galt als bedeutendste Schule Berlins. Berühmte Absolventen wie Karl Friedrich Schinkel oder Otto von Bismarck prägten seine Geschichte. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand eine neue Schule unter gleichem Namen in West-Berlin.

Die Stiftung strebt seit langem eine Rückkehr an den Ursprungsstandort an. Auf den nun übertragenen Flächen will sie die Geschichte des Gymnasiums präsentieren. Auch für die Streitsche Stiftung, die wertvolle Kunst- und Kulturgüter verwahrt, könnte hier ein neues Domizil entstehen.

Kritik an Vergleich: Anzeige, Petition und politische Debatte um möglichen Immobilienskandal

Die Einigung löst politische Debatten aus. Katalin Gennburg und Philipp Oswalt erstatteten Anzeige wegen des Verdachts auf Veruntreuung öffentlichen Vermögens. Die Senatsverwaltung erklärt gegenüber dem Tagesspiegel jedoch, eine Anzeige liege bislang nicht vor. Oswalt startete zudem eine Petition, in der er die Wiederaufnahme der Gerichtsverfahren fordert, wie der rbb berichtet.

Staatssekretär Wolfgang Schyrocki (CDU) verteidigt den Vergleich als pragmatische Lösung. Ein fortgesetzter Rechtsstreit hätte hohe Kosten verursacht und Planungen am benachbarten Molkenmarkt verzögert. Auch die Entwicklung des historischen Blocks D in der Stadtmitte sei nun gesichert.

Quellen: rbb, Tagesspiegel, Berliner Zeitung