Berlin wagt die große Reform: Nach jahrzehntelanger Kritik an der ineffizienten Verwaltung soll ab 2026 endlich Schluss mit dem Zuständigkeits-Wirrwarr sein. Kai Wegner verspricht klare Zuständigkeiten – und das Ende des Behörden-Ping-Pongs. Doch die Reform fordert nicht nur neue Strukturen, sondern auch einen tiefgreifenden Kulturwandel.

Kai Wegners Kraftakt: Die größte Verwaltungsreform Berlins seit Jahrzehnten soll 2026 in Kraft treten. / © Foto: IMAGO / Chris Emil Janßen
© Foto Titelbild: IMAGO / Bernd Elmenthaler
Es sieht so aus, dass die seit Jahren diskutierte und von vielen verlangte Verwaltungsreform Gestalt annimmt. Dies hat zumindest der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) auf dem 19. Kleinen Parteitag der CDU am Dienstag vergangener Woche im Tempelhofer Ullsteinhaus verkündet.
Berliner Verwaltung: Politische Unterstützung für Reformvorhaben
CDU, SPD, Grüne und Linke hatten der Verwaltungsreform vorher zugestimmt, nun soll bei der nächsten Plenarsitzung im Berliner Abgeordnetenhaus diese Reform beschlossen werden.
Erstaunlich waren Wegners Aussagen, dass viele in seiner Partei ihn von dem Vorhaben abgeraten hätten.
„Kai, lass es, an dem Thema wirst du gemessen!“ Ja bitte schön – an was soll denn ein Politiker gemessen werden, wenn nicht an schwierigen Projekten, die er in seiner Amtszeit erfolgreich erledigt?
Klare Strukturen und Zuständigkteiten als Reformziel
Wegner spricht von „klaren Zuständigkeiten und klaren Abläufen in den Bezirken – und damit ist der Weg frei für eine gesamtstädtische Steuerung“. Weiter betonte er, dass, wenn die Verwaltung nicht modernisiert werde, Berlin auch nicht funktionieren werde.
Diese Verwaltungsreform, die Anfang 2026 in Kraft treten soll, wird eine auf Generationen angelegte Reform sein, die nicht nach einer Legislatur wieder vorbei ist. So jedenfall der Plan der schwarzroten Koalition.
Berlins Behördenstruktur soll grundlegend verändert werden
„Die Zeit des berüchtigten Behörden-Ping-Pong ist zu Ende – und somit auch die Zeit der unklaren Zuständigkeiten“, so Kai Wegner. Es geht um die klare Verteilung der 4.800 bisher definierten Aufgaben der Berliner Landesbehörden zwischen den Senatsressorts sowie zwischen Senats- und Bezirksebene.
Anstehende Entscheidungen müssen schneller fallen; die Reformer wollen die gesamtstädtische Steuerung entlang der Politikfelder verbessern. Der Bausenator ist dann zum Beispiel verantwortlich, ob im Bauamt jemand das Telefon abhebt.
Bessere Zusammenarbeit zwischen Senat und Bezirken steht im Fokus der Reform
Auch die Bezirke sollen frühzeitig in Senatsentscheidungen eingebunden werden, und wenn zusätzliche Aufgaben verteilt werden, müssen zusätzliches Geld und Personal zur Verfügung gestellt werden. Die Aufsicht des Senats über die Bezirke wird künftig von jeder Senatsverwaltung für ihre Themen direkt und dezentral ausgeübt – ohne Schleifen über den Gesamtsenat zu drehen.
Die vier beteiligten Fraktionen hatten bis zuletzt über die noch strittigen Themen diskutiert, unter anderem über die Einigungsstelle, die bei Meinungsverschiedenheiten – Dissens – zwischen den Ebenen eine Entscheidung herbeiführen soll. Die Einigungsstelle setzt sich zusammen aus sieben Mitgliedern: drei aus dem Senat, drei aus den Bezirken, sowie einem unabhängigen Vorsitz. Sie wird vom Abgeordnetenhaus gewählt.
Streitpunkt Einigungsstelle: Rechtsverbindlichkeit und parlamentarische Kontrolle
Die Entscheidungen der Einigungsstelle sollen auch für den Senat bindend sein. Allerdings hat sich das Abgeordnetenhaus das Recht gesichert, über die Verteilung der Aufgaben zwischen Senat und Bezirken entscheiden zu dürfen. Da das neue Gesetz ab Anfang 2026 in Kraft treten soll, kann man im mittelfristigen Zeitraum mit Veränderungen – oder besser: Verbesserungen – rechnen.
Man spricht von einem „Kulturwandel“ hin zu mehr Bürgerorientierung und Lösungsinteresse, der nötig sei, um die Reform mit Leben zu füllen.
Berliner Sozialämter als besonders reformbedürftiger Bereich
Das Thema „Nicht zuständig“ darf keine akzeptierte Antwort mehr sein. Die „katastrophalen Zustände“ in den Sozialämtern sind zu verbessern – was wiederum Aufgabe der Sozialsenatorin wäre.
SPD-Verwaltungsexperte Rauchfuß äußerte sich dahingehend, dass die Beschäftigten von der Reform profitieren würden, da sie nun bei ihrer Arbeit mehr Klarheit und Verlässlichkeit hätten. Doch er warnte zugleich: „Es wird nicht alles schlagartig besser!“
Berliner Verwaltungsreform: Übergangsphase muss klar definiert sein
Fakt ist aber, dass die Umsetzung dieser Verwaltungsreform nicht zu lange andauern darf, und Übergangsregelungen nötig sein werden. Das ist prinzipiell das Ziel vieler Reformen – auch eingedenk der Tatsache, dass bereits jetzt Personal an allen Ecken und Enden fehlt. Um das realistisch beurteilen zu können, bedarf es einer Bestandsaufnahme: Was tun die Behörden überhaupt?
Wenn darüber Klarheit besteht, kann man entscheiden, welche Aufgaben gestrichen werden können. Darunter fallen auch zahlreiche Verordnungen und Gesetze, die auf die Arbeit der Beamten eine nicht unerhebliche Dominanz ausüben.
Finanzierung der Verwaltungsreform bleibt Herausforderung
Die ausgegebene Vorgabe, keine zusätzlichen Aufgaben ohne dementsprechende Ressourcen zu erledigen, hat naturgemäß finanzielle Konsequenzen. Diese will der Senat mit einem Konnexitätsgesetz bis Jahresende klären.
Erstaunlich nur, dass Finanzsenator Evers (CDU) sich erst jetzt mit den komplexen Regeln zur Finanzierung der Bezirke auseinandersetzt – um sie transparenter zu gestalten. Noch besser wäre es gewesen, Reform und Finanzierung parallel anzugehen.
Konnexitätsgesetz als zentraler Baustein
Das Konnexitätsgesetz hätten sowohl Bürgermeister Wegner als auch Finanzsenator Evers bereits vorher im Blick haben müssen – denn Aufgabenwahrnehmung und Finanzverwaltung gehören zusammen. Vielleicht kann bei der Finanzierung der Verwaltungsreform der Kulturstaatsminister helfen, der sich aktuell stark für eine Digitalsteuer einsetzt.
Diese Digitalsteuer für Unternehmen wie Google, Facebook, Netflix und Co. könnte dem Bund jährlich 2,5 Milliarden Euro einbringen – und womöglich auch Berlin bei der Umsetzung seiner Verwaltungsreform helfen.
Quellen: Berliner Morgenpost, Berliner Senat, Der Spiegel
…Ja bitte schön – an was soll denn ein Politiker gemessen werden, wenn nicht an schwierigen Projekten, die er in seiner Amtszeit erfolgreich erledigt…
Genau deswegen habe ich (gegen meine eigentliche Überzeugung) Kai Wegner gewählt.
Der hat die Stadt im Sinn und nicht seine Beliebtheitswerte
Endlich passiert in dieser Stadt was Substanzielles.
Meinen ausgesprochenen Respekt an den Regierenden Bürgermeister dafür, auf diesem Gebiet einen ersten Reformschritt hinbekommen zu haben. Dafür gebührt ihm Anerkennung. Je mehr ich dazu in der Presse jedoch lese, umso weniger weiß ich, was diese Reform enthält. Ist es zunächst nur eine Änderung der Verfassung von Berlin ( da es auch in der Presse heißt, das AZG müsse noch geändert und in ein Landesorganisationsgesetz überführt werden?!?)? Gibt es eine Dienst- und Fachaufsicht des Senats gegenüber den Bezirken (nach dem Beitrag hier wohl ja, aber rbb, Tsp und do sind da nicht klar)? Würde also ein Streit wie der um drn Zsun um den Görlitzer Park entfallen?Gibt es einheitliche Strukturen in den Bezirken oder sind die Ressortzuschnitte zwischen Reinickendorf und Treptow- Köpenick weiterhin unterschiedlich (was es unübersichtlicher für die Senatsverwaltungen machen könnte)? Kann der Senat einheitliche IT in den Bezirken anordnen und durchsetzen? Kann der Senat anordnen und durchsetzen, dass die Instandhaltung des Verwaltungsvermögens in den Bezirken gleich gut stattfindet (der Sanierungsstau in den Schulen war unterschiedlich groß – hier hatten einige Bezirke diese Aufgabe nehr vernachlässigt als andere)? Liegen jetzt alle Bauplanungen bei SenStadt? Oder kann es wie öfter in Fhain-Kreuzberg ein zeitaufwendiges Hin und Her geben (zB – wenn ich es richtig verstanden habe – beim SEZ – oder wie in Zehlendorf unter RRG: Z. B. könnte es jetzt endlich dazu kommrn auf Weisung des Senats, dass Heckeshorn nicht mehr lehrsteht, sondern zur Unterbringung von Geflüchteten herangezogen werden könnte, so dass nicht mehr ganz so viele Unterbringungen im Osten der Stadt nötig sind?)? Und so weiter. Also: Gratulation. Aber ich bin neugierig, was besser laufen und vor allem schneller laufen wird im Interesse der Stadt. In diesem Sinne: fröhlich voran.