Überfüllte Sportplätze, fehlende Flächen – doch auf Berlins Dächern wartet die Lösung. Eine neue Generation urbaner Sportanlagen könnte hier entstehen – öffentlich, vielseitig nutzbar und zukunftsfähig. Entsprechende Vorbilder gibt es bereits in Friedrichshain und Kreuzberg.

Neue Perspektiven für den Sport in der Hauptstadt: Berlins Dächer könnten zum Spielraum der Zukunft werden. Für Fußball, Basketball, Hockey und mehr – mitten in der Stadt. / © Foto: IMAGO / mit KI bearbeitet
© Foto Titelbild: IMAGO / mit KI bearbeitet
Der Platz wird knapp in Berlin – nicht nur für Wohnungen, sondern auch für Sportflächen. Vor allem in den Innenstadtbezirken stoßen Schulen, Vereine und Freizeitsportler zunehmend an Kapazitätsgrenzen.
Während neue Bauprojekte vielerorts den Raum auf Straßenniveau weiter verdichten, bleiben Dächer dabei meist ungenutzt. Dabei könnten sie ein Schlüssel sein für eine Sportinfrastruktur der Zukunft: wettergeschützt, multifunktional, platzsparend – und mitten in der Stadt.
Zwischen Schraubenziehern und Spielfeldern: Erste Pilotprojekte in Friedrichshain und Kreuzberg
Dass diese Idee längst keine bloße Vision mehr ist, zeigt ein Blick auf zwei bereits realisierte Beispiele in Berlin. Auf dem Dach des METRO-Großmarkts an der Warschauer Brücke in Friedrichshain befindet sich seit Jahren ein Kunstrasenplatz – Heimat der SG Blau-Weiß Friedrichshain. Die Fläche wird intensiv genutzt und ist ein echtes Refugium in einem dicht bebauten Stadtteil, mittlerweile mit Fokus auf den Mädchen-, Frauen- und Schulsport.
Ein weiteres vergleichbares Projekt wurde in Kreuzberg umgesetzt: Auf dem Neubau des Hellweg-Baumarkts an der Yorckstraße wurde im Rahmen eines partizipativen Planungsverfahrens eine Sportfläche auf dem Dach umgesetzt. Dort finden sich neben einem Fußballfeld auch Aufenthaltsbereiche und eine kleine Tribüne – öffentlich zugänglich und über eine Außentreppe erreichbar. Zudem wurde ein Fahrstuhl installiert, um einen barrierefreien Zugang zu ermöglichen.
Unterschätzte Flächen: Berlins Dächer als Ressource im Bestand
Berlin verfügt über zahlreiche weitere Standorte, an denen ähnliche Projekte denkbar wären – insbesondere auf den Flachdächern großer Handelsimmobilien. Denkbar sind u.a. der Hellweg-Markt am Ostbahnhof, der Bauhaus-Baumarkt in Halensee, das Bauhaus in Mariendorf oder der OBI-Markt in Lichtenberg. Auch IKEA Lichtenberg oder Hornbach-Märkte in Weißensee und Marzahn verfügen über großzügige Dachflächen, die sich für sportliche Nutzungen umwandeln ließen.
Einige dieser Gebäude liegen in Stadtteilen mit überdurchschnittlich hoher Nachfrage nach Schul- und Vereinssport. Doch bislang fehlt es an Konzepten, wie solche Dächer in die öffentliche Infrastruktur eingebunden werden könnten.
Nicht nur Fußball auf dem Dach: Multisportanlagen für Berlins Kinder und Jugendliche als Zielbild
Bei der Debatte um Dachnutzung sollte der Fokus aber nicht ausschließlich auf der Sportart Fußball liegen. Der Bedarf an Flächen für Basketball, Streetball, Feldhockey, American Football, Lacrosse oder Baseball ist in Berlin ebenfalls hoch – und wird bislang vielerorts nicht gedeckt.
Gerade für diese Sportarten könnten multifunktionale Flächen mit flexibler Ausstattung auf Dächern eine Lösung sein, etwa durch modulare Beläge oder bewegliche Netzanlagen.
Schulen, Vereine, Nachbarschaften: Viele Beteiligte könnten von der Idee profitieren
Eine öffentliche Zugänglichkeit über den Tag hinweg – insbesondere für Schulklassen sowie Kinder- und Jugendgruppen – ist zentral für den Erfolg solcher Konzepte. Durch Treppen, Lifte oder Außenzugänge könnten auch bestehende Gebäude mit vertretbarem Aufwand nachgerüstet werden. Denkbar sind Betreiber- oder Kooperationsmodelle zwischen Kommunen, Sportvereinen, Immobilienbesitzern und Bildungsinstitutionen.
Auch das Thema Klimaresilienz sollte mitgedacht werden: Solche Dachanlagen könnten durch Überdachungen, Sonnensegel oder sogar Solarpaneele nicht nur Schatten spenden, sondern zusätzlich zur Energiegewinnung beitragen – und dabei gleichzeitig für Hitzeschutz im städtischen Raum sorgen.
Blick nach Osten: Was Berlin von Städten wie Tokio und Hongkong lernen kann
Ein Blick in andere Weltmetropolen zeigt: Die Nutzung von Dächern für sportliche Zwecke ist international längst etabliert. In Tokio, Hongkong oder Singapur gehören Schulen mit Sportflächen auf dem Dach zum Alltag, ebenso wie Fitnessanlagen auf Supermarkt- oder Parkhausdächern.
In Städten, in denen Fläche ein Luxusgut ist, wurde das vertikale Denken zur urbanen Notwendigkeit – und bietet vielfältige Synergien zwischen Nutzung, Energie, Gesundheit und Stadtbild.
Nutzung von großflächigen Dächern: Berlin braucht Mut zur dritten Ebene
Wenn Berlin eine Sportmetropole bleiben will, muss es seine Räume neu denken – nicht nur in der Breite, sondern auch in der Höhe. Der Dachraum urbaner Gewerbe- und Einzelhandelsimmobilien stellt ein bislang kaum erschlossenes Potenzial dar, das mit überschaubarem Aufwand neue Sportflächen schaffen kann.
Angesichts knapper Grundstücke, steigender Mietpreise und wachsender städtischer Bedürfnisse wäre es ein naheliegender Schritt, diesen Raum planerisch stärker zu integrieren – für eine Stadt, die sich selbst nach oben hin öffnet.

Es gibt sogar eine Tribüne: Auf dem Dach des METRO-Marktes in Berlin-Friedrichshain ist die SG Blau-Weiß Friedrichshain beheimatet. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
Quellen: HELLWEG, METRO, Deutsches Architektur Forum, Landessportbund Berlin, Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, SG Blau-Weiß Friedrichshain