Berlin will den Ersatz maroder Brücken künftig deutlich schneller umsetzen. Eine neue Regelung der Senatsverwaltung verkürzt die Planungszeiten spürbar. Angesichts aktueller Abrissprojekte wie der Ringbahnbrücke, der Wuhlheidebrücke und der Westendbrücke wird deutlich, wie dringend diese Änderungen sind.

Bagger reißen Teile der alten Ringbahnbrücke ab, der Rückbau läuft auf Hochtouren. Der entschiedene Hauptausschuss setzt nun ein deutliches Zeichen für eine Neuausrichtung der Berliner Verkehrspolitik. / © Foto: IMAGO
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Die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt hat ein beschleunigtes Verfahren für den Ersatz maroder Brückenbauwerke beschlossen. Der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses stimmte der Vorlage am 5. Juni 2025 zu. Ziel ist es, Ersatzneubauten künftig zügiger realisieren zu können, zunächst befristet auf fünf Jahre.
Im Kern sieht der Beschluss vor, die umfangreiche Doppelprüfung von Vorplanungsunterlagen (VPU) zu streichen. Künftig reicht eine einmalige Prüfung durch die zuständige Prüfbehörde aus. Die reine Prüfzeit verkürzt sich dadurch von neun Monaten auf nur noch einen Monat. Zudem können modulare Bauweisen und Expressvarianten zum Einsatz kommen, was den Prozess um ein bis zwei Jahre beschleunigen soll.
Beispiel Ringbahnbrücke in Berlin: Schneller Abriss, langsamer Ersatz
Dass solche Maßnahmen notwendig sind, zeigt der Rückbau der Ringbahnbrücke im Westend. Die marode Konstruktion aus den 1960er Jahren wurde im Frühjahr 2025 abgerissen. Doch während der Abriss zügig verlief, steht der Ersatzbau noch aus. Ähnlich verhält es sich mit der Brücke an der Wuhlheide, die derzeit ebenfalls abgetragen wird, hier ist bislang kein Neubau vorgesehen.
Senatorin Ute Bonde erklärte, die jüngsten Erfahrungen hätten deutlich gemacht, wie groß der Handlungsdruck sei. Sie lobte die gute Zusammenarbeit beim Rückbau, mahnte aber, dass Abriss nur der erste Schritt sei. Um neue Brücken zeitnah zu errichten, seien schnellere Verfahren entscheidend.
Infrastruktur unter Druck: Versäumnisse der Vergangenheit werden sichtbar
Der Rückbau der Brücken ist Teil eines größeren infrastrukturellen Umbruchs in Berlin. Neben der Westend- und Wuhlheidebrücke wird auch das Cantianstadion im Jahnsportpark abgerissen. Die Projekte zeigen: Viele Bauwerke wurden jahrzehntelang genutzt, aber zu selten instand gesetzt. Erst jetzt erfolgt der Rückbau, oft kurzfristig und unter Kritik von Anwohnenden.
Besonders an der Wuhlheide führte der abrupte Beginn der Arbeiten zu Beschwerden über unzureichende Information und Schutzmaßnahmen. Verkehrssenatorin Ute Bonde kündigte an, dass die Brücke in Oberschöneweide nicht wieder aufgebaut wird, auch Bezirksbürgermeister Oliver Igel betonte, ein Neubau sei verzichtbar, wenn eine verkehrliche Alternative geschaffen werde. Die Kritik der Anwohnenden macht deutlich, wie wichtig vorausschauende Planung und Kommunikation bei Infrastrukturprojekten sind.
Weniger Bürokratie, mehr Verantwortung: Berlin ändert den Ablauf bei Ersatzneubauten
Neben der verkürzten Prüfzeit ändert sich auch der Ablauf der Haushaltsplanung. Bisher galten für Ersatzneubauten strenge Vorgaben aus der Landeshaushaltsordnung. Diese sogenannten ergänzenden Ausführungsvorschriften werden nun ausgesetzt. Damit soll das Verfahren flexibler werden, da viele Zwischenschritte entfallen. Künftig prüft die zuständige Behörde nur noch zentrale Punkte wie Umweltverträglichkeit, Wirtschaftlichkeit und grobe Kostenschätzungen. Aspekte wie Gestaltung, Technik oder Denkmalpflege werden im Rahmen der Gesamtplanung von der bauausführenden Stelle selbst abgewogen.
Mit diesem neuen Vorgehen reagiert Berlin auf den wachsenden Handlungsdruck beim Erhalt seiner Infrastruktur. Ziel ist es, nicht nur aktuelle Engpässe zu beheben, sondern langfristig eine verlässlichere Grundlage für künftige Brückenersatzprojekte zu schaffen. Der Beschluss des Hauptausschusses markiert damit einen klaren Kurswechsel in der Berliner Verkehrspolitik: Planungsprozesse sollen einfacher, schneller und effektiver werden. Ob das gelingt, wird sich an konkreten Projekten wie dem Neubau der Westendbrücke zeigen.
Quellen: Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, Deutsches Architektur Forum, Architektur Urbanistik Berlin, Wikipedia, Berliner Morgenpost, RBB, Der Tagesspiegel