Das Hochhaus am Steglitzer Kreisel in der Schloßstraße steht seit vielen Jahren leer, das einst ambitionierte Bauprojekt „Überlin“ steckt fest. Ist es Zeit für einen radikalen Neuanfang mit neuem Konzept? ENTWICKLUNGSSTADT zeigt, welche Nutzungskonzepte das sanierungsbedürftige Hochhaus neu beleben könnten. Aber auch ein vollständiger Abriss ist eine Option.

Grüne Vision für den Steglitzer Kreisel: Das Hochhaus im Berliner Südwesten könnte zu einem vertikalen Bauernhof umfunktioniert werden. Hydroponik, Aquaponik und Pilzzucht wären über mehrere Etagen denkbar. Lokale Lebensmittelerzeugung mitten in der Stadt wäre ein starkes Zeichen für Nachhaltigkeit. / © Foto / Visualisierung: ENTWICKLUNGSSTADT (mit KI erstellt)

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Das ambitionierte Bauprojekt „Überlin“ am Steglitzer Kreisel steht seit mittlerweile mehreren Jahren still – und die Perspektiven auf eine baldige Wiederaufnahme der Arbeiten sind mehr als unklar. Der ursprünglich für Ende 2024 geplante Wohnturm sollte mit 120 Metern Höhe rund 330 Eigentumswohnungen sowie Einzelhandelsflächen im Sockelbau bieten und zu einem neuen Wahrzeichen im Berliner Südwesten werden. Doch die Realität sieht heute anders aus.

Rücktritte von Kaufverträgen, ausstehende Genehmigungen und juristische Auseinandersetzungen haben das Vorhaben schon vor langer Zeit ins Stocken gebracht – mittlerweile tut sich nichts mehr auf der riesigen Baustelle am südlichen Ende der Steglitzer Schloßstraße.

Steglitzer Kreisel in der Schloßstraße: Das einst ambitionierte Bauvorhaben steht seit Jahren still

Zwar versicherte die Adler Group, die als Bauherrin auftritt, wiederholt, dass am Projekt gearbeitet werde – doch am Bau selbst sind seit Langem kaum Fortschritte zu erkennen. Die Suche nach einem neuen Investor oder Käufer für das Projekt blieb bislang ganz offensichtlich erfolglos.

Angesichts des langanhaltenden Stillstands rücken inzwischen alternative Nutzungsszenarien für das markante Hochhaus in den Fokus, mehrere Zwischennutzungen wurden im Gebäude installiert. Neben dem Vorhaben, im Gebäude eine Kältehilfe unterzubringen wurde auch eine Freizeit- und Bewegungsfläche errichtet, die sich großer Beliebtheit erfreut.

Kreative Ideen sind gefragt: Wie weiter mit dem Hochhaus Steglitzer Kreisel?

Neben solchen temporären Nutzungen sollte aber auch längst über dauerhafte Alternativ-Konzepte nachgedacht werden, die dem feststeckenden Umbauprojekt neues Leben einhauchen könnten, denn eigentlich gibt es in Berlin einen ausgesprochen hohen Flächenbedarf für die unterschiedlichsten Projekte.

Denkbar wären unter anderem ein Tech Hub, ein Studierendenwohnheim, Verwaltungsräume, Schul- und Sportflächen oder ein Medizinisches Versorgungszentrum. Auch die dauerhafte Einrichtung von Angeboten für obdachlose Menschen im Rahmen der Berliner Kältehilfe wäre eine Option.

Veraltetes Hochhaus in der Schloßstraße: Tech Hub, Krankenhaus oder Studierendenwohnheim?

Ob und wie sich das Überlin-Projekt jemals realisieren lässt, ist derzeit offen. Fest steht: Der Steglitzer Kreisel, einst als Symbol für moderne Stadtentwicklung gedacht, steht nun sinnbildlich für die Schwierigkeiten großer Bauvorhaben in Berlin – und für einen Investor, dessen Zukunft ebenso ungewiss ist wie die des Projekts selbst.

Für neue, anders orientierte Nutzungen bräuchte es natürlich auch die finanziellen Mittel – oder die Zusammenarbeit von Bezirk, Senat und solventen privaten Investoren, die das Vorhaben in Kooperation umsetzen könnten. Eine dauerhafte Fortführung des Status Quo jedenfalls kann nicht das Ziel der lokalen und übergreifenden Berliner Stadtentwicklung sein. Aus diesem Anlass haben wir mehrere mögliche Szenarien entworfen, die im in die Jahre gekommenen Koloss an der Steglitzer Schloßstraße umgesetzt werden könnten.

Pflege mit Aussicht: Seniorenwohnen im Steglitzer Kreisel?

Das leerstehende Hochhaus könnte zu einer modernen Pflegeeinrichtung mit Service-Wohnen umgewandelt werden. Die Immobilie böte ausreichend Platz für Einzelapartments, Pflegezimmer und Gemeinschaftsbereiche. Dank der hervorragenden Verkehrsanbindung wären Angehörige, medizinisches Personal und Pflegedienste gut erreichbar. Auch für die wachsende Zahl älterer Berlinerinnen und Berliner würde ein solches Projekt dringend benötigten Wohnraum schaffen. Statt Symbol des Stillstands könnte der Turm so ein Modell für würdiges Altern in urbaner Umgebung werden.

Statt Luxuswohnungen: Bezahlbares Wohnen im Steglitzer Kreisel

Das leerstehende Hochhaus könnte als Ort für dringend benötigten sozialen Wohnraum dienen. Mit einer grundlegenden Umplanung ließen sich zahlreiche kleine und mittlere Wohnungen für Menschen mit niedrigem Einkommen realisieren. Die Nähe zu Infrastruktur, Bildungseinrichtungen und Nahverkehr spricht für eine solche Umnutzung. In Zeiten der Wohnungsnot wäre dies ein ungewöhnliches, aber deutliches politisches Signal. Das einstige Luxusprojekt könnte so einen sozialen Mehrwert für den gesamten Bezirk schaffen.

Digitaler Aufbruch im Hochhaus: Überlin als Start-up-Zentrale

© Foto / Visualisierung: ENTWICKLUNGSSTADT (mit KI erstellt)

Der Steglitzer Kreisel könnte sich in ein Zentrum für junge Unternehmen und Tech-Start-ups verwandeln. Flexible Büroflächen, gemeinsame Labore und Eventräume könnten auf mehreren Etagen Platz finden. Mit öffentlicher Förderung und Kooperationen mit Hochschulen entstünde ein Knotenpunkt digitaler Innovation im Berliner Süden. Die Immobilie würde wirtschaftlich aktiviert und gleichzeitig ein neues Ökosystem für Ideen und Unternehmertum geschaffen. Damit könnte der Kreisel ein Symbol für Aufbruch statt Stillstand werden.

Amtlich genutzt: Verwaltungseinzug im Steglitzer Kreisel?

Angesichts wachsender Verwaltungsstrukturen könnte das Hochhaus eine neue Heimat für ein Bezirksamt oder eine Landesbehörde werden – und damit zu seiner ursprünglichen Nutzung zurückkehren. Die große Grundfläche und vertikale Gliederung ermöglichen eine funktionale Trennung von Ämtern und Publikumsverkehr. Moderne Büronutzung ließe sich durch Umbau effizient realisieren. Auch die zentrale Lage am Autobahnzubringer und am ÖPNV macht den Standort attraktiv für Beschäftigte und Besucher. So würde aus dem brachliegenden Bau ein funktionaler Teil der Berliner Verwaltung.

Bezahlbares Wohnen mit Aussicht: Studierende im Hochhaus

In Berlin fehlen tausende Wohnplätze für Studierende – dabei stünde mit dem Steglitzer Kreisel eine große Immobilie bereit. Kleine Wohneinheiten, Gemeinschaftsküchen und Lernräume könnten in den bestehenden Bau integriert werden. Die Nähe zur FU Berlin und die gute Anbindung sprechen für den Standort. Mit staatlicher Unterstützung wäre ein solches Projekt durchaus realistisch. Der Hochhausturm könnte so jungen Menschen das Wohnen im Kiez ermöglichen.

Lernen im Turm: Bildungscampus für den Steglitzer Kreisel

© Foto / Visualisierung: ENTWICKLUNGSSTADT (mit KI erstellt)

In einer wachsenden Stadt wird Bildung zur zentralen Ressource – der Steglitzer Kreisel könnte zu einem urbanen Lernzentrum werden. Denkbar wäre ein Nutzungsmix aus Volkshochschule, Co-Learning-Flächen und Fortbildungsangeboten. Auch gemeinnützige Bildungsprojekte könnten hier dauerhaft Raum finden. Die Architektur erlaubt flexible Nutzungskonzepte mit Raum für Veranstaltungen, Workshops und digitale Formate. Ein öffentlich zugänglicher Bildungsort würde den Leerstand produktiv nutzen.

Mixed Use für Überlin: Eine neue Kombination aus Wohnen und Arbeiten

Eine Kombination aus Wohnen, Büro und Gewerbe könnte das Hochhaus endlich mit Leben füllen. Kleine Gewerbeflächen, Co-Working-Angebote und moderne Mietwohnungen ließen sich funktional miteinander verbinden. Eine durchdachte vertikale Nutzung vermeidet Nutzungskonflikte. Das Gebäude könnte so zum Vorzeigeprojekt eines urbanen Nutzungsmix werden. Für Stadt und Bezirk wäre dies eine realistische, wirtschaftlich tragfähige Lösung.

Gemüse auf 30 Etagen: Urban Farming im Steglitzer Kreisel

Das Hochhaus könnte zu einem vertikalen Bauernhof umfunktioniert werden. Hydroponik, Aquaponik und Pilzzucht wären über mehrere Etagen denkbar. Lokale Lebensmittelerzeugung mitten in der Stadt wäre ein starkes Zeichen für Nachhaltigkeit. Cafés, Workshops und Bildungseinrichtungen könnten das Projekt ergänzen. So würde das Gebäude zum Leuchtturmprojekt für urbane Landwirtschaft.

Sprechstunde über den Dächern: Gesundheitszentrum im Überlin

Ein modernes medizinisches Versorgungszentrum könnte im Hochhaus eine neue Heimat finden. Auf mehreren Etagen könnten Arztpraxen, Labore, Therapeuten und ambulante Dienste gemeinsam agieren. Für den Stadtteil würde damit ein dringend benötigter Anlaufpunkt für Gesundheitsversorgung entstehen. Die vorhandene Tiefgarage, Aufzüge und Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr sprechen für eine barrierefreie Nutzung. So könnte aus einem nicht realisierten Wohnprojekt ein wichtiger Baustein der städtischen Daseinsvorsorge werden.

Teststrecke Stadt: Hochhaus als Labor für neue Mobilität

Ein Innovationszentrum für urbane Mobilität könnte im Hochhaus entstehen. Die Themen E-Mobilität, urbane Logistik, autonome Fahrzeuge und Sharing-Modelle könnten praxisnah erforscht und gezeigt werden. Ausstellung, Start-ups und Verwaltungseinheiten könnten zusammenkommen. Auch eine Anbindung an die Verkehrsbetriebe oder Forschungsinstitute wäre denkbar. So könnte der Kreisel Teil der Mobilitätswende werden.

Neben diesen zehn mehr oder weniger kreativen Nutzungsideen gibt es natürlich noch eine radikale, auch schon öfter ins Spiel gebrauchte Umnutzung der Immobilie: ein Abriss des gesamten Gebäudes:

Rückbau mit Perspektive: Park statt Hochhaus für die Steglitzer Schloßsstraße?

Der radikalste, aber konsequente Schritt wäre der Rückbau des Hochhauses. Anstelle eines lange stillstehenden Gebäudes entstünde ein neuer öffentlicher Freiraum im dicht bebauten Steglitz. Spielplätze, Grünflächen, Sportbereiche und ein Stadtplatz könnten neue Aufenthaltsqualitäten bieten. Die Umnutzung würde ökologische, soziale und städtebauliche Potenziale entfalten. So könnte ein gescheitertes Projekt einem echten Mehrwert für den Kiez weichen.

Zwei neue Nutzungen vereint: Das in den 1970er Jahren errichtete Hochhaus könnte abgerissen, die Fläche zu einem Freizeit- und Bilungscampus umgestaltet werden. / © Foto / Visualisierung: ENTWICKLUNGSSTADT (mit KI erstellt)

Der Status Quo: Das Hochhaus Steglitzer Kreisel ist seit vielen Jahren nicht mehr als ein Gerüst aus Beton und Stahl, weitergebaut wird hier nicht mehr. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

Quellen: Berliner Morgenpost, Tagesspiegel, zeitistknapp.de, Adler Group, CG Gruppe, Bündnis 90/Die Grünen

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8 Kommentare

  1. Max 25. Juni 2025 at 15:26 - Reply

    Alle Optionen vergessen eines: jeweils BAUKOSTEN im hohen zweistelligen Bereich und kaufen muss man das Gebäude auch vorher. Und Berlin ist immer noch eins: arm, und arm!

  2. Rainer 25. Juni 2025 at 20:59 - Reply

    Hätte gleich abgerissen werden sollen.

  3. Werner Schley 26. Juni 2025 at 00:38 - Reply

    Das gesamte Areal, einschließlich Hotel und Busbahnhof sollte abgerissen werden und neu konzipiert werden. Dabei steht im Vordergrund ausreichend Platz für Busse, Taxen , Fahrräder und E-Roller und evtl.Langzeitparker zu schaffen. Ich glaube, dass die „Haltestelle Rathaus Steglitz“ eines der größten Nahverkehrs-Verkehrsknotenpunkte der Stadt sind. Auf jeden Fall sollte eine mögliche Straßenbahnanbindung eingeplant werden. Das Problems scheint mir in der Unfähigkeit führender Verantwortungsträger dieser Stadt zu liegen g.r.o.ß zu denken, z. B. wie unsere Stadtväter vor 100 Jahren als man Groß-Berlin konzipierte.

  4. KOCH 26. Juni 2025 at 06:30 - Reply

    Auf keinen Fall ein Obdachlosenheim oder Kaeltehilfe. Oder will man einen bürgerlichen Bezirk in die Knie zwingen?

  5. Esther 26. Juni 2025 at 21:10 - Reply

    Wohnungen, Wohnungen, WOHNUNGEN –
    die werden am dringendsten gebraucht.
    1-4 Zimmer, für € 450-1250 kalt.

    • Böhme 27. Juni 2025 at 00:49 - Reply

      Jo, recht haben Sie! Und die Politik – gleich, in welcher Partei – begreift die Auswirkung des Wohnraumproblems auf diese demokratische Gesellschaft nicht! Das gilt vor allem für CDU/CSU und SPD, aber auch für die anderen Parteien, wenn man von der Linken mit ihrem Dummfug absieht.

  6. Böhme 27. Juni 2025 at 00:46 - Reply

    Es gibt nur eine Lösung: Die Adler-Immobilien sind ruckzuck zu enteignen. Was dort passiert, geht an die Substanz eines Rechtsstaats, der sich von dieser zweifelhaften Immobiliengesellschaft nach Strich und Faden vorführen lässt. Es muss eingegriffen werden – sofort!

  7. Stephan 2. Juli 2025 at 20:05 - Reply

    Der ganze Gebäudekomplex ist ein hässliches Mahnmal für Berliner Filz, Bauskandale und den 70er Jahre Horror der „autogerechten Stadt“. Ich schaue jeden Tag mit Abscheu darauf und erwarte, dass dieses städtebauliche Monster endlich abgerissen wird und etwas Menschlicherem weicht.

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