Berlin muss bis 2032 deutlich mehr Flächen für Windkraft ausweisen – das erfordert neue Strategien in der Stadtplanung. Während der Senat konkrete Standorte am Stadtrand prüft, sucht auch die landeseigene HOWOGE nach Wegen, Windenergie für die Versorgung ihrer Wohnquartiere nutzbar zu machen.

Nachdem der Bau von Windrädern in der Berliner Innenstadt gescheitert ist, prüfen Senat und HOWOGE nun Standorte im Umland für neue Windkraftanlagen. / © Foto: Wikimedia Commons, ArildV, CC BY-SA 4.0

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© Foto Titelbild: Wikimedia Commons, André Künzelmann/UFZ, CC BY-SA 4.0

 

Der Berliner Senat steht vor der Aufgabe, bis spätestens 2032 rund 0,5 Prozent der Landesfläche – das entspricht etwa 446 Hektar – für Windkraftanlagen auszuweisen. Hintergrund ist eine bundesrechtliche Vorgabe, die auch Stadtstaaten wie Berlin zur Flächenausweisung verpflichtet. Eine Studie des Senats benennt derzeit 31 potenzielle Flächen in verschiedenen Bezirken, insbesondere in den Außenbereichen von Pankow, Spandau und Treptow-Köpenick.

Als besonders geeignet gelten laut Einschätzung der Berliner Stadtwerke drei Standorte: der Norden von Französisch-Buchholz, die Karolinenhöhe in Gatow und die Krummendammer Heide bei Friedrichshagen. Auf diesen Flächen könnten große Windkraftanlagen mit bis zu 270 Metern Höhe errichtet werden. Kritisch sehen Naturschutzverbände vor allem den Eingriff in Waldgebiete wie die Krummendammer Heide. Der NABU fordert, zunächst Potenziale außerhalb Berlins zu prüfen, um Natur- und Artenschutz nicht zu gefährden.

Berlin: Stadtwerke wollen Bau von 20 bis 30 Windrädern vorantreiben

Die Berliner Stadtwerke, eine Tochter der Wasserbetriebe, möchten in Berlin 20 bis 30 neue Windräder errichten. Aktuell kaufen sie rund 90 Prozent ihres Ökostroms zu, dieser Anteil soll durch eigene Anlagen deutlich sinken. Derzeit betreibt das Unternehmen nur Windkraftwerke außerhalb Berlins. Die ausgewählten Flächen sollen nun in einem regulären Verfahren in den Flächennutzungsplan überführt werden. Eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung ist laut dem Tagesspiegel geplant.

Im Gespräch ist auch der Bau einzelner Anlagen in Gewerbegebieten wie dem Cleantech-Park in Marzahn oder der Urban Tech Republic in Tegel. Die Umsetzung wäre hier jedoch kostenintensiver, da Netzanschlüsse nicht gemeinsam genutzt werden könnten. Zudem schließt eine rechtliche Regelung die parallele Ausweisung als Windkraft- und Gewerbegebiet derzeit aus.

HOWOGE scheitert mit Windrädern auf Hochhaus in Lichtenberg und sucht nun Standorte im Umland

Auch die landeseigene Wohnungsgesellschaft HOWOGE verfolgt das Ziel, ihren Wohnungsbestand langfristig mit regenerativer Energie zu versorgen. Der ursprünglich geplante Bau von vier Windrädern auf dem Hochhaus „Liese“ an der Frankfurter Allee in Lichtenberg konnte bislang jedoch nicht umgesetzt werden. Grund sind fehlende EU-zertifizierte Kleinanlagen, die auf Hochhausdächern genehmigungsfähig wären.

Die SPD Lichtenberg hatte sich im Vorfeld für das Modellprojekt stark gemacht und Kriterien für innerstädtische Windräder erarbeitet, etwa in Bezug auf Schallschutz, Vogel- und Artenschutz sowie Verschattung. Das Projekt steht dennoch still. Die HOWOGE plant nun, sich verstärkt auf Windkraftanlagen außerhalb der Innenstadt zu konzentrieren.

Energie für Wohnquartiere: Windparks auf Waldflächen denkbar

Laut HOWOGE-Geschäftsführer Ulrich Schiller prüft das Unternehmen inzwischen alternative Standorte im Berliner Umland – darunter auch Waldflächen. Zwei Bewerbungen für potenzielle Windpark-Standorte blieben bislang erfolglos. Eine dritte Fläche, auf der nur eine Anlage realisierbar gewesen wäre, wurde aus wirtschaftlichen Gründen wieder verworfen.

Schiller betonte, man wolle Erfahrungen sammeln, um künftige Projekte besser planen zu können. Perspektivisch könnten rund ein Dutzend größerer Windräder ausreichen, um die Wohnungsbestände der HOWOGE vollständig mit Strom zu versorgen. Ergänzt werden soll die Energieversorgung durch Photovoltaikanlagen auf den Dächern – wie beim neuen „Nur-Strom-Haus“ der HOWOGE in der Sewanstraße in Lichtenberg, das 116 fossilfreie Wohnungen ab 2026 bereitstellen soll.

Mit Blick auf die künftige Wärme- und Stromversorgung sieht die HOWOGE die Immobilienwirtschaft in der Verantwortung, zunehmend selbst Energie bereitzustellen. Gerade in einer wachsenden Stadt mit begrenzten Flächen sei es notwendig, die Energieversorgung direkt an oder in Gebäuden zu realisieren. Der gescheiterte Versuch auf dem Hochhausdach zeigt aber auch: Die technische und rechtliche Umsetzung bleibt komplex.

Quellen: Tagesspiegel, HOWOGE, NABU,