Der Neubau durch landeseigene Wohnungsunternehmen in Berlin ist deutlich zurückgegangen. Vor allem bei Sozialwohnungen wurde das selbst gesteckte Ziel weit verfehlt. Die Zahlen werfen ein Schlaglicht auf die strukturellen Probleme des sozialen Wohnungsbaus in der Hauptstadt.

Die landeseigene GESOBAU erweitert ihren Wohnungsbestand im „Schwyzer Kiez“ durch Neubau und Aufstockung bestehender Gebäude. In Berlin-Wedding entstehen so 148 zusätzliche Wohnungen, teils modernisiert, teils neu errichtet. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
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Im Jahr 2024 haben Berlins sechs landeseigene Wohnungsbaugesellschaften deutlich weniger Wohnungen fertiggestellt als noch im Vorjahr. Wie aus einer Senatsantwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linken hervorgeht, entstanden lediglich 3.461 neue Einheiten, fast 1.000 weniger als 2023. Besonders auffällig: Nur 906 dieser Wohnungen waren Sozialwohnungen. Damit wurde die vereinbarte Quote von 50 Prozent klar verfehlt.
Schon 2023 hatte der Neubau mit 4.348 Wohneinheiten hinter den Erwartungen gelegen. Das langfristige Ziel von jährlich 6.500 neuen Wohnungen durch die landeseigenen Unternehmen bleibt damit weit entfernt. Auch für 2025 prognostizieren die Unternehmen nur 4.775 Fertigstellungen.
Die dreiteiligen Artikelreihe von ENTWICKLUNGSSTADT zeigt, warum Berlin seit der Wende den Großteil seiner Sozialwohnungen verloren hat und was jetzt dagegen getan wird. Im ersten Teil geht es um den systematischen Rückgang, im zweiten um die Rolle der landeseigenen Wohnungsunternehmen. Teil drei blickt auf neue Strategien und den Kampf um dauerhaft bezahlbaren Wohnraum.
Landeseigene Gesellschaften als zentrale Akteure für bezahlbaren Wohnraum in Berlin
Berlin verfügt aktuell über sechs landeseigene Wohnungsunternehmen: DEGEWO, GESOBAU, Gewobag, HOWOGE, STADT UND LAND sowie die WBM. Gemeinsam verwalten sie rund 360.000 Wohnungen, das entspricht etwa jeder fünften Mietwohnung in der Hauptstadt. Ihre Aufgabe ist es, bezahlbaren Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten zu sichern.
In den 1990er- und 2000er-Jahren wurden viele kommunale Wohnungen verkauft. Inzwischen verfolgt Berlin wieder eine gemeinwohlorientierte Wohnraumpolitik. Die landeseigenen Gesellschaften investieren in Neubau, Sanierung und Rückkäufe und entlasten so den angespannten Wohnungsmarkt.
Kritik an Versäumnissen: Linke fordert mehr Engagement beim sozialen Wohnungsbau
Nach Einschätzung des Linken-Abgeordneten Niklas Schenker ist die Entwicklung dramatisch. Er wies laut rbb darauf hin, dass 60 Prozent der Berliner Bevölkerung Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein hätten, aber nur jede vierte neue kommunale Wohnung eine Sozialwohnung sei. Die landeseigenen Unternehmen seien die einzigen Akteure, die in nennenswertem Umfang Sozialwohnungen neu errichteten und verfehlten dabei dennoch systematisch die Vorgaben.
Schenker forderte Konsequenzen: Die Unternehmen müssten stärker in die Pflicht genommen werden. Gleichzeitig verwies er auf die strukturellen Ursachen des Rückgangs: steigende Baukosten, Personalmangel und Verzögerungen bei Förderprogrammen, wie der rbb berichtet.
Neubauziele erneut verfehlt: Sozialwohnungen bleiben Mangelware in ganz Berlin
Nicht nur die landeseigenen Gesellschaften bleiben hinter den Erwartungen zurück. Auch berlinweit wurde das jährliche Neubauziel von 20.000 Wohnungen erneut verfehlt. Nach Angaben des Amts für Statistik wurden 2024 rund 15.000 neue Wohnungen insgesamt fertiggestellt. Der Wohnraumbedarf wächst jedoch weiter, besonders bei günstigen Mietwohnungen.
Dass die Zahl der fertiggestellten Sozialwohnungen deutlich unter dem Bedarf liegt, ist kein neues Phänomen. Schon seit Jahrzehnten schrumpft der Bestand durch auslaufende Bindungen. Die landeseigenen Gesellschaften sollten diesen Trend durch Neubau zumindest bremsen, doch angesichts der aktuellen Entwicklung scheint auch dieses Ziel gefährdet.
Förderung reicht nicht aus: Strukturelle Probleme bremsen den sozialen Wohnungsbau
Die Ursachen für den Rückgang liegen tief. Hohe Zinsen, explodierende Baukosten und Fachkräftemangel bremsen Bauvorhaben seit Jahren. Viele Projekte verzögern sich oder werden ganz gestrichen. Selbst die landeseigenen Unternehmen, die mit öffentlichen Mitteln arbeiten, stoßen zunehmend an Grenzen.
Auch Förderinstrumente greifen nicht wie geplant. Sozialwohnungsbau bleibt für viele Investoren wirtschaftlich unattraktiv, trotz staatlicher Zuschüsse. Fachleute fordern daher grundlegende Reformen: längere Bindungszeiten, stärkere Förderung gemeinwohlorientierter Träger und eine engere Verzahnung von Planungs- und Bauprozessen.
Quellen: rbb, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, inberlinwohnen,de, Wikipedia