Kaum eine Stadt hat so viele Brüche, Wendepunkte und Neuanfänge erlebt wie Berlin. In mehreren spannenden Artikelreihen erzählt ENTWICKLUNGSSTADT die wechselvolle Geschichte der Hauptstadt – von Zerstörung, Teilung bis zu ihrer mühsamen Neuerfindung. Wir geben einen Überblick über unsere vielfältigen Artikelreihen.

Zerstörung, Teilung, Wiederaufbau: Berlin ist das Sinnbild deutscher Geschichte im 20. Jahrhundert. In unseren thematischen Serien werfen wir einen genauen Blick auf die prägenden Jahrzehnte der Stadt – und ihre bis heute sichtbaren Spuren. Auf dieser Fotografie ist der geschäftige Potsdamer Platz im Jahr 1924 zu sehen, der nach dem Krieg zu einem jahrzehntelangen Niemandsland werden sollte. / © Foto: IMAGO
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Der 8. Mai 1945 markiert das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa – und zugleich den Beginn eines tiefgreifenden Transformationsprozesses für Berlin. Die deutsche Kapitulation bedeutete nicht nur die militärische Niederlage des NS-Regimes, sondern auch die nahezu vollständige Zerstörung der Hauptstadt.
Über 30 Prozent der Gebäude waren unbewohnbar, zentrale Infrastrukturen lagen in Trümmern. Berlin, einst kulturelles, politisches und wirtschaftliches Herz Mitteleuropas, war auf einen historischen Tiefpunkt gefallen. Der „Tag der Befreiung“, wie er später vor allem in Ostdeutschland genannt wurde, war auch der Auftakt für eine jahrzehntelange Phase des Wiederaufbaus – und der Identitätskrise.
Verlust einer Weltmetropole: Berlin nach dem Krieg
Die Zerstörung Berlins war nicht nur physischer Natur, sondern auch geistiger und gesellschaftlicher. Mit dem Untergang des Dritten Reichs ging auch der Mythos der Weltmetropole verloren. Die Stadt, die in den 1920er-Jahren als Avantgarde der Moderne gegolten hatte, war plötzlich ein Symbol des Schreckens und der Schuld.
Der politische Neuanfang unter alliierter Besatzung wurde von Spannungen zwischen den Siegermächten überschattet. Die Teilung Berlins in vier Sektoren mündete 1949 in der Spaltung Deutschlands – und machte die Stadt zum Kristallisationspunkt des Kalten Krieges.
Die Berliner Mauer: Eine Stadt wird geteilt
Mit dem Bau der Berliner Mauer 1961 wurde diese Spaltung brutal zementiert. Die Mauer durchschnitt nicht nur Straßen und Plätze, sondern auch Lebensläufe, Nachbarschaften und Familien. Ost-Berlin entwickelte sich zur Hauptstadt der DDR, West-Berlin zur demokratischen Insel im Osten – beide Seiten formten sich unter völlig unterschiedlichen politischen Prämissen neu.
Der Wiederaufbau folgte jeweils ideologischen Leitbildern: Während im Westen der „moderne Wiederaufbau“ mit Zeilenbauten und autogerechter Stadt dominierte, setzte der Osten auf sozialistische Repräsentationsarchitektur.
Architektur der 1950er Jahre: Zeichen politischer Systeme
Besonders die 1950er Jahre prägten das neue Gesicht der Stadt entscheidend. In West-Berlin entstanden Bauten wie die Interbau im Hansaviertel, die internationale Architektur als Zeichen westlicher Offenheit inszenierte. In Ost-Berlin wiederum wurde die Stalinallee – später Karl-Marx-Allee – zur Modellstraße des sozialistischen Städtebaus.
Beide Stadthälften versuchten, durch Architektur neue Identität zu stiften, doch oft ging dies zulasten historischer Stadtstrukturen. Viele Straßenzüge, Plätze und Gebäude, die das Vorkriegs-Berlin geprägt hatten, wurden nicht rekonstruiert, sondern durch funktionale Neubauten ersetzt.
Stadtumbau ohne Rücksicht auf die Vergangenheit
Mit dem Verlust urbaner Kontinuität verschwand auch ein Teil der kollektiven Erinnerung. Ganze Stadtviertel veränderten ihren Charakter, alte Milieus lösten sich auf. Die urbane Identität Berlins geriet ins Wanken – und wurde durch neue, oft künstlich geschaffene Bilder ersetzt.
In West-Berlin dominierte das Bedürfnis nach Modernisierung und Abgrenzung gegenüber dem Osten. In Ost-Berlin herrschte das Bemühen, eine eigene, antifaschistische Hauptstadt zu etablieren – oft in bewusster Abgrenzung zur preußischen Vergangenheit.
Gesellschaftlicher Wiederaufbau in zwei Systemen
Der Wiederaufbau war auch ein gesellschaftlicher Neuaufbau. Millionen Berlinerinnen und Berliner mussten nicht nur ihr Zuhause, sondern auch ihr Selbstverständnis neu definieren. Die Nachkriegszeit war von Wohnungsnot, Trümmerarbeit und staatlicher Umformung des städtischen Lebens geprägt.
Doch gerade in dieser Phase entstand auch eine neue Form von Gemeinschaft und Widerstandsfähigkeit. Die Erinnerung an den 8. Mai wurde dabei zum umstrittenen Symbol: Im Osten als „Tag der Befreiung“ offiziell gefeiert, im Westen lange Zeit als ambivalenter Gedenktag behandelt.
ENTWICKLUNGSSTADT Artikelreihen: Über Zerstörung und Wiederaufbau Berlins
In mehreren, aufwendig recherchierten Artikelreihen beleuchtet ENTWICKLUNGSSTADT seit Jahren die architektonische, städtebauliche, politische und gesellschaftliche Neuerfindung Berlins in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg. Hier stellen wir eine Auswahl dieser Artikelreihen vor, die Ihr mit einem ENTWICKLUNGSSTADT PLUS-Abo lesen könnt. Hier könnt Ihr ein einwöchiges Probeabo abschließen und ENTWICLKUNGSSTADT PLUS kostenfrei testen.
Einen Überblick über alle ENTWICKLUNGSSTADT Artikelreihen findet Ihr hier.
Berlins historisches Zentrum
Die deutsche Hauptstadt blickt auf eine mittlerweile 800-jährige Geschichte zurück. In unserer Artikelreihe „Berlins historisches Zentrum“ geht es um die Entwicklung zweier mittelalterlicher Handelsposten in der Mark Brandenburg und die Entstehung sowie die Zerstörung der historischen Berliner Altstadt. Die bislang siebenteilige Reihe wird weiter fortgesetzt.
Abschied von der autogerechten Stadt
Die „autogerechte Stadt“: Ein Relikt der Vergangenheit oder eine bleibende Herausforderung? Die neueste ENTWICKLUNGSSTADT Reihe analysiert das umstrittene Leitbild und seine Folgen und zeigt, wie West-Berlin zum Schauplatz einer urbanen Transformation wurde.
Die Geschichte der Friedrichstraße
Im Rahmen einer mehrteiligen Reihe schauen wir auf die bewegte Geschichte der Berliner Friedrichstraße. Im zehnten Teil schauen wir auf die Zeit der Teilung Berlins. In der Friedrichstraße sind nach dem Bau der Mauer 1961 mit dem Checkpoint Charlie und dem „Tränenpalast“ zwei weltberühmte Grenzübergänge entstanden, die die Geschichte Berlins fast drei Jahrzehnte prägen sollten – und bis heute nachwirken.
Berlins Bauwerke der Moderne
In dieser Artikelreihe widmen wir uns den bedeutenden Berliner Bauwerken der Nachwendezeit, die das Stadtbild der deutschen Hauptstadt bis heute prägen. Dazu gehören Bauwerke wie der modernisierte Reichstag, der rekonstruierte Pariser Platz, das jüdische Museum, das Holocaust-Mahnmal, der Potsdamer Platz oder das Regierungsviertel.
Berlins Luftschlösser
Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in ihrer heutigen Form gehört seit Jahrzehnten zu den bekanntesten Wahrzeichen der Stadt Berlin. Eigentlich sollte das im Krieg beschädigte Kirchenbauwerk in den 1950er Jahren abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Dass es nicht dazu kam, ist auch einem Proteststurm der damaligen Berliner Bevölkerung zu verdanken. Der Artikel ist einer von bislang neun Teilen unserer beliebten Artikelreihe „Berlins Luftschlösser„.
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Quellen: Deutsches Architektur Forum, Architektur Urbanistik Berlin, berlin.de, VisitBerlin, Bund Deutscher Architekten, Bauwelt, BauNetz