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Die Hauptstadtregion entwickelt sich zunehmend zu einem zentralen Standort der Elektromobilität in Europa. Neben Tesla, das in Berlin-Köpenick ein neues Entwicklungszentrum aufbaut, sind mit NIO und Dreame Technology zwei chinesische Hersteller in der Region aktiv oder in konkreter Planung. Das könnte Berlin und Brandenburg langfristig zu einem europäischen Zentrum der E-Auto-Industrie machen.

Elektroauto in der Produktion

Brandenburg könnte neben Tesla einen weiteren E-Autohersteller bekommen. Dreame Technology prüft eine Ansiedlung und sorgt für Diskussionen über Chancen und Risiken. / © Foto: Depositphotos.com

© Titelbild: Wikimedia Commons, MEHR8000, CC BY-SA 4.0
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Berlin und Brandenburg erleben derzeit einen tiefgreifenden Strukturwandel. Immer mehr internationale Automobilhersteller interessieren sich für die Region als Standort für Entwicklung und Produktion von Elektrofahrzeugen. Was mit der Gigafactory des US-Konzerns Tesla in Grünheide begann, entwickelt sich inzwischen zu einem internationalen Cluster für Elektromobilität.

Gleichzeitig bedeutet diese Entwicklung weit mehr als reine Produktionskapazitäten. Mit Forschungszentren, Technologiepartnerschaften und einem dichten Zuliefernetz würde rund um die Hauptstadt ein neues Industrieökosystem entstehen.

Tesla plant Entwicklungszentrum in Köpenick: Standort soll Forschungslandschaft stärken

Einer der treibenden Akteure dieser Entwicklung ist Tesla. Das Unternehmen will ein neues europäisches Entwicklungszentrum in Köpenick errichten. Auf dem Gelände einer ehemaligen Fabrik sollen künftig Ingenieurinnen und Ingenieure an neuen Modellen, Batterietechnologien und Materialinnovationen arbeiten. Der genaue Standort wurde bislang nicht offiziell bestätigt, um laufende Verhandlungen zu schützen. Doch die Beschreibung des rund 20.000 Quadratmeter großen Grundstücks lässt nur einen Schluss zu: Gemeint ist offenbar das Areal an der Friedrichshagener Straße 29–36, direkt gegenüber dem ehemaligen Kabelwerk Köpenick. Auf dem Gelände, finden derzeit Abrissarbeiten statt.

Bereits ab 2026 sollen dort bis zu 250 Beschäftigte tätig sein. Ein Teil des Teams wird aus bestehenden Strukturen in Grünheide verlagert, andere Fachkräfte sollen neu gewonnen werden. Das Bezirksamt Treptow-Köpenick verweist auf die gute Verkehrsanbindung und die Nähe zu Universitäten als entscheidende Standortvorteile. Auch die Wirtschaftssenatorin betonte, das Projekt werde die regionale Forschungs- und Entwicklungslandschaft weiter stärken.

NIO stärkt Präsenz in der Hauptstadtregion mit neuem Technologiezentrum in Schönefeld

Auch chinesische Hersteller setzen zunehmend auf die Hauptstadtregion. Bereits im Frühjahr 2024 eröffnete NIO in Schönefeld das erste Smart Driving Technology Center außerhalb Chinas. Gemeinsam mit dem bestehenden Berliner NIO Innovation Center konzentriert sich die Einrichtung auf die Entwicklung modernster Fahrerassistenzsysteme und intelligenter Softwarelösungen für den europäischen Markt.

Das Unternehmen verfolgt dabei einen klaren strategischen Ansatz: Technologie soll dort entwickelt werden, wo sie auch genutzt wird. Durch spezialisierte Teams in Europa will NIO die eigenen Produkte optimal an die regionalen Anforderungen anpassen. Ein besonderer Fokus liegt auf der Validierung digitaler Systeme sowie auf der Weiterentwicklung von Funktionen für das assistierte Fahren in der EU.

Dreame Technology plant Luxus-E-Auto-Fabrik bei Fürstenwalde — größeres Areal als Tesla

Ein dritter Akteur könnte das Bild der Hauptstadtregion bald erweitern. Das chinesische Unternehmen Dreame Technology, bislang vor allem für Haushaltsgeräte bekannt, plant den Einstieg in die Luxus-Elektromobilität. Aktuell prüft Dreame die Errichtung einer Fabrik auf einem rund 430 Hektar großen Gelände zwischen Fürstenwalde und Langewahl. Das Areal wäre damit größer als die Fläche der Tesla-Fabrik in Grünheide.

Nach derzeitigen Plänen könnte die Produktion ab 2027 starten. Fachleute sehen diesen Zeitplan allerdings kritisch, da sich das Projekt noch in einer sehr frühen Phase befindet. Das Unternehmen begründet sein Interesse an der Region mit der gut ausgebauten Lieferkette und der Nähe zu Tesla. Auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke bestätigte Gespräche mit dem Unternehmen, betonte aber die Notwendigkeit sorgfältiger Vorbereitung.

Großprojekte stoßen auf Kritik: Wasserverbrauch, Fachkräftemangel und Flächenkonkurrenz im Fokus

Trotz aller Chancen sind die Projekte nicht unumstritten. Schon bei der Ansiedlung von Tesla in Grünheide gab es Proteste wegen des hohen Wasserverbrauchs und möglicher Auswirkungen auf das Grundwasser. Die Fabrik liegt teilweise in einem Wasserschutzgebiet und verbraucht jährlich rund 1,4 Millionen Kubikmeter, so viel wie eine mittelgroße Stadt. In Zeiten zunehmender Trockenheit sehen Fachleute darin eine Gefahr für die Wasserreserven und die umliegenden Seen. Ähnliche Debatten könnten bei einer neuen Großfabrik folgen.

Zudem wird die Frage nach der Verfügbarkeit von Fachkräften, Energie und Flächen eine zentrale Rolle spielen. Die Region verfügt zwar über eine gut ausgebaute Infrastruktur und starke Forschungsnetzwerke, doch der Wettbewerb um Ressourcen wird intensiver. Bürgerinitiativen fordern daher mehr Transparenz und Beteiligung bei zukünftigen Ansiedlungen.

Hauptstadtregion am Wendepunkt: Elektromobilität als Chance und Herausforderung zugleich

Berlin und Brandenburg stehen vor einem entscheidenden Moment. Mit Tesla, NIO und Dreame Technology rücken gleich drei internationale Akteure in den Fokus der Hauptstadtregion. Das schafft wirtschaftliches Potenzial, stärkt den Innovationsstandort und kann neue Arbeitsplätze hervorbringen. Gleichzeitig gibt es Kritik an den Produktionsstätten, insbesondere mit Blick auf Wasserverbrauch, Klimaneutralität und ökologische Auswirkungen. Diese Fragen werden maßgeblich darüber entscheiden, wie nachhaltig die Entwicklung tatsächlich verläuft.

Wirtschaftsexperten sehen in den geplanten Ansiedlungen ein Signal an Zulieferer, Forschungseinrichtungen und Start-ups. Solche Investitionen können die wirtschaftliche Struktur einer Region langfristig verändern und spezialisierte Netzwerke entstehen lassen. Ob Berlin und Brandenburg sich damit zu einem der führenden europäischen Standorte für Elektromobilität entwickeln, hängt jedoch davon ab, wie gut Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gemeinsame Ziele definieren und Prioritäten setzen.

 

Quellen: Bezirksamt Treptow-Köpenick, Dreame Technology, Tesla, NIO, Der Tagesspiegel, Berliner Morgenpost, rbb24, Deutschlandfunk

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