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Mehr als zwei Jahre nach dem Start eines Berliner Pilotprojekts zur Bekämpfung von Wohnungsleerstand zeigt sich Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD unzufrieden mit dem Fortschritt. Während Häuser weiter leerstehen, fordern Bezirkspolitik und Parteien unterschiedliche Wege zur Rückführung in den Wohnungsmarkt.

Das ehemalige Kinderkrankenhaus in Weißensee steht seit über 25 Jahren leer, seitdem verfällt das Gebäude. / © Foto: IMAGO/ Thomas Lebie

© Foto Titelbild: Wikimedia Commons, Angela M. Arnold (44 penguins), CC BY-SA 2.0
© Foto: IMAGO / Thomas Lebie

 

Seit Ende 2022 läuft in Berlin ein Pilotprojekt gegen jahrelangen Wohnungsleerstand. Drei Gebäude – in Mitte, Tempelhof-Schöneberg und Steglitz-Zehlendorf – stehen dabei im Zentrum. Ziel ist es, durch den Einsatz von Treuhändern leerstehende Wohnungen wieder nutzbar zu machen. Doch bislang wurde kein einziger Treuhänder eingesetzt. Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) zeigte sich nun öffentlich verärgert über das zögerliche Vorgehen der beteiligten Bezirke.

Gaebler betonte, dass es eine klare gesetzliche Grundlage für das Vorgehen gebe. Das Zweckentfremdungsverbotsgesetz erlaubt nur in Ausnahmefällen den Leerstand von Wohnraum, etwa bei Sanierungen oder genehmigten Nutzungsänderungen. Bezirke können bei Verstößen Bußgelder verhängen und notfalls Ersatzmaßnahmen einleiten. Trotzdem hätten sich die Bezirksämter bislang gescheut, die neuen Instrumente umzusetzen.

Senat fordert klare Linie für „Lost Places“ – Bezirke sollen rechtliche Auseinandersetzung nicht scheuen

Der Senator kritisierte, dass sich die Bezirke zu sehr auf rechtliche Unsicherheiten und mögliche Klagen konzentrierten. Er warf ihnen vor, sich in Nebenfragen zu verzetteln, statt das eigentliche Problem anzugehen. Besonders Tempelhof-Schöneberg habe bereits erste Schritte unternommen, etwa mit einer Ersatzvornahme, komme jedoch nicht weiter voran.

Dabei hatte der Senat den Bezirken zugesichert, sowohl Gerichtskosten als auch den Aufwand für den Treuhändereinsatz zu übernehmen. Gaebler forderte nun ein „Durchdeklinieren“ des Falls – auch, um im Zweifel eine gerichtliche Klärung herbeizuführen. Nur so lasse sich langfristig verbindlich festlegen, wie das Instrument eingesetzt werden könne.

40.000 Wohnungen in Berlin ungenutzt — Senat will Handlungsspielraum ausschöpfen

Der Treuhänder soll anstelle des Eigentümers handeln und leerstehende Wohnungen wieder vermietbar machen. Die Kosten für das Verfahren trägt der Eigentümer. Doch weil dieser Eingriff in Eigentumsrechte juristisch Neuland ist, rechnen Bezirke mit Klagen. Auch deshalb bleibt das Modellprojekt bislang folgenlos.

Der Handlungsdruck ist jedoch groß: Nach Angaben des Zensus 2022 stehen berlinweit über 40.000 Wohnungen leer – ein Potenzial für rund 77.000 Menschen. Der Senat will dieses Potenzial stärker nutzen, um der Wohnungsnot in der Hauptstadt zu begegnen.

Wahlkampfthema Leerstand: Linke setzt auf Umbau und Rückführung in den Wohnungsmarkt

Auch auf bezirklicher Ebene wird Leerstand zunehmend zum politischen Thema. Die Berliner Linke machte bereits im Januar im Wahlkampf mit Aktionen gegen leerstehende Wohn- und Gewerbeflächen auf das Problem aufmerksam. Unter dem Motto „Es gibt kein Recht auf Leerstand“ beklebten Mitglieder leerstehende Läden und Wohnungen unter anderem in Treptow-Köpenick mit Plakaten.

Die Partei fordert unter anderem ein Förderprogramm zum Umbau leerstehender Gewerberäume, einen Baustopp für neue Büroimmobilien und die Möglichkeit zur vereinfachten Beschlagnahme von leerstehenden Wohnhäusern. Denn in Berlin stehen etwa 1,5 Millionen Quadratmeter Büroflächen leer, wie die Berliner Morgenpost berichtet. Für die Linke ist die Rückführung leerstehender Flächen in eine soziale Nutzung ein zentrales wohnungspolitisches Anliegen.

Quellen: FNP, Berliner Morgenpost

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