Die geplante Drei-Religionen-Kita in Friedrichshain sollte ein Symbol des interkulturellen Austauschs und der Antisemitismus-Bekämpfung werden. Jetzt steht das Projekt vor dem Aus, da der Berliner Senat die Finanzierung unerwartet gestrichen hat.
© Visualisierungen: Förderverein Drei-Religionen-Kita-Haus
Text: Björn Leffler
In Friedrichshain sollte im kommenden Jahr eigentlich der Bau eines bemerkenswerten Bildungs- und Kulturprojekts starten. Eine Drei-Religionen-Kita für insgesamt 135 Kinder war dort geplant, das bundesweit erste Projekt dieser Art. Die religionsübergreifende Kindertagesstätte sollte auf einem Grundstück der evangelischen Kirchengemeinde St. Markus-Lazarus in der Marchlewskistraße 40 entstehen.
Das Grundstück liegt zentral im Comeniuskiez, etwa mittig zwischen S-Bahnhof Warschauer Straße, U-Bahnhof Frankfurter Tor, U-Bahnhof Weberwiese und Ostbahnhof. Um das Kita-Projekt zu realisieren gab und gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Verein zur Förderung der jüdischen Bildung und des jüdischen Lebens e.V. „Masorti“, dem evangelischen Kirchenkreisverband für Kindertageseinrichtungen Berlin Mitte-Nord sowie dem muslimischen Zentrum Berlin.
Drei-Religionen-Kita in Friedrichshain: Berliner Senat streicht finanzielle Mittel
Doch nun steht das Projekt vor einer gewaltigen Herausforderung, denn nach einem Bericht des Tagesspiegels streicht der Berliner Senat nun seine finanzielle Unterstützung für das Vorhaben. Im April 2024 wurde das Projekt mit dem Förderpreis der Deutschen Nationalstiftung und 20.000 Euro ausgezeichnet, nun erfolgt die plötzliche Kehrtwende.
2025 sollte der Bau starten, unterstützt durch 1,7 Millionen Euro vom Land und weitere drei Millionen bis 2027. Doch Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch begründete die Absage der Finanzierung mit einem fehlenden Bedarf an Kitaplätzen in Friedrichshain. Die Evangelische Kirche reagierte bestürzt und appellierte, die Entscheidung zu überdenken.
Das multireligiöse Kita-Projekt fällt den Sparplänen der schwarzroten Koalition zum Opfer
Bischof Stäblein betonte die Bedeutung des Projekts für die Antisemitismus-Bekämpfung. Martin Vogel, Länderbeauftragter der Evangelischen Kirche, warnte gegenüber dem Tagesspiegel vor einem „Vertrauensverlust“ und wies auf die Symbolkraft und das stadtweite Einzugsgebiet des Projekts hin.
Ob das Projekt auch ohne Unterstützung des Berliner Senats realisiert werden kann, ist derzeit mehr als fraglich. Der Entwurf für das Drei-Religionen-Kita-Haus kommt von dem Berliner Architekturbüro Stark&Stilb.
Marchlewskistraße: Kita mit Bibliothek, Veranstaltungsflächen und Gebetsräumen war geplant
Das neue, viergeschossige Gebäude sah jeweils eine muslimische, eine jüdische und eine christliche Kita auf drei Etagen sowie Begegnungsflächen im Erdgeschoss vor. Hier sollten auch größere Veranstaltungen mit bis zu 200 Personen stattfinden, wie z.B. Vortragsveranstaltungen, Kinovorführungen und kulturelle Angebote im Kiez. Ergänzt werden sollte das Drei-Religionen-Kita-Haus durch eine Bibliothek mit Seminarräumen im Untergeschoss.
Darüber hinaus sollte ein „Raum der Stille“ eingerichtet werden, der allen Mitarbeitern und Gästen für Momente der Ruhe und des Gebetes zur Verfügung stehen sollte. Doch nach der Streichung der finanziellen Unterstützung durch den Berliner Senat stehen all diese Pläne vorerst in den Sternen. Die jahrelange Vorbereitungszeit, die in das Projekt geflossen ist, könnte umsonst gewesen sein.
Quellen: Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, Aktion Mensch, Förderverein Drei-Religionen-Kita-Haus, Bürger:innenInitiative 10243 Baum-&Artenschutz, Stark&Stilb Architekten