Ein spektakulärer Fund aus Berlins Untergrund: Mittelalterliche Heiligenfiguren geben Einblicke in die Volksfrömmigkeit vergangener Jahrhunderte. Die historischen Keramikfiguren des Mittelalters wurden bei Grabungen am Molkenmarkt in Berlin-Mitte entdeckt.
© Foto Titelbild: Julia-Marlen Schiefelbein, Landesdenkmalamt Berlin
Text: Wolfgang Leffler
Das Landesdenkmalamt Berlin hatte eingangs der Woche zu einem Pressetermin mit begleitender Präsentation eingeladen, bei dem im November 2024 am Molkenmarkt gefundene Heiligenfiguren vorgestellt wurden.
Vorgestellt wurden die Funde von Eberhard Völker, wissenschaftlicher Projektleiter am Molkenmarkt, und Dr. Sebastian Heber, Abteilungsleiter Bodendenkmalpflege beim Landesdenkmalamt Berlin. Dabei erläuterten sie die Bedeutung der Funde und standen für exklusive Fragen zur Verfügung.
Molkenmarkt in Berlin-Mitte: Depotfund weiblicher Keramikstatuetten aus dem 14. und 15. Jahrhundert
Bei den außergewöhnlichen und seltenen ausgegrabenen Objekten handelt es sich um Statuetten, die tiefe Einblicke in die Volksfrömmigkeit des Mittelalters geben. Zum einen wurde die Heilige Katharina aus dem 15. Jahrhundert vorgestellt – ein Highlight der Präsentation. Die elf Zentimeter hohe, aus weißem Ton gefertigte Figur entstand vermutlich um die Mitte des 15. Jahrhunderts.
Bemerkenswert ist, dass sie nach Jahrhunderten nahezu unbeschädigt geborgen werden konnte. Die Heilige Katharina, im Spätmittelalter eine beliebte Nothelferin und Schutzpatronin, trägt in ihren Händen Attribute des Martyriums – ein Schwert und ein Rad. Ihre hohe Zackenkrone symbolisiert die göttliche Vermählung.
Archäologische Funde mit hoher Bedeutung: Heiligenfiguren des Mittelalters fast unbeschädigt geborgen
Eine weitere ausgegrabene Figur zeigt die Madonna mit Jesuskind, ebenfalls aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Die kopflose, sieben Zentimeter hohe Figur aus weißem Ton stellt die Muttergottes dar, die auf ihrem linken Arm das Christuskind trägt und ihm vermutlich mit der rechten Hand einen Apfel reicht. Die Madonna war im Mittelalter eines der zentralen religiösen Motive.
Dr. Sebastian Heber betonte die archäologische Bedeutung der Funde: „Beide Heiligenfiguren sind für den Berliner Raum – und darüber hinaus – im archäologischen Kontext äußerst selten anzutreffen und bieten einen besonderen Einblick in die bürgerliche Frömmigkeit des Spätmittelalters.“
188 weibliche Figuren: Depot mittelalterlicher Keramikstatuetten aus dem 14. Jahrhundert
Das Grabungsteam des Landesdenkmalamtes förderte am Molkenmarkt zudem ein Depot von mittelalterlichen Keramikstatuetten zutage. Insgesamt wurden Teile von 188 weiblichen Figuren mit medaillonförmigen Einfassungen im Brustbereich geborgen, deren Entstehung in die Mitte des 14. Jahrhunderts datiert wird.
Dabei lassen sich zwei Typen unterscheiden: Figuren mit und ohne Krone. In der Präsentation wurden erstmals vier Exemplare öffentlich gezeigt. Die rekonstruierte Höhe der Statuetten beträgt etwa acht Zentimeter.
Figuren aus dem Boden des Molkenmarkts: Medaillonförmige Einfassungen menschlicher Knochensplitter entdeckt
Naturwissenschaftliche Analysen wiesen in den medaillonförmigen Einfassungen menschliche Knochensplitter nach, was darauf hindeutet, dass die Figuren als Reliquiare genutzt wurden. Dies spiegelt die wachsende Volksfrömmigkeit jener Zeit wider.
Eberhard Völker erklärte: „Die hohe Anzahl der Figuren in einem geschlossenen Fundkontext und die erhaltenen Einlagen machen diesen Fund einzigartig.“ Die Grabungen am Molkenmarkt werden fortgesetzt. Es wird spannend zu beobachten sein, welche weiteren Funde das Grabungsteam des Landesdenkmalamtes zutage fördern wird. Zukünftig sollen die Reliquiare am Petriplatz ausgestellt werden, wo eine permanente Schau der mittelalterlichen Funde eingerichtet wird.
Quellen: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Landesdenkmalamt Berlin
Sehe ja jeden Tag die STRABAG und die Archäologen über beide Webcams dort schon seit Jahren buddeln und es scheint sich echt zu lohnen, was dort bisher an Zeitschichten zu Tage gefördert wurde. Gehen diese Funde in Sammlungen bestehender Museen ein (und werden dort evtl. in Lagern vergessen) oder wäre es nicht angebracht das direkt im neuen Quartier (kleines Museum im Verbund mit dem diskutierten Antikriegsmuseum) zu präsentieren?