Mitten in Hamburgs Stadtteil St. Pauli steht der Flakbunker am Heiligengeistfeld – ein monumentaler Zeitzeuge aus der NS-Zeit, der in den vergangenen Jahren zu einem internationalen Modellprojekt für nachhaltige Stadtentwicklung umgebaut wurde. Was einst ein Symbol für Kriegsführung und Propaganda war, ist heute ein lebendiger Ort der Begegnung, der die Themen Erinnerung, Natur und Gemeinschaft in den Mittelpunkt stellt.

Der „Grüne Bunker St. Pauli“ zieht täglich tausende Besucher an und wurde bereits als neues Wahrzeichen Hamburgs gefeiert – doch der Umbau des historischen Gebäudes hat nicht nur Freunde. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

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Text: Stephanie Engler 

 

Der Flakbunker St. Pauli wurde 1942 in nur 300 Tagen erbaut – unter dem Einsatz von Zwangsarbeitern. Als einer von zwei in Hamburg errichteten Flaktürmen diente er der Flugabwehr und bot bis zu 25.000 Menschen Schutz während der alliierten Luftangriffe. Die massive Konstruktion mit fünf Meter dicken Decken war als nahezu unzerstörbare Festung konzipiert und diente dem NS-Regime nicht nur militärisch, sondern auch propagandistisch, um die „Stärke“ des Dritten Reiches zu demonstrieren.

Nach dem Krieg verhinderte der große Wohnraummangel in Hamburg eine Sprengung des Bunkers. Stattdessen wurde er als Notunterkunft genutzt und viele Jahrzehnte später zum Medienzentrum umfunktioniert, in dem Kreative und Unternehmen wie Musikstudios und Clubs untergebracht waren und dies bis heute sind.

Umfassende Umgestaltung ab 2017: Transformation zum „Grünen Bunker“

Im Jahr 2017 begann eine umfassende Umgestaltung des denkmalgeschützten Bauwerks. Ziel war es, den Bunker um fünf pyramidenartige Geschosse aufzustocken und ihn durch eine Begrünung in ein nachhaltiges Zentrum für Kultur, Natur und Gemeinschaft zu verwandeln. Mit einem Investitionsvolumen von rund 60 Millionen Euro wurde das Projekt von der Matzen Immobilien KG und Partnern umgesetzt.

Das Herzstück des neuen Bunkers ist der öffentlich zugängliche Dachgarten, der sich über 10.000 Quadratmeter erstreckt. Ein „Bergpfad“ schlängelt sich spiralförmig um die Fassade des Gebäudes und führt Besucherinnen und Besucher zur höchsten öffentlich zugänglichen Grünfläche Hamburgs. Dort soll sie nicht nur eine Naturoase, sondern auch ein atemberaubender Blick auf die Stadt erwarten – von der Elbphilharmonie bis zum Hafen.

Begrünung des Bunkers auf St. Pauli: Nachhaltige Stadtentwicklung an einem Ort der Erinnerung

Die Begrünung des Bunkers, geplant von der Landschaftsarchitekturfirma Holzapfel-Herziger & Benesch, umfasst 23.000 Pflanzen, darunter Bäume, Sträucher und Bodendecker. Diese Bepflanzung trägt nicht nur zur Ästhetik bei, sondern leistet auch einen wichtigen Beitrag zur Klimaanpassung. Denn die grüne Fassade senkt die Temperaturen im Umfeld, filtert Feinstaub und bietet Lebensraum für Tiere. Das Projekt wurde mit dem European Garden Award ausgezeichnet und gilt international als Vorbild für urbane Nachhaltigkeit. Wissenschaftliche Studien begleiten die Begrünung, um Erkenntnisse über ihre ökologischen Auswirkungen zu gewinnen.

Neben der Begrünung wurde ein weiterer zentraler Bestandteil des Projekts realisiert: eine Gedenkstätte, die an die Geschichte des Bunkers und die Opfer des NS-Regimes erinnert. Diese wurde vom Verein Hilldegarden e. V. in Zusammenarbeit mit Historikerinnen und Historikern sowie Ausstellungsgestaltern entwickelt. In den Räumen können Besucherinnen und Besucher die NS-Vergangenheit des Bunkers und seine Rolle im Zweiten Weltkrieg erkunden.

Konzerte, Ausstellungen und Sportveranstaltungen: Bunker beherbergt vielfältiges Angebot für Kultur und Stadtteilgemeinschaft

Neben der Gedenkstätte beherbergt der Bunker heute ein vielfältiges Angebot für Kultur und Stadtteilgemeinschaft. Räume für Konzerte, Ausstellungen und Sportveranstaltungen bieten Platz für kreative Begegnungen. Zudem wurde ein Hotel auf dem Bunker eröffnet, das neben modernen Zimmern auch gastronomische Angebote wie Restaurants, Cafés und Bars bietet.

Ein besonderes Highlight soll die Georg-Elser-Halle sein, die nach dem Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime benannt wurde. Sie dient wochentags als Schulsporthalle und bietet bei Veranstaltungen Platz für bis zu 2.200 Menschen.

Umbau stieß nicht nur auf Begeisterung: Kritik an einem Modellprojekt für die Zukunft

Der Umbau des Bunkers stieß jedoch nicht nur auf Begeisterung. Kritikerinnen und Kritiker bemängelten die hohen Kosten, die ursprünglich geplanten, aber aus Brandschutzgründen reduzierten Begrünungsmaßnahmen und die Belastungen für bestehende Mieterinnen und Mieter während der Bauarbeiten. Auch die Tatsache, dass ein Mahnmal kommerzielle Nutzungen wie ein Hotel beherbergt, sorgte für Diskussionen.

Trotz der Kontroversen dürften die positiven Aspekte des Projekts überwiegen. Der „Grüne Bunker St. Pauli“ zieht täglich tausende Besucher an und wurde bereits als neues Wahrzeichen Hamburgs gefeiert. Er verbindet auf einzigartige Weise Geschichte, Nachhaltigkeit und Gemeinschaft. Als internationales Vorzeigeprojekt macht er vor, wie sich historische Gebäude zukunftsorientiert umnutzen lassen. Die Mischung aus öffentlichem Zugang, kultureller Vielfalt und ökologischer Innovation macht ihn zu einem Vorbild für die nachhaltige Transformation urbaner Räume.

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Quelle: Der Bunker St. Pauli, hamburg.de