Im Baakenhafen der HafenCity Hamburg soll bis 2026 Deutschlands erstes Wohnhochhaus nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip errichtet werden. Das Projekt „Moringa“ setzt auf innovative Nachhaltigkeit, indem es ressourcenschonende Materialien verwendet und grüne Flächen in die Bauplanung integriert.

Im April 2024 begannen die ersten Arbeiten für das Freilegen und Kappen der bereits vorhandenen Bohrpfähle und vorbereitende Maßnahmen für den Rohbau. Die geplante Fertigstellung ist für das Jahr 2026 angesetzt. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

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Text: Stephanie Engler

 

Im Baakenhafen der HafenCity Hamburg soll das Cradle-to-Cradle-Projekt (C2C) „Moringa“ als Vorzeigeobjekt für nachhaltiges und zirkuläres Bauen entstehen. Entwickelt wird das Gebäude von der Moringa GmbH in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro kadawittfeldarchitektur und der Unternehmensgruppe Lupp (Bau). Bereits im April dieses Jahres begannen die ersten Arbeiten für das Freilegen und Kappen der bereits vorhandenen Bohrpfähle und vorbereitende Maßnahmen für den Rohbau. Die geplante Fertigstellung ist für das Jahr 2026 angesetzt.

Das Wohnhochhaus soll nach Fertigstellung rund 190 Mietwohnungen auf einer Gesamtwohnfläche von etwa 11.900 m² umfassen. Ein Drittel der Wohnungen wird öffentlich gefördert, was das Projekt für verschiedene soziale Schichten zugänglich machen soll. Darüber sollen flexible Co-Living-Bereiche entstehen, die gemeinschaftlich genutzte Räume, Küchen und Terrassen bieten.

Das Cradle-to-Cradle-Prinzip: Abfall soll komplett vermieden werden

Das Cradle-to-Cradle-Prinzip (C2C), übersetzt „von der Wiege zur Wiege“, wurde in den 1990er Jahren von dem Chemiker Michael Braungart und dem Architekten William McDonough entwickelt. Ziel des Konzepts ist es, Abfall komplett zu vermeiden. Gebäude und Produkte sollen so gestaltet werden, dass sie entweder biologisch abbaubar sind oder ihre Materialien ohne Qualitätsverlust wiederverwendet werden können.

Das Prinzip basiert auf zwei Kreisläufen: Einmal dem biologischen Kreislauf, bei dem Materialien vollständig in die Biosphäre zurückgelangen und schadstofffrei abbaubar sind. Sowie dem technischen Kreislauf. Hier bleiben Materialien in einem geschlossenen System und können immer wieder recycelt oder neu verwendet werden. Durch diese Herangehensweise soll das Cradle-to-Cradle-Prinzip nicht nur die Ressourcenschonung fördern, sondern auch die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft im Bauwesen.

Mit Blick auf den Baakenhafen: Hier entsteht das erste Gebäude in der HafenCity mit einer begrünten Fassade

Ein zentrales Element des „Moringa“-Hochhauses sollen die großzügig begrünten Fassaden, Dächer und Innenhöfe sein. Die Dachgärten und der Innenhof sollen gleichzeitig als Retentionsflächen für Regenwasser und als Erholungsorte für die Bewohnerinnen und Bewohner dienen.

Die Grünflächen entsprechen mehr als der gesamten überbauten Fläche des Grundstücks und erfüllen gleich mehrere Funktionen. Denn sie sollen die Luftqualität durch ihre kühlende und filternde Wirkung verbessern, Hitzeinseln zugunsten des Stadtklimas reduzieren sowie die Biodiversität in der HafenCity fördern, indem neue Lebensräume für Flora und Fauna geschaffen werden.

Kreislaufwirtschaft im Bau: Materialien und Demontage

Bemerkenswert am Bau des „Moringa“-Hauses ist die geplante konsequente Anwendung des Cradle-to-Cradle-Prinzips: Alle verwendeten Materialien sollen schadstofffrei und rückbaubar sein und sortenrein getrennt sowie recycelt werden. Das Gebäude möchte damit wie ein „Materiallager“ fungieren, aus dem wiederum Rohstoffe für künftige Bauprojekte gewonnen werden können.

Ziel ist es, so den Abfall zu minimieren und natürliche Ressourcen zu schonen. Denn um die Wiederverwendbarkeit zu gewährleisten, wird auf verschraubte und gesteckte Verbindungen statt Verklebungen gesetzt. So können einzelne Bauteile bei Renovierungen oder Rückbau einfach demontiert und weiterverwendet werden.

Vielfältige Nutzungsdurchmischung: Ein lebendiges Quartier für die HafenCity

Neben den Wohnungen soll das Gebäude auch einen vielfältigen Nutzungsmix bieten. Im Erdgeschoss sollen in diesem Zusammenhang Flächen für Gastronomie, Handel und eine Kita entstehen. Co-Working-Spaces mit multifunktionalen Räumen sollen das Angebot ergänzen und eine lebendige Nachbarschaft fördern. Eine Tiefgarage soll Platz für 400 Fahrräder und rund 50 Pkw-Stellplätze bieten, von denen 30 Prozent für Car-Sharing vorgesehen sind.

Hier sollen künftig begrünte Fassaden den Baakenhafen schmücken. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

Quellen: Moringa, kadawittfeldarchitektur, Guiding Architects, NachhaltigesZuhause.de, Landmarken AG