Zwischen Baustellen und Bürokratie: Der Radwegbau in Berlin-Pankow erscheint wie ein Spiegel kontroverser Diskussionen über Mobilität und Stadtentwicklung, die es in vielen anderen deutschen Städten in ähnlicher Form auch gibt. Das Beispiel der mittlerweile umgebauten Bizetstraße im Ortsteil Weißensee zeigt allerdings, wie Radinfrastruktur gelingen kann – wenn der politische Wille vorhanden ist.
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Das Thema Radwegbau ist im Bezirk Pankow zumeist kein einfaches. In der Vergangenheit hat es nur wenige Projekte gegeben, die nicht von großen Diskussionen und kontroversen Debatten über Sinn und Unsinn des fahrradorientierten Umbaus begleitet gewesen wären. So war es beim Umbau der Oderberger Straße in eine Fahrradstraße oder auch beim mittlerweile abgeschlossenen Umbau der Radwege auf der Schönhauser Allee.
Andere Fahrrad-Bauvorhaben im Bezirk Pankow sind bislang noch gar nicht in diesen Status vorgedrungen. Die Pläne für die Einrichtung von Radstreifen an der Berliner Allee etwa, im Ortsteil Weißensee, wurden vom Berliner Senat gleich gänzlich gestoppt, was zu teils scharfer Kritik geführt hat. Die Grünen-Abgeordnete Oda Hassepaß bezeichnete laut Tagesspiegel die Entscheidung gar als „menschenfeindlich“ und bemängelte, dass der Senat lediglich den Status quo erneuere, anstatt die Mobilität sicherer und umweltfreundlicher zu gestalten.
Fahrradprojekte in Berlin-Pankow: Traditionell kein einfaches Thema
Ähnlich konfrontativ geht es in der Stargarder Straße im Ortsteil Prenzlauer Berg zu. Um die Verkehrssituation dort zu verbessern und die Sicherheit für Radfahrende zu erhöhen, wurde Ende 2024 eine Pollersperre installiert. Hierfür hat das Bezirksamt einen kurzen Abschnitt der Straße offiziell entwidmet. Diese juristische Maßnahme verhindert rechtliche Anfechtungen, wie sie in der Vergangenheit gegen ähnliche Projekte im Bezirk – etwa im Nesselweg in Rosenthal – vorgebracht wurden.
Die Maßnahme erfolgte auf anhaltenden, öffentlichen Druck. Initiativen wie „Changing Cities“ und „Fahrradfreundliches Pankow“ kritisierten bereits 2022, dass die bisherige Umsetzung der Fahrradstraße unzureichend gewesen sei. Sie forderten damals, den Auto-Durchgangsverkehr stärker einzuschränken und klare Markierungen sowie Absperrungen einzuführen, um die Nutzung durch motorisierte Fahrzeuge zu verhindern.
Radweg-Neubau Schwedter Straße: Bezirk Mitte ist schon fertig, Pankow hinkt hinterher
Mit der neuen Sperrung reagierte das Bezirksamt schließlich auf die anhaltende Kritik an der mangelnden Durchsetzung der Regeln in der Fahrradstraße. Die Verpollerung dient nicht nur der Sicherheit, sondern soll auch ein klares Signal für die Priorisierung des Radverkehrs setzen. Nicht viel besser läuft der Ausbau der Radweg-Infrastruktur in der Schwedter Straße, allerdings sind hier gleich zwei Bezirke in das Projekt involviert, was die Sache natürlich nicht einfacher macht.
Während der Bezirk Mitte unter der Leitung von Stadtrat Christopher Schriner (Die Grünen) die Umgestaltung zur Fahrradstraße zügig vorantrieb, ist Pankow deutlich langsamer. Der mittlere Abschnitt der Schwedter Straße in Mitte ist nahezu fertiggestellt: Fahrbahnmarkierungen sind angebracht, und Sperrpfosten wurden aufgestellt. In Pankow hingegen, wo die Straße zwischen der Oderberger Straße und der Kastanienallee sowie zwischen der Choriner Straße und der Schönhauser Allee verläuft, sind die Planungen bisher nicht abgeschlossen.
Fehlende Genehmigungen, schleppende Beantragungen: Pankows Verwaltung agiert zu behäbig
Ein Sprecher von CDU-Verkehrsstadträtin Manuela Anders-Granitzki bestätigte Anfang November 2024 gegenüber der Berliner Morgenpost, dass noch Genehmigungen ausstehen und Mittel bei der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verkehr und Klimaschutz beantragt werden müssen. Zudem seien Ausschreibungen und Vergaben für die Bau- und Markierungsleistungen noch in Vorbereitung.
Solche Verzögerungen sind dabei in Pankow kein Novum: Bereits frühere Projekte wie die Fahrradstraße in der Bizetstraße in Weißensee wurden durch ähnliche Probleme verlangsamt, oft bedingt durch Personalmangel in den Genehmigungsbehörden. Immerhin wurde die Bizetstraße Ende 2023 nach Plänen des landeseigenen Unternehmens infravelo schließlich doch noch fertiggestellt – und zeigt beispielhaft die Vorteile der vorher so umstrittenen Umgestaltung.
Was länge währt, wird schlussendlich gut: Gelungenes Umbauprojekt in der Bizetstraße
In der Bizetstraße befindet sich unter anderem eine Grundschule. Zur Verbesserung der Sicherheit von Radfahrenden und Fußgängern sowie der allgemeinen Aufenthaltsqualität wurde die Straße nach langem Hin und Her als Fahrradstraße ausgewiesen und baulich entsprechend verändert. Die Straße dient seitdem als ruhige Alternativroute zur parallel verlaufenden Berliner Allee. Im Rahmen des Projekts wurden außerdem Fahrradbügel und Abstellanlagen für Lastenräder eingerichtet.
Insgesamt 1,2 Kilometer lang ist die umgestaltete Bizetstraße. Aufgrund der Lage der Straße direkt an einer Grundschule hat die Verkehrsberuhigung mehr als Sinn gemacht und sollte daher auch Vorbild für andere, ähnlich charakterisierte Straßenzüge in Berlin-Pankow sein. Dass andere Bezirke beim Ausbau der Radinfrastruktur deutlich schneller agieren, ist unter anderem sehr gut in Mitte oder Tempelhof-Schöneberg zu beobachten, wo mehrere Projekte parallel umgesetzt werden. Vielleicht wurden ja im Bezirksamt Pankow gute Vorsätze für das Jahr 2025 formuliert, es wäre durchaus sinnvoll.
Quellen: Bezirksamt Pankow, Prenzlauer Berg Nachrichten, Berliner Woche, Changing Cities, Fahrradfreundliches Pankow, Berliner Morgenpost, infravelo
Die Poller in der Stargarder sind noch nicht installiert. Das wird wohl wetterbedingt erst im Frühjahr erfolgen…