Das Scheitern des Vorkaufsrechts für die Schönleinstraße 19 in Kreuzberg sorgt für Enttäuschung bei den Bewohnerinnen und Bewohnern. Der Berliner Senat verweigerte die nötigen Mittel, wodurch eine Luxussanierung und Verdrängung der Mietparteien drohen.

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Das Wohnhaus in der Schönleinstraße 19 in Kreuzberg steht sinnbildlich für die schwierige Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt. Seit der Übernahme des Hauses durch einen Investor droht den 17 Mietparteien nun die Verdrängung durch geplante Luxussanierungen. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hatte die Möglichkeit, das Gebäude mittels Vorkaufsrecht zu sichern, doch diese Option zerschlug sich, da der Berliner Senat die nötigen finanziellen Mittel nicht bereitstellte.

Nach Angaben der Initiative „Schöni19“ hätten die Bewohnerinnen und Bewohner gemeinsam mit einer städtischen Treuhandgesellschaft die Sanierungskosten von rund 311.000 Euro durch Mieterhöhungen und Direktdarlehen mitgetragen. Zusätzlich war ein Kaufpreis von 1,4 Millionen Euro angesetzt, der aus bezirklichen Rücklagen gedeckt werden sollte. Dennoch lehnte der Senat eine Freigabe der Gelder ab und verwies auf rechtliche sowie wirtschaftliche Bedenken.

Vorkaufsrecht: Ein Instrument verliert an Wirkung

Das Vorkaufsrecht ist ein zentrales Werkzeug im Berliner Milieuschutz. Es erlaubt Bezirken, Kaufverträge für Immobilien in sozialen Erhaltungsgebieten zu übernehmen, um die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen oder teure Sanierungen zu verhindern. Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2021 schränkt diese Möglichkeit jedoch stark ein. Seitdem können Bezirke nur noch Immobilien erwerben, die sich in einem schlechten baulichen Zustand befinden.

Im Fall der Schönleinstraße 19 war dies laut Bezirksstadtrat Florian Schmidt gegeben. Dennoch scheiterte die Ausübung des Vorkaufsrechts. Der Berliner Senat begründete seine Ablehnung damit, dass es nicht Aufgabe des Landes sei, heruntergekommene Gebäude zu erwerben und mit öffentlichen Geldern zu sanieren. Kritik an dieser Haltung kam nicht nur von den Betroffenen, sondern auch aus politischen Kreisen. Laut der Initiative „Schöni19“ führe diese Entscheidung das Instrument des Vorkaufsrechts ad absurdum.

Verdrängung und soziale Folgen: Anwohnende fühlen sich im Stich gelassen

Die Bewohnerinnen und Bewohner der Schönleinstraße fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Viele von ihnen engagierten sich aktiv, um den Erhalt ihres Wohnraums zu sichern. Sie boten finanzielle Eigenleistungen an und waren bereit, bei den Sanierungsarbeiten mitzuhelfen. Trotz dieser Bemühungen droht ihnen nun die Verdrängung. Laut der Initiative ist die Schönleinstraße 19 ein Beispiel für eine wachsende Zahl von Fällen, in denen Mieterinnen und Mieter durch Luxussanierungen ihre Wohnungen verlieren.

Die betroffenen Haushalte in der Schönleinstraße sind Teil eines sozialen Netzwerks im Graefekiez, das durch die Verdrängung gefährdet wird. Experten warnen, dass solche Entwicklungen die soziale Durchmischung Berlins weiter schwächen und innerstädtische Bezirke zunehmend zu Luxusquartieren werden könnten.

Kritische Stimmen und politische Reaktionen: Berliner Senat gerät unter Druck

Die Entscheidung des Senats stieß auf breite Kritik. Vertreter der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus bezeichneten den Senat als „Totengräber des Vorkaufsrechts“. Die Initiative „Schöni19“ äußerte sich enttäuscht und warnte vor den Folgen für den Berliner Wohnungsmarkt. Investoren könnten künftig noch ungestörter agieren, da sie kaum noch Eingriffe der öffentlichen Hand zu befürchten hätten.

Auch die Mietpolitik des Berliner Senats gerät zunehmend unter Druck. Befürworter des Vorkaufsrechts fordern eine Reform, um die gesetzlichen Hürden zu verringern. Bezirksvertreter betonten, dass bezahlbarer Wohnraum nur gesichert werden könne, wenn die öffentliche Hand aktiv eingreife und Mittel bereitstelle.

Quellen: Tagesspiegel, Berliner Zeitung, Initiative „Schöni19“, Grüne Friedrichshain-Kreuzberg, Berliner Mieterverein, Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg