In Friedrichshain-Kreuzberg wird der Verkehr auf vielen Nebenstraßen entschärft, um mehr Sicherheit und Lebensqualität zu schaffen. Mit Maßnahmen wie Pollern, Einbahnstraßen und Fußgängerzonen soll der Durchgangsverkehr eingedämmt und der Kiez aufgewertet werden. Doch nicht alle sind begeistert von der Veränderung – Kritik kommt vor allem von der CDU.
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In Friedrichshain-Kreuzberg wird der Verkehrsraum umgestaltet, um den Kiez für Anwohnende sicherer und lebenswerter zu machen. Das Konzept der flächendeckenden Verkehrsberuhigung umfasst eine Vielzahl an Maßnahmen, die den Verkehr in den Nebenstraßen einschränken sollen, um den Fußgänger- und Radverkehr zu fördern und den Durchgangsverkehr zu minimieren. Vor allem im sogenannten „Ostkreuz-Kiez“, einem der zentralen Gebiete im Bezirk, wird der Verkehr neu geregelt.
Verkehrsberuhigungskonzept gegen Lärmbelästigung und für mehr Sicherheit
Zwischen der Frankfurter Allee, Warschauer Straße, Revaler Straße und der Gürtelstraße ist der Verkehr durch Durchgangsverkehr, hohe Lärmbelastung und gefährliche Situationen für Rad- und Fußgänger besonders belastend. Das Bezirksamt hat deshalb ein umfassendes Verkehrsberuhigungskonzept entwickelt, das nun schrittweise umgesetzt wird.
Eine der zentralen Maßnahmen ist die Sperrung von Straßen für den Durchgangsverkehr. Ziel ist es, diese Nebenstraßen wieder für die Menschen zugänglich zu machen, für die sie ursprünglich gebaut wurden: Anwohnende, Handwerksbetriebe und die lokale Wirtschaft.
Über mehrere Jahre hinweg: Drei Phasen der Verkehrsberuhigung
Das Projekt ist in drei Phasen unterteilt, die sich über mehrere Jahre erstrecken werden. Die erste Phase der Verkehrsberuhigung konzentriert sich auf den Bereich zwischen der Frankfurter Allee und der Boxhagener Straße. Hier wurde bereits die Niederbarnimstraße für den Durchgangsverkehr gesperrt, und auch vor der Jane-Goodall-Grundschule entsteht eine neue Schulzone. Diese Maßnahmen sollen vor allem die Sicherheit von Fußgängerinnen und Fußgänger wie auch Radfahrenden erhöhen und verhindern, dass Autos die Nebenstraßen als Abkürzungen nutzen. In dieser Phase sind auch Einbahnstraßenregelungen in der Jessnerstraße geplant. Für die Einrichtung von Fußgängerzonen am Traveplatz sowie in anderen Bereichen gibt es jedoch noch keinen festen Zeitplan.
Seit Anfang des Jahres wird nun auch die zweite Phase umgesetzt, die sich auf den Bereich zwischen Boxhagener Straße und Wühlischstraße konzentriert. Hier sollen unter anderem weitere Einbahnstraßen eingerichtet und die Gärtnerstraße teilweise zur Fahrradstraße umgewandelt werden. Die Simon-Dach-Straße wird ebenfalls in eine Einbahnstraße umgewandelt, um den Verkehr zu beruhigen und die Sicherheit zu erhöhen. Auch hier sind Maßnahmen geplant, die den Verkehr für Anwohnende und Gewerbetreibende weiterhin ermöglichen, aber den Durchgangsverkehr weitestgehend eliminieren.
Die dritte Phase umfasst das Gebiet südlich der Wühlischstraße bis hin zur Revaler Straße. In diesem Bereich wird die Modersohnstraße zur Fahrradstraße, und die Niemannstraße soll zur Fußgängerzone werden. Diese Maßnahmen sind besonders wichtig, um die Verlagerung des Verkehrs von anderen Straßen zu verhindern und mehr Platz für Fußgänger und Radfahrende zu schaffen. Im südlichen Teil des Kiezes sollen auch mehr Grünflächen entstehen, die den öffentlichen Raum aufwerten und die Aufenthaltsqualität erhöhen.
Trotz positiver Auswirkungen: CDU befürchtet „absolutes Chaos“ durch Verkehrsberuhigung
Trotz der positiven Auswirkungen auf den Fußgänger- und Radverkehr gibt es auch Widerstand gegen die Maßnahmen. Die CDU befürchtet, dass die Verkehrsbeschränkungen zu einem „absoluten Chaos“ führen und die lokale Wirtschaft sowie die Erreichbarkeit von Einrichtungen erschwert werden.
Besonders ältere Menschen, die auf das Auto angewiesen sind, könnten von den Änderungen betroffen sein. Doch das Grüne Bezirksamt sieht in den Veränderungen vor allem Vorteile: Weniger Autos bedeuten weniger Lärm, weniger Abgase und sicherere Straßen, vor allem für Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen.
Planungsprozess: Beteiligung der Anwohnenden & Evaluierung der Maßnahmen
Im Vorfeld der Umsetzung wurden Anwohnende aktiv in den Planungsprozess eingebunden. Über Beteiligungsformate konnten die Bewohnerinnen und Bewohner ihre Meinungen äußern und Vorschläge einbringen. Diese wurden ausgewertet und in die finale Planung integriert.
Die breite Zustimmung der Anwohnenden zeigte sich in der hohen Beteiligung und den positiven Rückmeldungen, die viele Maßnahmen unterstützten. Auch zukünftig sollen die Maßnahmen regelmäßig überprüft und angepasst werden. So sind bereits Verkehrserhebungen geplant, um die Auswirkungen der Änderungen auf den Verkehr zu evaluieren und mögliche Verbesserungen vorzunehmen.
Verkehrsberuhigung auch in weiteren Kiezen: Prioritäten für eine gerechte Umsetzung
Neben den bereits geplanten Maßnahmen in der Umgebung des Ostkreuz-Kiezes sollen auch andere Kieze in Friedrichshain-Kreuzberg von der Verkehrsberuhigung profitieren. Weitere Ziele sind beispielsweise die Südliche Friedrichstadt, und die Nördliche Luisenstadt, in denen die Planungen nach und nach weiterbearbeitet werden. Auch für den Bergmannkiez gibt es Ideen zur Umgestaltung: So wird die Bergmannstraße als mögliche Fußgängerzone diskutiert.
Aufgrund von Personalmangel im Bezirksamt werden jedoch nicht alle Maßnahmen gleichzeitig umgesetzt. Um eine gerechte und wirksame Umsetzung zu gewährleisten, wird ein Priorisierungsprozess angewendet: Zunächst wird dort gehandelt, wo die Umweltbelastungen am höchsten sind, die Einwohner-Dichte besonders groß ist und viele Grundschulen liegen.
Ein konkreter Plan für die weiteren Gebiete wird durch ein Wettbewerbsverfahren zur Freiraumplanung entwickelt, wobei der Zeitrahmen hierfür noch offen ist.
Projekt „Xhain beruhigt sich“: Verkehrsberuhigung für mehr Lebensqualität
Insgesamt verfolgt das Projekt „Xhain beruhigt sich“ nicht nur das Ziel, den Verkehr sicherer zu machen, sondern auch die Lebensqualität im Bezirk zu steigern. Mehr Grünflächen, weniger Lärm und ein entspannterer Verkehr sollen dazu beitragen, dass sich die Menschen in ihren Kiezen wieder sicherer und wohler fühlen.
Gleichzeitig will man durch die Umgestaltung auch einen Beitrag zum Klimaschutz und zur besseren Luftqualität leisten, indem mehr Platz für Fußgängerinnen und Fußgänger sowie Radfahrende geschaffen wird.
Quellen: Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, Tagesspiegel, Xhain beruhigt sich, Ostkreuz KIEZ FÜR ALLE
Denken die „Verkehr(t)splaner auch mal daran, daß sich der ausgesperrte Kiezverkehr dann auf den wenigen Durchgangsstraßen verteilt, wo auch Menschen leben ? Die dürfen sich dann über den zusätzlichen Verkehr „freuen“, während andere dann etwas ruhiger wohnen. Verkehrsberuhigung, ja, Verkehrssperrungen, nein….
Und das schreibt einer, der zumeist per Rad oder ÖPNV durch die Stadt fährt.
Sehr einseitiger Beitrag. Gibt’s eigentlich noch Einzelhandel im Bergmannkiez?
Gerade kamen neue Zahlen zum Autoverkehr in Berlin raus: „Besonders deutlich wird der Rückgang des Autoverkehrs auf den am stärksten belasteten Stadtstraßen. Während 2019 noch zehn Strecken mehr als 60.000 Kraftfahrzeuge pro Werktag verzeichneten, sind es heute nur noch vier. In den letzten vier Jahren ist der Kfz-Verkehr auf den zehn meistbefahrenen Straßen um 9,6 Prozent gesunken.“ Es ist ein Mythos, dass der Autoverkehr in den umliegenden Straßen stark ansteigt – vielmehr nimmt der Autoverkehr durch solche Beschränkungen grundsätzlich ab.
Und der Bergmannkiez erscheint mir immer noch sehr lebendig, warum die Nachfrage;)?