Im Weddinger Mettmannkiez sollen über 140 Wohnungen, Ateliers und ein Kindergarten dem Expansionskurs der Bayer AG weichen. Während die Mieter um den Erhalt ihres Zuhauses kämpfen, hält der Pharmakonzern an seinen Expansionsplänen fest. Anstelle der Mietshäuser plant Bayer eine Werksfeuerwehr und ein fünfstöckiges Produktionsgebäude. Der Bau soll bis 2029 abgeschlossen sein.

Die Bayer AG setzt auf Expansion – und stößt damit in Berlin-Wedding auf erbitterten Widerstand. Während Mieter mit Kündigungen kämpfen, wächst die Angst vor einem Abriss-Marathon im gesamten Kiez. / © Foto: IMAGO / Jürgen Ritter

© Fotos: IMAGO / Jürgen Ritter

 

Die Botschaft am Mittwochabend war unmissverständlich: Der Pharmakonzern Bayer AG hält an seinen Plänen fest und lässt mehrere bewohnte Mietshäuser in der Tegeler Straße in Berlin-Wedding abreißen. Die betroffenen Mieterinnen und Mieter im Mettmannkiez sind darüber entsetzt und wehren sich gegen die Kündigungen. Doch bis Ende Oktober 2025 sollen sie, Stand jetzt, ihre Wohnungen verlassen.

Die Bayer AG stellte sich deshalb am Mittwoch im Stadtentwicklungsausschuss der BVV Mitte den Fragen und sagte den Mieterinnen und Mietern Unterstützung zu. Die Verwertungskündigungen für die Häuser Tegeler Straße 6 und 7 trafen die Bewohner Anfang Januar – nur wenige Wochen, nachdem sie kurz vor Weihnachten bereits eine Mieterhöhung erhalten hatten, wie die Berliner Morgenpost berichtet.

Mettmannkiez im Wedding: Bayer AG will mehrere Wohnhäuser abreißen lassen

In einem Schreiben der Mieterinnen und Mieter, welches der ENTWICKLUNGSSTADT-Redaktion übermittelt wurde, heißt es wie folgt: „Überraschend hat uns Mieter im Mettmann-Kiez, Tegeler Straße 6 und 7, in Berlin-Mitte Ende vergangener Woche eine Verwertungskündigung von unserer Vermieterin, die Bayer AG, erreicht. Unser historisches, sehr gut saniertes Wohnhaus aus dem 19. Jahrhundert soll zeitnah abgerissen werden.

Insgesamt sollen in der Tegeler Straße sowie in der Fennstraße rund 140 Wohnungen, mehrere Ateliers, Werkstätten und ein Kindergarten verschwinden. Seit mehreren Jahren kämpfen verschiedene Nachbarschaftsinitiativen gegen die Pläne. Nach eigenen Angaben entstanden die Initiativen von Betroffenen und Anwohnern nicht nur, um die Zerstörung billigen Wohnraums und die Vertreibung von Bewohnern zu verhindern.

Berlin-Mitte: Mieterinitiativen kämpfen um den Erhalt ihrer Wohnhäuser

Die Initiativen wollen vielmehr, dass der aus ihrer Sicht wertvolle Wohnraum geschützt wird und die Mieter in ihren Häusern bleiben können. Denn Interessengruppen befürchten, dass sich im Mettmannkiez bald ein regelrechter Abriss-Marathon entwickeln könnte.

Ein früherer Abriss eines angrenzenden Nebengebäudes, einer sogenannten „Remise“, beschädigte im April 2022 Kabel zu benachbarten Wohngebäuden und verursachte mehrere Monate Stromausfälle. Außerdem wurde die Hauptgasleitung abgestellt, restliche Bewohner waren lange ohne Heizung und Warmwasser.

Die Bayer AG plant den Bau einer Werksfeuerwehr sowie eines neuen Produktionsgebäudes

Die Mieterinnen und Mieter der Wohnhäuser an der Tegeler Straße haben nun aber sehr viel dringendere Sorgen. Die Bezirksverwaltung beschäftigt sich zwar seit Jahren mit der geplanten Expansion der Bayer AG, doch auf die Kündigungen waren die betroffenen Mieter nicht vorbereitet. Viele verfolgten am Mittwoch die Ausschusssitzung und forderten mehr Zeit.

Bayer plant hingegen, das an der Fennstraße gelegene Supply Center zu erweitern. Auf dem Gelände der heutigen Mietshäuser sollen eine zweigeschossige Werksfeuerwehr sowie ein fünfstöckiges Produktionsgebäude mit 11.700 Quadratmetern Nutzfläche entstehen. Der Baubeginn ist für 2027 geplant, die Fertigstellung für 2029.

Gebiet ist als Gewerbegebiet ausgewiesen: Bayer darf die Wohnhäuser abreißen

Die Standortleiterin betonte, dass Bayer die Mieter nicht allein lassen wolle. Eine Mieterberatung unterstütze bereits bei der Wohnungssuche, der Beschaffung von Bewerbungsunterlagen sowie bei Renovierungen und Umzügen. Kritik gab es an den Abfindungsangeboten, die umso höher ausfallen, je schneller die Mieter ausziehen.

Ein von der Linksfraktion beauftragtes Gutachten stufte die Wohnungen als schutzwürdig ein. Das Bezirksamt stellte jedoch klar, dass das Gebiet als Gewerbegebiet ausgewiesen ist und die Häuser lediglich Bestandsschutz genießen. Die Bayer AG darf die Gebäude daher jederzeit abreißen. Es sieht aktuell nicht danach aus, als würden sich die Pläne der des Pharmakonzerns noch einmal ändern.

 

Quellen: Berliner Morgenpost, Der Tagesspiegel, Berliner Zeitung, Weddingweiser, Berliner Woche, Bayer AG

Tags (Schlagwörter) zu diesem Beitrag

2 Comments

  1. anda tirpitz 4. Februar 2025 at 10:37 - Reply

    Jetzt könnte man sagen, um die abgestuckten Zähne ist es nun auch nicht mehr schade. Aber so seine Gegend zwangsweise verlassen zu müssen, auch wenn sie mega-potthäßlich für Dritte rüberkommt, ist auch nicht gerade prickelnd…Hätte Bayer nicht auf der gegenüber liegenden Seite am Uferpark entlang was machen können?… Wie auch immer, ich will die Deckenbalken! Unbezahlbar das Zeugs heutzutage…

  2. Böhme 4. Februar 2025 at 15:48 - Reply

    Auf beiden Seiten muss man eine gewisse Sturheit feststellen. Der Abriss der Wohnhäuser ist seit Jahren bekannt, da hätte der eine oder andere in der Zwischenzeit sich anderen Wohnraum suchen können. Aber die Bewohner repräsentieren mal wieder den deutschen NIMBY. Es muss klar sein, dass Bayer seinen Standort vernünftig erweitern können muss, das ist im Interesse aller, es hält den Standort, er schafft Arbeitsplätze, die Steuern zahlen usw.

    Andererseits hätte Bayer ja sich auch in der Zwischenzeit Gedanken um alternativen Wohnraum machen und den Mietern schon lange bei der Suche nach alternativem Wohnraum helfen können. Das würde auch dem Ruf des Konzerns dienen!

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.