Eine neue Studie des cep zeigt, dass Flussvertiefungen an Elbe und Weser nicht den erhofften wirtschaftlichen Mehrwert bringen. Gleichzeitig verursachen sie erhebliche ökologische Schäden. Umweltverbände fordern daher eine Neuausrichtung der Hafenpolitik und eine verstärkte Kooperation der deutschen Nordseehäfen.
© Fotos: Wikimedia Commons, Dietmar Rabich, CC BY-SA 4.0
Die Umweltverbände WWF, NABU und BUND haben beim unabhängigen Thinktank Centrum für Europäische Politik (cep) eine Studie in Auftrag gegeben, um die wirtschaftliche Bilanz von Flussvertiefungen zu untersuchen. Das Ergebnis ist eindeutig: Die Maßnahmen verursachen hohe Kosten, bieten jedoch nur einen begrenzten wirtschaftlichen Mehrwert. Besonders an der Elbe entstehen jährlich dreistellige Millionenbeträge für Instandhaltung und Baggerarbeiten, die nach Ansicht der Umweltverbände kaum zu rechtfertigen sind.
Hinzu kommt, dass viele Containerschiffe den zusätzlichen Tiefgang nicht ausnutzen. Oft entladen sie bereits in anderen Häfen einen Teil ihrer Fracht, bevor sie Hamburg oder Bremerhaven anlaufen. Dadurch entstehen Kosten für eine Wasserstraße, die in der Praxis nur eingeschränkt genutzt wird. Gleichzeitig verursacht die ständige Vertiefung der Fahrrinne erhebliche ökologische Schäden, die langfristige Folgen für die Gewässer und angrenzende Ökosysteme haben.
Studie warnt: Flussvertiefungen in Hamburg langfristig nicht tragfähig
Neben den hohen Kosten und Umweltfolgen stehen die deutschen Häfen vor weiteren Herausforderungen. Die Studie weist darauf hin, dass sich der internationale Handel derzeit grundlegend verändert. Die Fragmentierung globaler Lieferketten, protektionistische Maßnahmen in den USA und geopolitische Unsicherheiten setzen die bisherigen Geschäftsmodelle unter Druck.
Besonders Hamburg und Bremerhaven haben in den vergangenen Jahren Marktanteile verloren. Trotz des verstärkten Anlaufens durch große Containerschiffe blieb das Umschlagvolumen hinter den Erwartungen zurück. Auch Prognosen für zukünftiges Wachstum wurden nach unten korrigiert. Die Studie warnt, dass sich eine Strategie, die allein auf weitere Flussvertiefungen und Wachstum im Containerumschlag setzt, langfristig als nicht tragfähig erweisen könnte.
Umweltverbände fordern Neuausrichtung der deutschen Hafenpolitik
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen fordern die Umweltverbände eine Neuausrichtung der deutschen Hafenpolitik. Statt in kostspielige und umweltschädliche Flussvertiefungen zu investieren, sollten die Mittel gezielt für die nachhaltige Transformation der Hafenstandorte eingesetzt werden. Dazu gehören unter anderem digitale Innovationen, die Förderung erneuerbarer Energien und eine bessere Vernetzung der deutschen Nordseehäfen.
Ein zentrales Anliegen der Verbände ist die verstärkte Kooperation zwischen den großen Containerhäfen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven. Eine strategische Zusammenarbeit könnte Spezialisierungsvorteile schaffen und die Wettbewerbsfähigkeit langfristig sichern. Durch eine optimierte Verteilung von Warenströmen ließen sich zudem Kosten senken und Umweltbelastungen reduzieren.
Ökologische Risiken und steigende Instandhaltungskosten durch Flussvertiefungen
Neben den wirtschaftlichen Argumenten weist die Studie auch auf erhebliche ökologische Risiken hin. Fahrrinnenvertiefungen beeinflussen natürliche Strömungen, führen zu stärkeren Verlandungsprozessen und können langfristige Schäden an sensiblen Ökosystemen verursachen.
Die Umweltverbände betonen, dass es keinen nachweisbaren Klimanutzen aus möglichen Verkehrsverlagerungen durch Flussvertiefungen gibt. Vielmehr führen diese Maßnahmen zu steigenden Instandhaltungskosten, während sich der tatsächliche Nutzen immer weiter verringert. Eine nachhaltige Lösung könne nur in der gezielten Weiterentwicklung der Hafeninfrastruktur liegen, anstatt an einem veralteten Wachstumsmodell festzuhalten.
„Twin Transition“ aus Dekarbonisierung und Digitalisierung: Zukunftsperspektiven für deutsche Häfen
Die einzige langfristige Antwort auf die aktuellen Herausforderungen besteht laut Studie in der Erschließung neuer Wertschöpfungspotenziale. Die sogenannte „Twin Transition“ aus Dekarbonisierung und Digitalisierung biete den Seehäfen die Möglichkeit, sich zu wichtigen Knotenpunkten für erneuerbare Energien und nachhaltige Produktion zu entwickeln.
Die Umweltverbände fordern, dass bestehende Kooperationspotenziale besser genutzt und gezielt in die grüne Transformation der Häfen investiert wird. Nur so könnten die deutschen Hafenstandorte langfristig konkurrenzfähig bleiben und gleichzeitig einen positiven Beitrag zum Umweltschutz leisten.
Quellen: NABU, Centrum für Europäische Politik