Das ehemalige Sport- und Erholungszentrum (SEZ) in Friedrichshain steht vor dem endgültigen Abriss. Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM) sieht keine Sanierungsmöglichkeiten – Initiativen fordern weiterhin den Erhalt.
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Die Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM) hat entschieden: Eine Sanierung des ehemaligen Sport- und Erholungszentrums (SEZ) in Friedrichshain sei keine Option. „Man kann nur abreißen“, hatte WBM-Geschäftsführer Lars Dormeyer gegenüber dem RBB geäußert.
Das Gebäude sei in einem desolaten Zustand, stark vermüllt und durch jahrelangen Verfall geprägt. Zur Veranschaulichung habe er Fotos gezeigt, die unter anderem Wasserlachen in den Räumen, herabhängende Kabel und Anzeichen von illegaler Nutzung dokumentieren.
Abriss als alternativlose Lösung? Initiativen widersprechen dieser Einschätzung
Dormeyer habe dabei die Forderungen nach einer Sanierung als unrealistisch bezeichnet. Kritikerinnen und Kritiker wie Carl Waßmuth von der Initiative „Gemeingut in BürgerInnenhand“ widersprechen: Es habe bereits viele Gebäude gegeben, die in einem schlechteren Zustand waren und dennoch saniert wurden.
Auch Carsten Joost von der Initiative „SEZ für Alle“ hält den Abriss für unnötig. Laut ihm seien bestimmte Bereiche des SEZ weiterhin in gutem Zustand und könnten für Sport- und Freizeitangebote genutzt werden.
Dringender Bedarf an Wohnraum: WBM möchte über 500 Wohnungen schaffen
Die WBM begründet den Abriss mit dem dringenden Bedarf an Wohnraum. Geplant seien 500 bis 600 Wohnungen, davon 50 Prozent Sozialwohnungen, sowie Gewerbeflächen und eine Schule. Der WBM-Geschäftsführer betonte, dass das SEZ nicht mehr als Schwimmbad oder Freizeitzentrum gebraucht werde, da sich das Velodrom in unmittelbarer Nähe befinde.
Die geplante Quartiersentwicklung solle Wohnraum schaffen und das Gebiet neu beleben. Kritiker hingegen argumentieren, dass Friedrichshain bereits stark verdichtet sei und dringend Orte für Freizeit und Sport benötige.
Das SEZ in Friedrichshain: Vergangene Nutzung und rechtliche Auseinandersetzungen
Das SEZ wurde 1981 als Freizeitzentrum der DDR eröffnet und war über Jahre hinweg ein wichtiger Anlaufpunkt für Sport und Erholung. Nach der Wiedervereinigung begann jedoch der Niedergang: Privatisierung, Investitionsstau und Rechtsstreitigkeiten bestimmten die letzten Jahrzehnte.
Im Oktober 2024 hatte die Berliner Immobilienmanagement Gesellschaft (BIM) das Gebäude nach langen juristischen Auseinandersetzungen übernommen. Kurz darauf tauschte die WBM die Schlösser aus und beendete Zwischennutzungen, darunter Sportkurse und kulturelle Veranstaltungen. Mietparteien klagten gegen die Räumung. Die Linke und Initiativen wie „SEZ für Alle“ forderten ein fünfjähriges Moratorium, um die Möglichkeiten für eine Sanierung auszuloten. Die SPD Friedrichshain-Kreuzberg hatte daraufhin einen Kompromiss vorgeschlagen: einen schnellen Baustart für Wohnungsbau, aber den Erhalt von Teilen der historischen Fassade. Mit der jüngsten Entscheidung der WBM scheinen diese Pläne nun jedoch obsolet.
Bevorstehende Machbarkeitsstudie wird voraussichtlich im zweiten Quartal beauftragt
Während Berlin dringend Wohnraum benötigt, fordern viele eine nachhaltige Stadtentwicklung, die auch Freizeitangebote berücksichtigt. Die bevorstehende Machbarkeitsstudie soll prüfen, ob mehr Wohnungen möglich sind, welche Schadstoffe im Gebäude vorhanden sind und ob Materialien wiederverwendet werden können.
Doch eins ist laut WBM nun klar: Der Erhalt des SEZ-Gebäudes werde dabei keine Rolle spielen. Inwieweit die Initiativen und Kritiker den Beschluss akzeptieren werden, oder ob die Debatte weiter an Schärfe gewinnt, bleibt abzuwarten.
Quellen: RBB, Berliner Morgenpost, SEZ für alle!