Begleitend zur Eröffnung des umstrittenen XXL-Einkaufszentrums in Hamburg plant die Gewerkschaft IG BAU eine Protestkundgebung. Im Zentrum stehen die Arbeitsbedingungen auf der Großbaustelle und der tödliche Unfall im Jahr 2023.

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Am morgigen Dienstag, den 8.4., soll das Westfield Hamburg-Überseequartier in der HafenCity nach langjähriger Bauzeit offiziell eröffnet werden. Die Fertigstellung des Großprojekts ist für die Stadt ein städtebaulicher Meilenstein – doch nicht alle sehen Anlass zur Freude. Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hat eine Protestaktion angekündigt, mit der sie auf Missstände während der Bauphase aufmerksam machen will.

Die Kundgebung unter dem Motto „Ihre Mall – unser Grab“ ist für den Tag der Eröffnung direkt vor dem Eingang des Einkaufszentrums geplant. Neben kritischen Redebeiträgen soll die Aktion auch dem Gedenken an die fünf Bauarbeiter dienen, die im Oktober 2023 beim Einsturz eines Gerüsts ums Leben kamen. Die Gewerkschaft spricht von einer „Shopping-Mall mit dunklem Schatten“.

Hamburg-Überseequartier: Ein Einkaufszentrum mit schwieriger Vorgeschichte

Das Westfield Hamburg-Überseequartier zählt zu den umstrittensten Bauvorhaben der letzten Jahre. Immer wieder war es in Zusammenhang mit Bauverzögerungen, technischen Pannen und mangelhafter Organisation in die Kritik geraten. Der nun vollzogene Abschluss des Projekts steht daher nicht nur für städtebaulichen Fortschritt, sondern auch für eine Reihe ungelöster Fragen, die durch die geplante Protestaktion erneut ins öffentliche Bewusstsein gerückt werden sollen.

Bereits im Februar hatten wir über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten rund um das Überseequartier berichtet. Der französische Projektentwickler URW hatte infolge explodierender Baukosten angekündigt, mehrere Shoppingcenter in Deutschland zu verkaufen.

Tödlicher Unfall wirft Schlaglicht auf Arbeitsschutz

Der folgenschwere Unfall auf der Baustelle hatte weit über Hamburg hinaus für Schlagzeilen gesorgt. Die Verunglückten waren Bauarbeiter aus Albanien, deren Tod laut IG BAU beispielhaft für strukturelle Probleme im Bereich des Arbeitsschutzes auf Großbaustellen stehe. Die Gewerkschaft kritisiert insbesondere, dass es an grundlegender Sicherheitsausstattung und wirksamen Kontrollmechanismen gefehlt habe.

Seit dem Unfall wurden laut Medienberichten interne Abläufe überprüft und sicherheitsrelevante Maßnahmen nachjustiert. Eine öffentliche Stellungnahme zu den Vorwürfen blieb von Seiten des Projektentwicklers URW jedoch weitgehend aus. Der IG BAU-Sprecher Ilja Clemens Melzer äußerte in diesem Zusammenhang Unverständnis über die Diskrepanz zwischen öffentlicher Inszenierung und realen Arbeitsbedingungen. Während zur Eröffnung Politikerinnen und Politiker sowie Investoren das Projekt feiern wollten, gelte es, auch die Schattenseiten sichtbar zu machen. Es sei höchste Zeit, so Melzer, die Debatte über Arbeitsstandards auf Baustellen neu zu führen.

Protest richtet sich auch an Ehrengäste der Eröffnung

Die Protestaktion soll sich explizit auch an die Ehrengäste richten, die zur Eröffnung der Shopping-Mall erwartet werden. Ziel sei es, den festlichen Rahmen zu durchbrechen und eine Diskussion über soziale Verantwortung im Bauwesen anzustoßen. Die IG BAU betont, dass es nicht um eine pauschale Ablehnung des Projekts gehe, sondern um die Würdigung der Risiken, denen viele Arbeiter während der Bauzeit ausgesetzt waren.

Melzer hob hervor, dass insbesondere ausländische Beschäftigte wie die albanischen Gastarbeiter oftmals unter prekären Bedingungen arbeiten müssten – teils ohne ausreichende soziale Absicherung. In diesem Zusammenhang fordert die Gewerkschaft verbindliche Standards und bessere Kontrollen durch die zuständigen Behörden.

Quellen: Hamburger Abendblatt