Berlin musste sich nach der Wiedervereinigung 1990 zahlreichen Herausforderungen stellen. Neben dem Wiederaufbau und der Integration zweier gänzlich unterschiedlicher politischer Systeme stand die Frage im Raum, wie die Verwaltung der Stadt effizienter gestaltet werden könnte. Die Antwort war die Bezirksreform von 2001, die die Zahl der Berliner Bezirke von 23 auf 12 reduzierte.

2001 begann Klaus Wowereits Laufbahn als Regierender Bürgermeister von Berlin. Der SPD-Politiker kam ins Amt und musste prompt eine komplexe Bezirksreform umsetzen. / © Foto: IMAGO / Sven Lambert

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Text: Stephanie Engler

 

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands und Berlins im Jahr 1990 blieben die Bezirke zunächst unverändert. Ost- und West-Berlin bestanden weiterhin aus insgesamt 23 Bezirken, die sich stark in ihrer Größe, Bevölkerungsdichte und Verwaltungsstruktur unterschieden. Diese alten Bezirke, teils noch aus der Zeit des Groß-Berlin-Gesetzes von 1920, wiesen erhebliche Ungleichheiten auf. Während einige Bezirke dicht besiedelt und gut ausgestattet waren, litten andere unter wirtschaftlichen und sozialen Problemen.

Trotz der Wiedervereinigung blieb die Struktur der Bezirke zunächst unberührt, doch im Hintergrund begann eine intensive Diskussion über eine Reform. Ziel war es, die Verwaltung der Stadt effizienter zu gestalten, Kosten zu senken und die Bürgernähe zu verbessern. Diese Diskussionen nahmen zunehmend Fahrt auf und führten letztlich zur Bezirksreform von 2001.

Das Gebietsreformgesetz von 1998: Der Weg zur großen Veränderung

Der entscheidende Schritt zur Bezirksreform wurde mit dem Gebietsreformgesetz am 10. Juni 1998 gemacht. Dieses Gesetz, noch vor dem Regierungswechsel in Berlin 2001 beschlossen, setzte den Rahmen für eine tiefgreifende Umstrukturierung der Berliner Verwaltung. Im Kern ging es darum, die Anzahl der Bezirke zu reduzieren, um die Effizienz der Verwaltung zu steigern und gleichzeitig Einsparungen zu erzielen. Es war die größte Reform in Berlin seit der Gründung von Groß-Berlin im Jahr 1920.

Im Rahmen des Gebietsreformgesetzes wurden die 23 Bezirke der Stadt durch eine Verordnung neu geordnet. Zwanzig Bezirke wurden zusammengelegt und bilden seit dem 1. Januar 2001 neun Großbezirke. Die bevölkerungsstärksten Bezirke Neukölln, Reinickendorf und Spandau blieben dabei unverändert.

Neuordnung der Berliner Bezirke: Von 23 auf 12 Großbezirke

Entstanden sind zwei „Dreierbezirke“ und sieben „Zweierbezirke“. So vereinten sich die früheren Bezirke Mitte, Tiergarten und Wedding zum neuen Bezirk Mitte, während Pankow, Prenzlauer Berg und Weißensee den umstrittenen Bezirk Pankow formten. Diese Neuordnung betraf mehr als 3,3 Millionen Berliner und eine Stadtfläche von fast 90.000 Hektar.

Die Entscheidung über die Bezirksreform wurde im Berliner Abgeordnetenhaus kontrovers diskutiert und fiel denkbar knapp aus. Von den 206 Abgeordneten stimmten 140 für die Reform, was genau der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit entsprach. Dieser knappe Ausgang spiegelte die intensiven Auseinandersetzungen wider, die sowohl in der Politik als auch in der Öffentlichkeit geführt wurden.

Umsetzung der Bezirksreform in Berlin: Fusionen und Herausforderungen

Die Umsetzung der Reform erfolgte schrittweise. Nach den Wahlen im Oktober 1999 wurden die Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) noch in den alten Bezirksgrenzen gewählt, jedoch bereits auf die zukünftigen Großbezirke vorbereitet. Die endgültige Fusion der Bezirke trat dann am 1. Januar 2001 in Kraft, nachdem die Bezirksämter gewählt worden waren. Diese neuen Bezirksämter bestanden fortan aus jeweils sechs Stadträten anstelle der bisherigen vier und übernahmen die Verwaltung der fusionierten Bezirke.

Die Reform hatte nicht nur organisatorische Auswirkungen, sondern führte auch zu emotionalen Debatten über die Identität der neuen Bezirke. Besonders kontrovers war die Namensgebung der neuen Großbezirke. So entbrannte im neu formierten Bezirk Pankow-Prenzlauer Berg-Weißensee ein heftiger Streit um den Namen. Viele Bewohner des Prenzlauer Bergs lehnten den Namen „Pankow“ ab, da sie sich als „Prenzlberger“ nicht in dem neuen Großbezirk wiederfanden. Die Diskussion führte sogar zu einer vorübergehenden Namensänderung durch die Bezirksverordnetenversammlung, bevor „Pankow“ schließlich doch als offizieller Name beibehalten wurde. Ähnliche Diskussionen gab es auch in anderen neu gebildeten Bezirken, jedoch oft weniger emotional.

Einsparungen und Ziele: Die Bilanz der Reform von 2001

Die Hauptargumente für die Bezirksreform von 2001 waren die Verbesserung der Verwaltungseffizienz und die Einsparung von Kosten. Es wurde erwartet, dass die Reduktion der Bezirksbürgermeister von 23 auf 12 jährlich 1,7 Millionen Mark einsparen würde. Auch die Reduzierung der Zahl der Stadträte und Bezirksverordneten sollte zu erheblichen Kosteneinsparungen führen. Insgesamt erhoffte sich der Berliner Senat Einsparungen von 200 Millionen Mark und eine Reduzierung von 3.000 Stellen im öffentlichen Dienst.

Doch die Erwartungen wurden nicht vollständig erfüllt. Kritiker wiesen darauf hin, dass die Umstrukturierung hohe Anfangskosten verursachte, da neue Technik angeschafft und Außenstellen der Ämter geschaffen werden mussten, um die Bürgernähe zu gewährleisten. Zudem führte die Personalreduktion in einigen Bereichen zu Engpässen, etwa in den Meldestellen, was zu langen Wartezeiten für die Bürger führte.

Kritik an der Berliner Bezirksreform: Kosten und Engpässe

In den ersten Jahren nach der Reform waren die Einsparungen geringer als erwartet, und die Umstrukturierungskosten belasteten den Haushalt zusätzlich. Die größten Herausforderungen entstanden durch die Neuorganisation der Bezirksverwaltungen und die Anpassung der internen Prozesse.

Trotz der anfänglichen Schwierigkeiten hat die Bezirksreform das „innere Gesicht“ Berlins nachhaltig verändert. Heute sind die 12 Großbezirke fest in der Struktur der Stadt verankert, auch wenn einige öffentliche Einrichtungen und Verkehrsschilder noch an die alten Bezirke erinnern.

Langfristige Auswirkungen: Berlins heutiges Verwaltungsbild

Die Reform führte zu einer Neuordnung der Verwaltungsabläufe und einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen den Bezirken und dem Senat. Einige der neuen Bezirke entwickelten sich zu administrativen Zentren und übernehmen heute wichtige Funktionen in der Stadt. So ist der Bezirk Mitte heute das politische und wirtschaftliche Herz der Stadt, während sich andere Bezirke wie Friedrichshain-Kreuzberg seit der Reform stark verändert haben.

Die Frage nach der Effizienz der Verwaltung bleibt jedoch aktuell und prägt auch die Diskussionen über mögliche zukünftige Verwaltungsreformen in Berlin. Die Reform von 2001 war ein mutiger Schritt, der die Modernisierung der Stadtverwaltung zum Ziel hatte. Kritiker bemängeln, dass im Zuge der Reform den Bezirken zu viel Macht zugesprochen wurde, wodurch heute viele Prozesse verlangsamt und ineffizient sind.

Eine Tatsache, die der heutige Bürgermeister Kai Wegner im Zuge der angestrebten Verwaltungsreform korrigieren möchte. Wie schon im Jahr 2001 wird auch dies ganz sicher keine leichte Aufgabe werden.

 

Quellen: Berliner Zeitung, Wikipedia, RBB, berlinergeschichte.de