Finanzminister Christian Lindner thematisiert beim VBKI die Notwendigkeit einer Reform der Rahmenbedingungen für Start-ups. Seine klare Botschaft: Weniger Staatsverschuldung, mehr Innovationsgeist. Die Berliner CDU kam bei Lindner nicht besonders gut weg.
© Foto Titelbild: IMAGO / Sven Simon
Text: Björn Leffler
Am Donnerstagmorgen lud der Verband Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) zu einem Frühstück mit dem Finanzminister und FDP-Vorsitzenden Christian Lindner ein. Mit 15-minütiger Verspätung ergriff Lindner ohne große Vorrede das Mikrofon und schilderte den über 100 anwesenden Unternehmern, wo aktuell seine Herausforderungen liegen.
In seinem Impulsvortrag sprach Lindner über die WIN-Initiative. Dabei ging es um Venture Capital, also die Wagnisbeteiligung an Unternehmensgründungen wie Start-ups, wofür Wachstums- und Innovationskapital benötigt wird. Deutschland brauche dringend mehr Gründergeist, so Lindner.
Christian Lindner: Rahmenbedingungen für Start-ups verbessern
Um das zu erreichen, müsse Deutschland die Rahmenbedingungen ändern. Dazu gehöre die gezielte Förderung von Start-ups und innovativen Unternehmen, die das Land wieder zu einem Wachstumsmotor machen könnten. “Talente, Ideen und Kapital müssen zusammengebracht werden. Ohne die Anpassung der dafür erforderlichen Rahmenbedingungen wird Deutschland im globalen Wettbewerb nicht mithalten können“, sagte Lindner. Nur so könne eine neue Gründerwelle gestartet werden.
Lindner stellte klar, dass er kein Freund unkontrollierter Staatsverschuldung ist. Um die Investitionsprobleme durch fehlendes Venture Capital zu verstehen, habe er sich mit Kapitalgebern abgestimmt. Dabei sei deutlich geworden, dass Deutschland für viele Investoren nicht der ideale Standort sei – wieder eine Frage der Rahmenbedingungen.
Zukunftsfinanzierungsgesetz als Lösung
Christian Lindner befürwortete stattdessen das Zukunftsfinanzierungsgesetz und kritisierte die von der Bundesregierung gestartete 49-Punkte-Wachstumsinitiative. Diese sei nicht ausreichend. Deutschland habe in den letzten zehn Jahren an Wettbewerbsfähigkeit verloren, und mit Inflationsschutzmaßnahmen, wie sie etwa die USA mit ihrem 433 Milliarden Dollar schweren „Inflation Reduction Act“ eingeführt habe, könne man die Wirtschaft nicht allein durch Subventionen ankurbeln.
Lindner sieht es kritisch, wenn Unternehmen nach staatlichen Förderungen verlangen, und rät davon ab, sich immer nur auf den Staat zu verlassen. Dabei zitierte er den früheren US-Präsidenten Ronald Reagan: „Die elf schrecklichsten Worte der englischen Sprache sind: ‚Ich bin von der Regierung und hier, um Ihnen zu helfen.‘“
Leistungsmentalität in Deutschland und Vier-Tage-Woche
Ein weiteres Thema war die Leistungsmentalität in Deutschland. Die Forderung nach einer Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich stehe im Widerspruch zur aktuellen wirtschaftlichen Lage. Lindner fragte: „Wir haben in Deutschland Spitzenmoral, Spitzenansprüche und eine Spitzenabsicherung – aber sind wir auch bereit, Spitzenleistungen zu erbringen?“
Gefragt, welche Themen er in seiner restlichen Amtszeit noch angehen wolle, antwortete Lindner humorvoll, dass er sich auf seine Amtszeit bis 2029 konzentriere und damit auf die Zukunft – ein Kommentar, der ihm die Lacher des Publikums sicherte.
Konsolidierung der Staatsfinanzen und Kritik an Sozialausgaben
In der anschließenden Diskussionsrunde sprach Lindner über die Notwendigkeit, die Staatsfinanzen zu konsolidieren. Deutschland investiere derzeit auf Rekordniveau, mit einem Gesamtvolumen von 80 Milliarden Euro, doch man könne noch mehr tun, wenn die Sozialausgaben reduziert würden. Besonders die 24 Milliarden Euro für illegale Migration bereiten ihm Sorgen. Daher sprach er sich für stärkere Kontrollen an den deutschen Außengrenzen aus.
Lindner äußerte auch Kritik an der Berliner CDU, insbesondere im Hinblick auf die Dämpfung der kalten Progression, also der schleichenden Steuererhöhungen durch Inflation. Die Berliner Regierungskoalition stehe vor der Herausforderung, ein Haushaltsloch von drei Milliarden Euro im kommenden Jahr zu stopfen. Gleichzeitig würden die Steuersenkungspläne des Bundes Berlin kurzfristig 300 Millionen Euro kosten.
Solidaritätszuschlag und Steuerentlastungen
Während seines Besuchs beim VBKI deutete Lindner mögliche Steuerentlastungen für Unternehmen an und sprach sich klar für die Abschaffung des Solidaritätszuschlags aus. Dieser werde ohnehin nur noch von Führungskräften und Unternehmen gezahlt. “Der Solidaritätszuschlag ist eine Sondersteuer auf unternehmerisches Risiko und Qualifikation“, betonte Lindner. Beides müsse gefördert werden, um Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
Er nannte den Soli-Zuschlag eine „Strafsteuer“, die abgeschafft gehöre, und erklärte, dass es nur einen Nachmittag dauere, um den Einnahmeverlust von 14 Milliarden Euro zu kompensieren. Auf die Frage aus dem Publikum, ob es Spannungen innerhalb der Ampelkoalition gebe und ob er lieber Wirtschaftsminister statt Finanzminister wäre, antwortete Lindner, dass er sich auf Sachthemen konzentriere. Er betonte zudem seine Unterstützung für eine kontrovers diskutierende Ampelkoalition.
Lindner wies auch darauf hin, dass ihm die Durchsetzung des Steuerrechts am Herzen liege. Dazu habe er eine neue Bundesbehörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität eingerichtet. Seitdem sei in Berlin der Kauf von Immobilien mit Bargeld nicht mehr möglich. Der maximale Bargeldeinsatz beim Erwerb eines Gutes wurde auf 10.000 Euro begrenzt.
Energiepolitik und alternative Energien
Zum Thema Energiekosten verwies Lindner auf die Verantwortung der früheren Bundesregierung bis 2021. Er merkte an, dass auch die Nutzung alternativer Energien erhebliche Kosten für das Stromnetz verursache, da diese Energie durch Kabel zu den Abnehmern oder Speichern transportiert werden müsse.
Die Veranstaltung des VBKI war eine rundum gelungene und kurzweilige Veranstaltung. Der Verband sowie Ute Weiland erhielten viel Lob für die Einladung und Organisation.
Quellen: IHK Berlin, Verband Berliner Kaufleute und Industrieller
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