Im Rahmen eines umstrittenen Projekts werden in Berlin Fußgängerampeln mit Countdown-Anzeigen ausgestattet. Trotz anfänglicher Kritik und Bedenken von Fachleuten setzt die Stadt nun auf eine schrittweise Umsetzung. Doch die Frage bleibt: Wird dieses Konzept die Sicherheit und den Komfort von Fußgängern tatsächlich verbessern?

In Berlin werden schrittweise Countdown-Ampeln umgesetzt. Doch anders als in anderen Ländern soll dabei nicht mit einer Zahlenanzeige gearbeitet werden, sondern mit Balken eines stilisierten Zebrastreifens, die nacheinander erlöschen. / © Foto: Wikimedia Commons, Kryp, CC0

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Im vergangenen Herbst gab es noch Spekulationen, dass das Projekt „Countdown-Ampeln“ in Berlin nach einer breiten Fachkritik still und leise beendet werden könnte. Doch die jüngsten Entwicklungen zeigen: Die Stadtverwaltung geht den Weg weiter.

Die Verkehrsverwaltung hat laut Tagesspiegel mittlerweile einen Jahresvorrat an Technik beschafft. Bislang wurden 300 Signalgeber fest bestellt, für weitere 100 gebe es Zusagen. Diese neuen Countdown-Anzeigen sollen in den kommenden Jahren Berlins Fußgängerampeln schrittweise ergänzen, indem sie ein drittes Leuchtfeld für die sogenannte Räumzeit einführen.

Countdown-Ampeln in Berlin: Nach 10 Jahren wieder auf der Agenda

Der Hintergrund dieses Projekts liegt in der Vorstellung, den Fußgängern mehr Sicherheit zu geben, indem ihnen während der Rotphase der Ampel signalisiert wird, wie lange sie noch haben, um die Straße zu verlassen. In der Praxis sollen stilisierte Zebrastreifen auf den Displays erscheinen, die nacheinander erlöschen, um die ablaufende Zeit anzuzeigen.

Bereits 2013 hatte Berlin ein ähnliches Pilotprojekt getestet, das jedoch als die schlechteste von drei getesteten Varianten bewertet wurde. Trotzdem brachte die damals zurückgetretene Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) das Konzept zehn Jahre später wieder auf die Agenda.

Falsches Sicherheitsgefühl durch Countdown-Ampeln? Fachverbände kritisieren praktische Relevanz

Besonders kritisch gegenüber den Countdown-Anzeigen äußern sich verschiedene Fachverbände, darunter der Fachverband FUSS e.V. Stadtplaner Roland Stimpel erklärte dem Tagesspiegel, dass der Hauptnutzen der Anzeiger lediglich darin liege, dass Fußgänger bei kurzen Grünzeiten besser abschätzen könnten, wie viel Zeit ihnen noch bleibt. Doch Blinde könnten ohne ein zusätzliches Tonsignal wenig damit anfangen, und es bestünden Bedenken, dass Fußgänger sich durch die Countdown-Anzeigen sicherer fühlten und weniger auf abbiegende Autos achteten.

Auch der Berliner BUND-Landesverband hatte das Projekt im letzten Jahr kritisiert. Er bezeichnete die Countdown-Anzeigen als ineffektiv, da sie weder die Sicherheit der Fußgänger erhöhen noch die Wartezeiten an Straßenquerungen verringern würden. Statt der zusätzlichen Technik forderte der BUND eine verstärkte Investition in den Ausbau von Zebrastreifen und eine fußverkehrsfreundlichere Umprogrammierung bestehender Ampeln.

Langsame Umsetzung in Berlin: Erste Countdown-Signale bereits in Wilmersdorf installiert

Trotz Kritik hat die Verkehrsverwaltung nun erste Fortschritte gemacht. Die ersten Countdown-Signale wurden bereits am Fehrbelliner Platz in Wilmersdorf installiert, wo sie die Technik aus einem früheren Pilotprojekt ersetzen. Weitere Nachrüstungen seien in Wilmersdorf und Lichterfelde geplant. Laut Verwaltung von Verkehrssenatorin Ute Bonde sollen diese neuen Signalgeber in den nächsten Jahren nach und nach bei anstehenden Maßnahmen integriert werden. Allerdings sei noch unklar, wie hoch die tatsächlichen Kosten des Projekts ausfallen werden, so Tagesspiegel. 

Die Entscheidung, ob weitere Ampelanlagen mit den neuen Geräten ausgestattet werden, solle dabei jeweils in Abstimmung mit verschiedenen Interessenvertretungen getroffen werden. Auf lange Sicht könnten die Signalgeber auch bei der Umgestaltung anderer Kreuzungen zum Einsatz kommen. Einziger Vorteil, der bislang als sicher gilt, ist die Erkenntnis, dass Fußgänger durch die Countdown-Anzeigen zumindest wissen, wie viel Zeit sie noch haben, bevor der Verkehr wieder grün wird. Dies könnte unter Umständen jedoch sogar weitere Gefahren bergen, wenn Fußgänger sich durch das Countdown-Signal sicherer fühlten und dadurch weniger auf abbiegende Autos achten.

Quellen: Der Tagesspiegel, RBB

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One Comment

  1. Ewald Karl 17. Februar 2025 at 20:52 - Reply

    Verkehrssenatorin Bonde setzt auf kosmetische Maßnahmen, statt Fußgängern zu ermöglichen, in einem Zug über eine mehrspurige Straße zu gelangen. Diese Koalition ist verkehrspolitisch Rückschritt pur in die Zeit des Autowahns.
    Es wird Zeit, diesen Retro-Quatsch durch moderne, zukunftsgewandte Politik abzulösen.

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