Ein Mammutprojekt in der Berliner Museumslandschaft: Die umfassende Sanierung des Pergamonmuseums auf der Museumsinsel wird mindestens 1,5 Milliarden Euro kosten und erst in mehr als einem Jahrzehnt abgeschlossen sein. Nun startet der letzte Bauabschnitt, der auch die Errichtung des ursprünglich geplanten, aber nie realisierten vierten Flügels beinhalten wird.

So soll das fertige Pergamonmuseum eines Tages einmal aussehen. Nach der jetzigen Einschätzung der Projektverantwortlichen wird es allerdings noch eine ganze Weile dauern, bis das komplette Museum fertig saniert und runderneuert ist. / © Visualisierung: Kleihues + Kleihues Gesellschaft von Architekten mbH

© Fotos: ENTWICKLUNGSSTADT
© Visualisierungen: Kleihues + Kleihues Gesellschaft von Architekten mbH

 

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hatte im März 2023 mit einem überraschenden und völlig unerwarteten neuen Zeitplan für die Sanierung und den Umbau des historischen Pergamonmuseums aufgewartet.

Zuerst einmal wurde verkündet, dass das Museum im Oktober 2023 für die kommenden vier Jahre komplett geschlossen wird, was schließlich auch erfolgt ist. Die Fertigstellung der Sanierung von Nord- und Mittelflügel, die derzeit läuft, ist zwar für das Jahr 2025 vorgesehen, doch erst im Frühjahr 2027 soll dieser Teil des Museums dann wieder für den regulären Betrieb öffnen.

Der Südflügel des Pergamonmuseums bleibt noch für über zehn Jahre geschlossen

Noch viel länger geschlossen bleiben wird allerdings der Südflügel des Museums, der bis dahin nicht Teil der Sanierungsarbeiten war. Hier gehen die Experten von einer etwa 14-jährigen Bauzeit aus, währenddessen der Museumsteil nicht zugänglich sein wird. Derzeit plant die Stiftung, die Umbauarbeiten bis 2036 fertigzustellen und diesen Teil des historischen Gebäudes ab 2037 wieder für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Eine geradezu schwindelerregende Perspektive. Der südliche Gebäudeteil befinde „sich in einem sehr schlechten Bauzustand, der Auswirkungen auf die Standsicherheit des Gebäudes und auf die Sicherheit der Exponate hat“, teilte die Stiftung mit. Nun wurde im Rahmen eines Baustellenrundgangs nicht nur die zeitliche, sondern auch die finanzielle Perspektive für das Großprojekt präsentiert.

Die Sanierung und Erweiterung des Pergamonmuseums soll insgesamt rund 1,5 Mrd. Euro kosten

Der erste Abschnitt der Sanierungsarbeiten habe bereits 489 Millionen Euro gekostet, erklärte Petra Wesseler, die Leiterin des für die Baumaßnahmen zuständigen Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR), während eines Rundgangs über die Baustelle. Für den zweiten Abschnitt werde mit Kosten von 722,4 Millionen Euro gerechnet. Zusammen mit knapp 300 Millionen Euro, die für Risiken und Preissteigerungen eingeplant seien, könnten sich die Gesamtkosten der Sanierung des Pergamonmuseums auf 1,5 Milliarden Euro belaufen. Finanziert wird das Projekt vollständig vom Bund.

Ob die vorgesehenen Rücklagen für unvorhergesehene Risiken tatsächlich benötigt würden, werde sich erst im weiteren Bauverlauf zeigen, erklärte Wesseler. Sie betonte zudem, dass die gesamte Baumaßnahme vollständig aus Bundesmitteln finanziert werde. Die Bauarbeiten im Südflügel, die planmäßig im März 2025 beginnen, beinhalten auch die Errichtung des vierten Flügels, die Anbindung an die übrigen Häuser der Museumsinsel über die Archäologische Promenade und die Neugestaltung der Außenanlagen.

Fast 100.000 Objekte mussten aus dem Südflügel des Pergamonmuseums geräumt werden

In Anwesenheit von Vertretern aus Kultur, Politik und Architektur, darunter Andreas Görgen, Hermann Parzinger, Petra Wesseler (BBR) und Architekt Jan Kleihues, wurde am gestrigen Donnerstag der Start des zweiten Bauabschnitts mit dem Befüllen einer Zeitkapsel gewürdigt.

Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, äußerte sich im Rahmen der Zeremonie wie folgt: „Beinahe hunderttausend Objekte sind in den letzten eineinhalb Jahren aus dem Südflügel des Pergamonmuseums beräumt worden – eine gewaltige logistische Leistung der beteiligten Museen. Das BBR kann nun termingerecht mit den Arbeiten beginnen, damit das Haus 2037 wieder vollständig geöffnet ist. Ich freue mich aber schon jetzt auf die Wiedereröffnung des Nord- und Mittelteiles in 2027 mit dem Pergamonaltar.

Pergamonmuseum: Neuer vierter Flügel soll einen vollständigen Rundgang durch das Museum ermöglichen

Die nun startende Hauptsanierung des Pergamonmuseums umfasst die Grundinstandsetzung des Südkopfs, des Südflügels mit der Prozessionsstraße von Babylon und dem Ischtar-Tor sowie des Mittelbaus Süd mit dem Miletsaal. Ergänzt wird das Museum um den oben schon erwähnten vierten Flügel, der einen durchgehenden Rundgang durch die antiken Architekturexponate ermöglicht.

Im Zuge der Bauarbeiten entstehen zudem neue Verbindungsbauten zum Bode-Museum, zum Neuen Museum und zur James-Simon-Galerie. Die Außenanlagen werden neugestaltet, und der Pergamonsteg über den Kupfergraben soll als Neubau mit Treppenanlage und barrierefreien Aufzügen errichtet werden. Ab 2027 sollen Interimsbereiche den Museumsbetrieb für den nördlichen und mittleren Gebäudeteil sichern.

Zur Verbesserung der Umweltbilanz werden nach Angaben der Projektverantwortlichen Photovoltaik-Module auf dem Glasdach des Südflügels und dem Dach des neuen Flügels installiert. Die Sanierung erfüllt die Energieeffizienzvorgaben des Bundes, wobei für Bestandsgebäude der Standard EGB 55 und für den Neubau der Wert EGB 40 erreicht wird, wie es heißt.

Architekturwettbewerb fand bereits im Jahr 2000 statt

Die Instandsetzung des historischen Museumsbaus, der seit 1999 zum UNESCO Weltkulturerbe zählt, gehört zu den komplexesten Projekten, die in Berlin seit der Wiedervereinigung umgesetzt werden oder wurden – und es hat dementsprechend eine außerordentlich lange Vorlaufzeit.

Das für das Projekt zuständige Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung führte bereits im Jahr 2000 einen internationalen Wettbewerb zur Grundinstandsetzung und Ergänzung des Pergamonmuseums durch. Professor Oswald Mathias Ungers, mittlerweile verstorben, konnte sich im hochkarätig besetzten Wettbewerbsverfahren mit seinem Entwurf durchsetzen.

Oswald Mathias Ungers gewann den Wettbewerb überzeugend

Die Jury betonte damals vor allem den „respektvollen Umgang mit der historischen Bausubstanz, im schlüssigen musealen Konzept, in der Betonung der Hauptachse zum Pergamonaltar und in der klaren Architektursprache (…)“.

Der beschriebene Siegerentwurf sah eine grundlegende Neuordnung der Sammlungen des Museums für Islamische Kunst, des Vorderasiatischen Museums sowie der Antikensammlung vor, bei der jedes Museum einen eigenen Eingang und eine eigene Erschließung erhalten soll. Denn das Pergamonmuseum ist baulich gesehen zwar ein zusammenhängendes Gebäude, beheimatet aber drei Museen und ein ganzes Kompendium der Baukunst von Babylon bis zum frühen Islam.

Nicht umgesetzte Teile des historischen Gebäudes werden nun umgesetzt

Die konzeptionelle Idee zur Erweiterung des Gebäudes, die nun umgesetzt wird, stammt mitnichten aus der Feder von Oswald Mathias Ungers. Er griff in seinem Entwurf lediglich die Idee auf, die Alfred Messel, Architekt des Dreiflügelbaus, bereits 1907, vor dem Beginn der Bauarbeiten, für das Museum konzipiert hatte.

Die Umsetzung des monumentalen Museumsbaus zog sich bis von 1910 bis 1930, also über eine Spanne von zwanzig Jahren. Federführend war nach dem Tod Messels (1909) sein engster Freund, der Berliner Baustadtrat Ludwig Hoffmann.

Schon der Bau des Pergamonmuseums zog sich über 20 Jahre – Wiederaufbau nach dem Krieg

Der Erste Weltkrieg, die Novemberrevolution 1918 und die Inflation 1922/1923 waren die Hauptgründe für die enormen Verzögerungen beim Bau. Auch aufgrund dieser langen Bauzeit wurden der ursprünglich geplante Portikus im Innenhof, eine Kolonnade am Kupfergraben sowie der sich südlich zwischen dem Neuen Museum und dem Kupfergraben anschließende vierte Flügel für den Ägyptischen Tempel nicht umgesetzt. Das Museum wurde sozusagen „unfertig“ der Öffentlichkeit übergeben.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Museum teilweise zerstört. Vor allem die Dächer über den großen Architektursälen hatten stark gelitten. Der Wiederaufbau zog sich von 1948 bis 1959 und wurde 1980 durch eine Brücke über den Kupfergraben ergänzt, um die Zugangssituation zu verbessern.

Der nie realisierte vierte Flügel soll nun bis 2036 errichtet werden

Im Entwurf Ungers für die Erweiterung des Museums wurden die ursprünglichen Pläne Messels also noch einmal neu aufgegriffen. Der vierte Flügel wird direkt am Kupfergraben als Verbindungsbau zwischen Nord- und Südflügel entstehen. Somit wird ein Hauptrundgang geschaffen, der sämtliche Großarchitekturen des Pergamonmuseums in chronologischer Reihenfolge präsentieren soll.

Im zukünftigen Innenhof des Museums, dem „Forum“, entsteht ein so genannter „Tempietto“, eine Art städtische Vitrine in zeitgemäßer Architektur. Das kubusförmige, verglaste Gebäude wird als Auftakt zur Antikensammlung errichtet und soll zukünftig als Haupteingang des Pergamonmuseums genutzt werden. Doch bis es soweit ist, wird noch mehr als ein ganzes Jahrzehnt am und im historischen Museum gebaut werden müssen.

 

© Foto: BBR / Peter Thieme

© Visualisierung: Kleihues + Kleihues Gesellschaft von Architekten mbH

© Visualisierung: Kleihues + Kleihues Gesellschaft von Architekten mbH

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Quellen: Kleihues + Kleihues Gesellschaft von Architekten mbH, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Berliner Morgenpost, Wikipedia, Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung 

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One Comment

  1. Philipp 7. März 2025 at 12:21 - Reply

    Zum Vergleich und zur Einordnung. Der Bau des One World Trace Center, ein 406 Meter hoher Wolkenkratzer in der Innenstadt von NYC (schwer zugänglich, daher komplexer Bauvorgang) hat ca. 3,8 Milliarden gekostet, also in etwas doppelt so viel. Das Gebäude hat eine Nutzungsfläche von ca 325.000 Quadratmeter. Das Pergamonmuseum dagegen, hat eine Nutzungsfläche von ca. 7.500 Quadratmetern. Selbst wenn es sich durch den Umbau verdoppeln würde, hätte es maximal 15.000 Quadratmeter Nutzungfläche. Wer sich das mal durch den Kopf gehen lässt, weiß warum Deutschland eigentlich nicht mehr handlungsfähig ist.

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