Im Berliner Bezirk Neukölln sorgt ein geplantes Bauprojekt für Diskussionen: Auf dem Gelände des Emmauswaldes am Mariendorfer Weg will die BUWOG hunderte Wohnungen errichten. Während der Senat das Vorhaben inzwischen an sich gezogen hat, fordern Bürgerinitiativen und Umweltverbände den dauerhaften Schutz der Fläche. Derweil plant die BUWOG eine höhere und dichtere Bebauung des Areals.

Ehemaliger Emmausfriedhof in Neukölln: Auf dem bewaldeten Gelände plant die BUWOG rund 650 Wohnungen – Anwohnende und Umweltverbände fordern den Erhalt der Grünfläche. / © Foto: Wikimedia Commons, Miwa, CC BY 3.0

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Das Grundstück liegt südlich der Ringbahn im Norden Neuköllns, nahe dem Mariendorfer Weg. Es handelt sich um eine rund vier Hektar große Fläche, die einst als Friedhof genutzt wurde und heute als Wald gilt. Teile des Geländes stehen unter Denkmalschutz, darunter das Areal der ehemaligen Hebammenlehranstalt und Frauenklinik. Die Fläche ist derzeit umzäunt und nicht öffentlich zugänglich.

Auf dem Gelände plant das Wohnungsunternehmen BUWOG, Tochterfirma der Vonovia, den Bau von 654 Wohnungen. Etwa 200 davon sollen als Sozialwohnungen entstehen. Der Rest ist als freifinanzierter oder Eigentumswohnraum vorgesehen. Ergänzt werden soll das Projekt durch eine Tiefgarage, eine neue Erschließungsstraße sowie Ausgleichsmaßnahmen, darunter Ersatzpflanzungen und Beiträge zur sozialen Infrastruktur.

Anpassung der Baupläne – Reduzierter Flächenverbrauch, dafür höhere Gebäude vorgesehen

Das Projekt versteht sich als zweiter Bauabschnitt des Quartiers „Neumarien“, in dem bereits seit 2020 über 200 Mietwohnungen entstanden sind. Die BUWOG argumentiert, das neue Quartier mache die bislang unzugängliche Fläche für die Öffentlichkeit nutzbar. Laut dem Unternehmen sollen nur etwa 30 Prozent der Fläche bebaut und der Rest als Grünfläche erhalten bleiben.

Tatsächlich wurden die Baupläne im Laufe der letzten Jahre angepasst. Wie der Tagesspiegel berichtet, soll nun vor allem im nördlichen Teil des Areals gebaut werden. Die Zahl der geplanten Wohnungen bleibt nahezu konstant, doch die Gebäude würden höher und dichter stehen. Die Denkmalschutzbehörde prüft derzeit, ob das geplante Bauvolumen mit dem Schutzstatus des angrenzenden Geländes vereinbar ist.

Bürgerinitiative fordert Erhalt des Emmauswaldes als wertvolles Stadtökosystem

Seit über zwei Jahren setzt sich die Initiative „Emmauswald bleibt“ für den Schutz des Waldstücks ein. Sie warnt vor der Zerstörung eines gewachsenen Naturraums mit altem Baumbestand und hoher ökologischer Bedeutung. Laut der Initiative seien auf dem Gelände über 700 Bäume erfasst, darunter 84 besonders wertvolle Exemplare mit einem Stammumfang von mehr als 130 Zentimetern – unter ihnen Eichen, Linden und Kastanien.

Zudem seien auf dem Gelände streng geschützte Arten wie Grünspecht, Fledermaus und Mäusebussard nachgewiesen worden. Der Wald erfülle wichtige Funktionen für das Stadtklima, die Artenvielfalt und die Erholung der Bevölkerung. Insbesondere angesichts des Klimawandels müsse eine derart große, unversiegelte Grünfläche erhalten bleiben. Die Initiative verweist auf die hohen Bodenschutzwerte und die Bedeutung für die Kaltluftentstehung in einem stark verdichteten Stadtteil.

Umweltverbände schließen sich der Kritik an dem Bauvorhaben an

Auch der BUND Berlin, der NABU und die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz kritisieren das Bauvorhaben scharf. In einem offenen Brief forderten sie den Berliner Senat auf, das Projekt zu stoppen und den Emmauswald langfristig zu sichern. Sie verweisen auf die bereits stark belastete Umwelt- und Grünflächensituation in Nord-Neukölln.

Der Wald sei ein wertvoller Rückzugsort in einer dicht besiedelten Umgebung und habe eine wichtige Funktion für das Stadtklima, so der BUND. Die Ablehnung eines Antrags im Umweltausschuss durch die Regierungsfraktionen von SPD und CDU wird von den Verbänden als verpasste Chance für nachhaltige Stadtentwicklung bewertet.

Berliner Senat beruft sich auf das „Gesamtinteresse des Landes“ und übernimmt das Verfahren

Trotz der Kritik hält der Berliner Senat am Vorhaben fest. Er hatte das Bebauungsplanverfahren bereits 2023 an sich gezogen und begründete dies mit dem „Gesamtinteresse Berlins“. Ziel sei es, im Rahmen eines städtebaulichen Vertrags auf Grundlage des Berliner Modells Regelungen zu mietpreisgebundenem Wohnraum, sozialen Infrastrukturen und ökologischen Ausgleichsmaßnahmen zu treffen.

Laut Senatsverwaltung soll der Eingriff in die Grünfläche so gering wie möglich ausfallen. Die öffentliche Beteiligung werde derzeit vorbereitet. Wie sich das Vorhaben politisch und planerisch weiterentwickelt, bleibt abzuwarten. In der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Neukölln sorgt das Projekt weiterhin für Spannungen: Nachdem das Bezirksamt das ursprüngliche Bebauungsplanverfahren eingestellt hatte, liegt die Entscheidungsgewalt nun beim Senat. Aktuell laufen Abstimmungen zwischen der BUWOG, der Senatsverwaltung und der Denkmalschutzbehörde. Ob und in welcher Form das Vorhaben realisiert wird, ist weiterhin offen.

Quellen: Tagesspiegel, Wald statt Asphalt, BUND, BUWOG, Bezirksamt Neukölln