Am Mirbachplatz in Berlin-Weißensee entsteht ein außergewöhnliches Wohnprojekt: In und neben der Turmruine der einstigen Bethanienkirche sollen bis Ende 2026 insgesamt 17 Wohnungen realisiert werden. Die Verbindung aus historischer Substanz und zeitgenössischer Architektur stellt hohe Anforderungen an Planung und Umsetzung – doch die Arbeiten kommen sichtbar voran.

Derzeit ist der Turm der Bethanienkirche vollständig eingerüstet – die Sanierungsarbeiten am historischen Bauwerk laufen auf Hochtouren. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

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Die Idee, die Ruine der Bethanienkirche einer neuen Nutzung zuzuführen, entwickelte Architekt Bernd Bötzel bereits im Jahr 2001. In den folgenden zwei Jahrzehnten verfolgte er das Vorhaben kontinuierlich weiter und stimmte sich eng mit Bezirk und Denkmalpflege ab. Nach Erteilung der Baugenehmigung im Jahr 2020 ging das Grundstück 2021 an den privaten Bauherrn und Unternehmer, Uwe Dinnebier über, der das Projekt seither auf Grundlage von Bötzels Entwurf realisiert.

Insgesamt entstehen 17 Wohnungen: drei davon im denkmalgeschützten, 65 Meter hohen Turm, weitere 14 in einem angrenzenden Neubau. Dieser ersetzt das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Kirchenschiff und orientiert sich in Grundfläche und Dimension am historischen Bestand.

Mirbachplatz: Aufwendige Sicherung des 65 Meter hohen Turms und denkmalrechtliche Auflagen

Die Bauvorbereitungen begannen im Frühjahr 2022 mit der statischen Sicherung des denkmalgeschützten Turms. Dabei wird jeder beschädigte Stein dokumentiert und soll später originalgetreu wiederverwendet werden. Hierbei soll der ruinöse Charakter des Gebäudes bewusst erhalten bleiben.

Aus baurechtlichen Gründen kann der Turm nur bis zur Glockenebene genutzt werden – ein zweiter Rettungsweg ist aufgrund der engen Struktur weder technisch noch genehmigungsfähig. Folglich bleiben die oberen Abschnitte ungenutzt, werden aber äußerlich vollständig saniert.

Umbau in Weißensee: Neubauflügel ersetzt das zerstörte Kirchenschiff auf 2.880 Quadratmetern Fläche

Der Neubau folgt in Grundfläche und Dimensionen dem früheren Kirchenschiff, setzt sich aber gestalterisch klar vom Bestand ab. Geplant ist ein monolithischer Baukörper mit großzügigen, offenen Wohneinheiten. Eine der Wohnungen wird sich über mehrere Etagen erstrecken und fast 1.000 Quadratmeter umfassen.

Neben Wohnnutzung sind auch kulturelle und gastronomische Angebote vorgesehen. Die drei historischen Glocken bleiben erhalten, der Turm wird akustisch entkoppelt, um die Wohnqualität zu sichern. Perspektivisch soll das Gebäude teilweise öffentlich zugänglich sein.

Bezirk Pankow verzichtete auf Vorkaufsrecht — Projekt bleibt privat finanziert

2021 prüfte der Bezirk Pankow, ob ein Vorkaufsrecht für das Grundstück ausgeübt werden sollte. Allerdings wurde angesichts der baulichen Komplexität und der hohen denkmalpflegerischen Anforderungen davon abgesehen. Eine öffentliche Nutzung erschien nicht realisierbar.

Projektentwickler Bernd Bötzel zeigte sich über diese Entscheidung wenig überrascht. Bereits zuvor hatte er ein umfassendes Sanierungskonzept vorgelegt, das eine wirtschaftliche Umsetzung unter privaten Bedingungen vorsieht.

Trotz Baukrise und Engpässen in der Branche schreitet das Projekt in Weißensee voran

Trotz schwieriger Rahmenbedingungen in der Bauwirtschaft – darunter gestiegene Materialpreise und Engpässe bei Fachkräften – geht das Projekt voran. Der Turm ist derzeit eingerüstet, parallel laufen die Vorbereitungen für den Aushub der Tiefgarage.

Initiator Bötzel rechnet mit einer Fertigstellung bis Ende 2026. Demnach könnten erste Wohneinheiten bereits im Jahr zuvor bezugsfertig sein. Die Umsetzung erfolgt nach seinen Plänen durch den neuen Eigentümer, Unternehmer Uwe Dinnebier.

Neogotische Kirche als Zeugnis der Gründerzeit: Im Krieg schwer beschädigt, heute Teil eines städtebaulichen Neuanfangs

Die Bethanienkirche wurde 1902 im neogotischen Stil errichtet und war Teil des Stadtentwicklungsprogramms für das aufstrebende Neu-Weißensee. Die Eröffnung erfolgte im Beisein von Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Auguste Viktoria. Der Turm, bis heute ein städtebauliches Wahrzeichen, überstand als einziger Teil die Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs.

Im Inneren der einstigen Kirche befanden sich ein kunstvoller Schnitzaltar, eine große Orgel und eine steinerne Kanzel. Heute bietet der sternförmig angelegte Mirbachplatz den Rahmen für eine städtebauliche Transformation, die den historischen Bestand erhält und zugleich neue Funktionen ermöglicht.

Zwischen Denkmalschutz und Neubau: Projekt am Mirbachplatz mit langer Vorgeschichte

In enger Abstimmung mit Denkmalpflege und Bezirk konkretisierte Bernd Bötzel den Entwurf über viele Jahre hinweg. Zudem gilt das Projekt als Beispiel für den sensiblen Umgang mit Baudenkmalen im urbanen Kontext. Mit dem Umbau der Bethanienkirche erhält Weißensee neue Wohnungen, die einen bedeutenden Erinnerungsort in neuer Funktion erhalten.

Im Mai 2022 begannen die Bauvorbereitungen. Dazu gehörten unter anderem die Sicherung der historischen Bausubstanz mit Metallstreben und Klammern. Für den Neubau auf dem Gelände mussten mehrere Bäume weichen, die im Gegenzug durch Neupflanzungen ersetzt werden sollen. Mit der geplanten Fertigstellung des Projekts im Jahr 2026 wird eines der markantesten Wahrzeichen von Weißensee dauerhaft gesichert und einer neuen Nutzung zugeführt.

Neben den Wohnungen sind auch kulturelle und gastronomische Nutzungen geplant. Die drei historischen Glocken bleiben erhalten, der Turm wird zur Sicherung der Wohnqualität akustisch entkoppelt. / © Visualisierung: THIRD

Derzeit ist von der Bethanienkirche nicht viel zu erkennen, die Bauarbeiten sollen bis Ende 2026 abgeschlossen sein. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

So stellte sich der Mirbachplatz mit der Kirchturmruine vor Beginn der Bauarbeiten dar. / © Foto: THIRD 

Eine Visualisierung die zeigt, wie eine der geplanten Wohneinheiten aussehen könnten: Der Neubau soll großzügige, offene Räume bieten – eine Wohnung wird sich über mehrere Etagen erstrecken und rund 1.000 Quadratmeter groß sein. / © Visualisierung: Prinzip 3D Medienagentur GmbH

Quellen: ARD, spreeformat, Berliner Morgenpost, BZ, Wikipedia, Bernd Bötzel, Architektur Urbanistik Berlin, Bezirksamt Pankow, Prinzip 3D Medienagentur GmbH, THIRD,