Das Kraftwerk Charlottenburg wird modernisiert und auf Klimaneutralität ausgerichtet. Mit einer Investition von 750 Millionen Euro durch die BEW soll die Anlage in ein zukunftsfähiges Kraftwerk umgebaut werden, um Berlins Wärmewende maßgeblich voranzutreiben.
© Fotos: Wikimedia Commons
Text: Stephanie Engler
Das Kraftwerk Charlottenburg in Berlin steht vor einer umfassenden Modernisierung. Mit einer Investition von 750 Millionen Euro durch den Landesbetrieb BEW soll eine der modernsten Anlagen für die Fernwärmeversorgung in Europa entstehen. Diese Summe markiert die größte Einzelinvestition in die Berliner Fernwärmeinfrastruktur seit den 1980er-Jahren. Ziel sei es, die Wärmeversorgung klimafreundlicher und effizienter zu gestalten und so einen entscheidenden Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Energiezukunft zu gehen.
Neben der grundlegenden Umgestaltung der Anlage werde auch die technische Infrastruktur modernisiert, um die steigenden Anforderungen an ein emissionsarmes Energiesystem zu erfüllen. Die Umstellung solle nicht nur eine deutliche Reduktion der CO₂-Emissionen ermöglichen, sondern auch die Energieversorgung der Stadt widerstandsfähiger und zukunftsfähiger machen.
Kraftwerk Charlottenburg seit 1900: Einst Symbol für Fortschritt
Das Kraftwerk Charlottenburg ist ein Stück Berliner Stadtgeschichte. Seit seiner Inbetriebnahme im Jahr 1900 war es maßgeblich an der Elektrifizierung der damals eigenständigen Stadt Charlottenburg beteiligt. Neben der Stromversorgung für Privathaushalte und die Straßenbeleuchtung diente das Kraftwerk auch der Versorgung der Straßenbahn, die damals ein Symbol für den Fortschritt war.
Ab den 1920er-Jahren übernahm das Kraftwerk zusätzlich die Rolle eines Fernwärmeversorgers. Es war eines der ersten seiner Art in Berlin und versorgte bedeutende Gebäude wie das Charlottenburger Rathaus, die Deutsche Oper und das Schillertheater. Die Anlage wurde kontinuierlich erweitert, um mit der wachsenden Nachfrage Schritt zu halten, und blieb bis heute ein zentraler Bestandteil der Berliner Energieinfrastruktur.
Für eine klimafreundliche Zukunft: BEW verzichtet vollständig auf fossile Brennstoffe
Der aktuelle Umbau des Kraftwerks Charlottenburg ist ein Meilenstein in der Energiepolitik Berlins. Die geplante Kraft-Wärme-Kopplungsanlage wird sowohl Strom als auch Wärme erzeugen und dabei den CO₂-Ausstoß erheblich senken. Ergänzt wird die Anlage durch eine elektrische Heißwassererzeugung, die flexibel auf die Bedürfnisse eines klimaneutralen Energiesystems abgestimmt ist.
Der vollständige Verzicht auf fossile Brennstoffe wie Kohle ist dabei ein zentraler Aspekt. Stattdessen kommen erneuerbare Energien und hocheffiziente Gasturbinen zum Einsatz. Nach Angaben der BEW soll die Modernisierung eine Reduktion der CO₂-Emissionen um bis zu 50 Prozent ermöglichen. Dies ist ein bedeutender Beitrag zu den Klimazielen Berlins, das bis 2045 klimaneutral sein möchte.
Kraftwerk Charlottenburg: Meilenstein für die Berliner Energiewende?
Die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz bezeichnet das Projekt als richtungsweisend. Das modernisierte Kraftwerk werde nicht nur die Resilienz des Berliner Energiesystems stärken, sondern auch als Modell für andere Metropolen dienen, so ein Sprecher der Behörde.
Die Modernisierung des Kraftwerks ist Teil eines größeren Plans zur nachhaltigen Energieversorgung Berlins. Der Ausbau des Fernwärmenetzes, das als eine der effizientesten Formen der Wärmeversorgung gilt, spielt hierbei eine zentrale Rolle. Bis 2030 sollen weitere Stadtteile an das Netz angeschlossen werden, um die Reichweite und Effizienz des Systems zu erhöhen.
Kritische Stimmen fordern stärkere Förderung alternativer Technologien
Darüber hinaus soll das Kraftwerk mit einer digitalen Steuerung ausgestattet werden, die eine optimale Energieverteilung ermöglicht. Besonders innovativ sei die geplante Integration von Wärmequellen wie Geothermie und industrieller Abwärme. Diese Maßnahmen wollen das Kraftwerk Charlottenburg zu einem Vorzeigebeispiel für klimafreundliche Stadtentwicklung machen.
Trotz der positiven Aussichten gibt es auch kritische Stimmen. Umweltschutzorganisationen betonen, dass die geplanten Maßnahmen zwar ein wichtiger Schritt seien, aber allein nicht ausreichten, um die Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. Sie fordern eine stärkere Förderung alternativer Technologien wie Wärmepumpen und Solarthermie.
Hohe Kosten des Projekts: Investitionen sollen langfristig tragfähig sein
Auch die hohen Kosten des Projekts stehen in der Kritik. Der Berliner Landesrechnungshof hat darauf hingewiesen, dass die Investitionen langfristig wirtschaftlich tragfähig sein müssen, um die Belastung für die öffentlichen Haushalte zu minimieren. Die BEW betont jedoch, dass die Modernisierung eine notwendige Grundlage für eine nachhaltige Energieversorgung bilde und sich die Investitionen langfristig auszahlen werden.
Das Kraftwerk Charlottenburg will zeigen, wie historische Infrastruktur an die Anforderungen der modernen Energiewende angepasst werden kann. Nach Abschluss der Arbeiten möchte die Anlage nicht nur ein Herzstück der Berliner Wärmeversorgung sein, sondern auch maßgeblich zur Klimaneutralität der Stadt beitragen.
Angesichts des ambitionierten Zeithorizonts bis 2029 bleibt jedoch noch unklar, ob die Umsetzung schnell genug erfolgt, um die wachsenden Anforderungen an die Wärmewende rechtzeitig zu erfüllen.
Quellen: Berliner Morgenpost, rbb Abendschau