Wer am Jungfernstieg nach Grünflächen sucht, muss sich schon etwas länger umsehen: Straßen, Plätze und Radwege in der Hamburger Innenstadt sind asphaltiert, Bäume und Wiesen weichen Neubauten und Parkplätzen. Und täglich färben sich neue Flächen grau. Seit 2023 arbeitet die Stadt an einem Hitzeaktionsplan, um der Erwärmung entgegenzuwirken, doch die finanziellen Mittel sind begrenzt.

Beton statt Bäume: Hamburgs rasant zunehmende Bodenversiegelung bedroht nicht nur das Stadtklima, sondern auch die Lebensqualität seiner Bewohner. / © Foto: Depositphotos.com
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Ein Kommentar von Theresa Hannig, Redakteurin ENTWICKLUNGSSTADT
Dunkelrot färbt sich die Karte um die Binnenalster am Rathausmarkt. Sie zeigt den Grad der Bodenversiegelung in Hamburg mithilfe von Satellitenaufnahmen einer KI-gestützten Methode. Besonders die Bereiche um die Spitalerstraße, die Mönckebergstraße oder die Steinstraße sind zu 90 oder gar 100 Prozent versiegelt, 2024 waren es insgesamt 32,4 Prozent der gesamten Fläche Hamburgs. Und das ist erschreckend viel.
Wo einst Fleete und Grünflächen das Stadtbild prägten, dominiert heute Beton. In den letzten Jahrzehnten wurde der Boden zwischen Jungfernstieg und dem Neuen Wall nahezu lückenlos versiegelt. Wer hier mittags einen schattigen Platz sucht, muss Glück haben – oder Geduld. Die wenigen Grünflächen sind in den wärmsten Monaten überfüllt. Büromenschen drängen sich dann in den kleinen Parks, Touristen sitzen dicht an dicht auf den Stufen zur Binnenalster. Nach einem starken Sommerregen riecht es nach heißem Stein, nicht nach feuchter Erde.
Zunahme der Versiegelung in Hamburg: Hitzewellen und gesundheitliche Risiken
Eine aktuelle Studie des Recherchezentrums Correctiv verdeutlicht das Problem. Zwischen 2018 und 2024 wurden in Hamburg 14 Quadratkilometer zusätzliche Fläche versiegelt – das entspricht der fünffachen Fläche von St. Pauli. In 56 von 63 Stadtteilen nahm die Versiegelung zu, ein Negativrekord im bundesweiten Vergleich.
Besonders betroffen sind dabei Stadtteile wie die Altstadt, die sich im Sommer in wahre Hitzeinseln verwandeln. Hier können die Temperaturen bis zu sieben Grad höher sein als in weniger stark bebauten Vierteln – mit gefährlichen Folgen für ältere Menschen, Vorerkrankte, Kinder und Obdachlose. Der Sommer 2024 war bereits der heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.
Hamburg als „grüne Metropole am Wasser“?
Dabei versteht sich Hamburg selbst als „grüne Metropole am Wasser“. Es ist eine Selbstbeschreibung, die angesichts vergangener Studien durchaus berechtigt ist. Zufolge einer Auswertung der Berliner Morgenpost ist die Hansestadt Hamburg etwa die grünste aller Millionenstädte Deutschlands. 2011 wurde die Stadt sogar als „Umwelthauptstadt Europas“ ausgezeichnet – eine Ehrung, die Hamburgs ambitionierte Umweltpolitik und seinen hohen Anteil an Grünflächen würdigte.
Projekte wie der Grünzug Altona, der das Stadtbild aufwertet und große Grünflächen durch die Stadt zieht, oder die Schwammstadt-Initiative, die sich für die Entsiegelung von Flächen und die Förderung der Regenwasserversickerung einsetzt, setzen wichtige Impulse. In Hamburgs Quartieren wie Hohenfelde und Eppendorf wurden bereits Pilotprojekte zur Begrünung und Entsiegelung von Straßen und Gehwegen umgesetzt, die als Modell für die gesamte Stadt dienen sollen.
Hamburgs Stadtgrün, Hitzeaktionsplan und Förderprogramme
Doch die Innenstadt bleibt grau, der Titel der grünen Metropole klingt mehr nach Vergangenheit als nach Zukunft. Zwar hat der Senat im Oktober 2024 einen Vertrag zum Schutz der von „Hamburgs Stadtgrün“ verabschiedet, doch dieser sichert lediglich 30 Prozent der Stadt als geschützte Fläche – darunter 10 Prozent Naturschutzgebiete und 20 Prozent unter leichteren Schutzbestimmungen. Dies ist jedoch weit entfernt von den umfassenden Veränderungen, die notwendig sind, um Hamburg nachhaltig und klimafit zu machen.
Seit 2023 arbeitet die Stadt an einem Hitzeaktionsplan, um der Erwärmung entgegenzuwirken. Zudem wurde im September 2024 ein Förderprogramm ins Leben gerufen, das die Begrünung von versiegelten Flächen unterstützt. Doch die Mittel sind begrenzt: Lediglich 50.000 Euro stehen für Entsiegelungsmaßnahmen bereit – ein kaum spürbarer Tropfen auf den heißen Stein angesichts eines städtischen Gesamthaushalts von rund 20 Milliarden Euro. Auch Grünen-Politiker Lorenzen betont, dass es sich bei den Ideen um eben solche handelt: Anregungen und Vorschläge statt konkrete Pläne. Damit sich die Stellen auf der Satellitenkarte also in grüne Flächen verwandeln, fehle es an Mut von der Stadt Hamburg und ihren Menschen.

Heiße Steine statt kühler Schatten: Hamburg rühmt sich als grüne Metropole, doch die wachsende Bodenversiegelung könnte diesen Ruf für immer zerstören. / © Foto: Depositphotos.com
Rat
Quellen: Correctiv, Hamburg.de, NDR, Berliner Morgenpost, Hamburger Abendblatt