Jahrzehntelang gehörte das Grundstück an der Kurfürstenstraße 134 der Republik Litauen. Nun wird das Gelände neu bebaut, eine tiefe Baugrube wurde errichtet. Doch was auf dem Gelände entstehen soll, war bislang nicht offiziell kommuniziert worden. Doch nun hat das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg bestätigt, dass 102 Wohneinheiten realisiert werden.

An der Grenze zwischen Schöneberg und Tiergarten entsteht auf dem Grundstück Kurfürstenstraße 134 eine neue Wohnform für die Hauptstadt. Was steckt hinter dem geheimnisvollen Bauprojekt? / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
© Fotos: ENTWICKLUNGSSTADT
Am Kreuzungsbereich Kielganstraße, Ecke Kurfürstenstraße – direkt an der Grenze zwischen Schöneberg und Tiergarten, wird derzeit ein nicht unbedingt kleinformatiges Bauvorhaben umgesetzt. Das Baugrundstück, auf dem bereits eine tiefe Baugrube ausgehoben ist, befindet sich auf dem Geländes des Bezirks Tempelhof-Schöneberg, an der nördlichsten Grenze des Ortsteils Schöneberg.
Auf dem Grundstück an der Kurfürstenstraße 134 haben bereits vor einem Jahr die ersten Arbeiten zur Vorbereitung einer Baugrube begonnen. Seitdem ist das Projekt deutlich vorangekommen. Die Bodenplatte wurde fertiggestellt, der Sockel des Krans mit seiner Verschraubung wurde installiert, der Kran wurde aufgestellt und ist im Einsatz. Die Frage ist nur, was wird dort eigentlich gebaut?
Schöneberg: Was entsteht auf dem Baugrundstück an der Kurfürstenstraße 134?
Vor Ort befindet sich rund um die Baustelle kein einziges Baustellenschild oder eine Bekanntmachung, auch die Bauherren sind nicht erkennbar. Der entsprechende Bebauungsplan 7-13Bf weist für das Grundstück eine Mischbebauung aus. So wäre auf dem Baugrund eine Kombination aus Wohn- und Gewerbeeinheiten zulässig.
Das Grundstück hat bislang bereits eine bewegte Geschichte hinter sich. Seit 1922 befand es sich im Besitz der Republik Litauen, die dort ihre diplomatische Vertretung in Deutschland unterhielt. Über Jahrzehnte diente das Gebäude als Gesandtschaft und spielte eine wichtige Rolle in den bilateralen Beziehungen zwischen Litauen und Deutschland.
Bis 2019 befand sich das Grundstück an der Kielganstraße im Besitz der Republik Litauen
Nach dem Verkauf des Areals am 19. November 2019 endete diese historische Nutzung. Die 1.550 Quadratmeter große Fläche wurde im Rahmen einer öffentlichen, direkten Versteigerung zum Preis von 7,7 Millionen Euro angeboten und wechselte anschließend den Eigentümer.
Im Jahr darauf wurden sämtliche Bäume des kleinen Birkenwäldchens, das sich auf der ungenutzten Brachfläche in der Zwischenzeit entwickelt hatte, entfernt. Nach den Fällarbeiten blieb das Grundstück über längere Zeit ungenutzt, sodass es allmählich erneut vermüllte und sich neue Pflanzen ansiedelten.
Seit 2022 wurde das Grundstück an der Kurfürstenstraße für das Bauprojekt vorbereitet
Erst im Jahr 2022 kam es dann zu weiteren Maßnahmen: Das Gelände wurde eingeebnet, offenbar um eine stabile Fläche für ein solides Fundament zu schaffen. Dieses diente der Aufstellung eines vorgefertigten „All In Container Hauses“ der Firma islandloft.com. In der Folge stand über einen längeren Zeitraum das Modell „Loft20“, ein sogenanntes Tiny House, auf dem Grundstück.
Mit dem zukünftigen Gebäude scheint dies jedoch in keinerlei Zusammenhang zu stehen, der Bau von Tiny Houses ist auf dem Gelände offenbar nicht geplant. Vielmehr soll ein Boardinghaus mit sieben Vollgeschossen genehmigt worden sein. Ein Boardinghouse ist eine Unterkunftsform, die sich zwischen einem Hotel und einer Mietwohnung bewegt. Es bietet möblierte Apartments für längere Aufenthalte, oft mit zusätzlichen Serviceleistungen wie Reinigung oder Rezeption, aber ohne die typische Hoteldynamik.
Bezirksamt bestätigt: Ein Boardinghouse wird an der Kielganstraße errichtet
Dies würde zur im Bebauungsplan erlaubten Mischnutzung aus Wohnen und Gewerbe passen. Ein solches Boardinghouse befindet sich etwa am Gendarmenmarkt in Berlin-Mitte. Dort ist ein Haus der Kette Clipper Boarding House angesiedelt, welches sich speziell an Geschäftsreisende oder temporäre Stadtbewohner richtet.
Auf Anfrage von ENTWICKLUNGSSTADT bestätigte das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg am Freitag die Errichtung eines Boardinghouses. Geplant sind demnach 102 Wohneinheiten, darunter überwiegend Einzimmerwohnungen sowie 20 Apartments, die als Boardinghouse genutzt werden. Ergänzt wird das Konzept durch eine Tiefgarage, gemeinschaftliche Co-Working-Bereiche im Erdgeschoss und einen Aqua-Therapiebereich im Untergeschoss, der als Gewerbefläche für Wassergymnastik und Kleinkinderschwimmen dient.
Im Zuge der aktuellen Bautätigkeiten gelten auf der Kielganstraße, im Bereich der Baustelle, zwischen Februar 2024 und Dezember 2026 Halteverbote, um die Arbeiten ungehindert durchführen zu können. Wer der Bauherr hinter dem Projekt ist, wurde vom Bezirksamt nicht übermittelt.
Quellen: Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg, Architektur Urbanistik Berlin, mittendran.de, Brera Serviced Apartments, Clipper Boarding House
Warum gibt es dort kein Bauschild, das über das Bauprojekt und den Bauherren informiert. Ist so eine Information nicht verpflichtend und kann sie nicht eingefordert werden?