Die geplante Berliner Verwaltungsreform gerät empfindlich ins Stocken: Der Senat hat ein erstes Eckpunkte-Papier abgelehnt, welches den Bezirken mehr Macht und Einfluss verschaffen soll. Initiator Kai Wegner hatte wohl eher genau das Gegenteil im Sinn. Nun soll ein neues Konzept erarbeitet werden.

Ein wichtiger Baustein einer möglichen Berliner Verwaltungsreform wäre eine Beschleunigung der Digitalisierung – doch es gibt viele Herausforderungen, die angegangen werden müssen. / © Foto: depositphotos.com

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Text: Björn Leffler

 

Am vergangenen Donnerstag hatte der AIV zu einer spannenden Veranstaltung geladen, in der es um die Transformation verschiedener Straßenräume in Berlin ging. Bevor an diesem sonnigen Donnerstag in Kronprinzenpalais über Inhalte gesprochen wurde, wies AIV-Vorsitzender Tobias Nöfer darauf hin, dass der Schlüssel für den möglichen Wandel Berlins zur modernen Metropole im Gelingen einer notwendigen Reform der öffentlichen Verwaltung liege.

Bereits im Oktober 2023 hatte Kai Wegner das Projekt Verwaltungsreform zu einem zentralen Baustein seiner Politik erklärt und wollte das Thema innerhalb der aktuellen Legislaturperiode entscheidend voranbringen. Eine Neuordnung der Beziehungen zwischen dem Land Berlin und den Bezirken ist das Ziel einer solchen Reform.

Verwaltungsreform: Kai Wegner will Neuordnung der Beziehungen zwischen Senat und Bezirken

Wegner betonte noch im Juli, dass der Verwaltungsaufbau und das Zusammenspiel verbessert werden müssten. Der Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, Oliver Igel (SPD), erklärte noch im Mai, man sei auf dem Weg zum Vorhaben insgesamt einen Schritt weitergekommen. Senat und Bezirke hatten sich bei einer Klausurtagung im Frühling auf das Vorhaben einer Verwaltungsreform geeinigt.

Eine Neuordnung der Finanzen zwischen dem Senat und den Bezirken war dabei unter anderem vorgesehen, auch die Beschleunigung der Digitalisierung. Doch im Zentrum stand eine neue Aufgabenverteilung: Das bisherige Zuständigkeitsgesetz (AZG) sollte gestrichen und durch ein neues Organisationsgesetz ersetzt werden. Zudem soll ein neuer Katalog erarbeitet werden, der festlegt, welche Aufgaben künftig bei den Senatsverwaltungen und welche in den Bezirksverwaltungen liegen.

Berliner Senat hat Vorstellung der Reform-Eckpunkte vorerst gestoppt

Wie Der Tagesspiegel nun berichtet, soll das Projekt allerdings einen empfindlichen Dämpfer erhalten haben. Der Senat hat demzufolge die Vorstellung der geplanten Eckpunkte für die Reform des Verhältnisses zwischen Senat und Bezirken gestoppt. Grund dafür seien Vorschläge der zuständigen Staatssekretärin für Verwaltungsmodernisierung Martina Klement, die weitreichende Einflussmöglichkeiten für die Bezirke vorsehen.

Diese Vorschläge stießen, wenig überraschend, auf Widerstand innerhalb des Senats, insbesondere bei CDU– und SPD-Mitgliedern, die das Papier in seiner jetzigen Form nicht weiter behandeln wollen. Klement wurde angeblich eine Frist von zwei Wochen gesetzt, um neue Vorschläge vorzulegen.

Konzept: Mehr Einflussmöglichkeiten für die Bezirke – CDU und SPD mit Ablehnung

Auch der Initiator der Reform, Bürgermeister Kai Wegner, soll von einigen Vorschlägen, wie dem Vetorecht für den Rat der Bürgermeister, “überrascht” gewesen sein und habe klargestellt, dass solche Ideen unter seiner Führung nicht umgesetzt würden. Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) äußerte laut Tagesspiegel verfassungsrechtliche Bedenken, während Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) befürchtet, dass die vorgeschlagenen erweiterten Befugnisse der Bezirke die Politik des Senats künftig noch stärker blockieren könnten.

Kritik gab es vor allem an mehreren Punkten unter dem Titel “Starke Bezirke”. Hier wird unter anderem eine Bezirksbehörde vorgeschlagen, die die Interessen der Bezirke wahrt. Zudem wird ein Klagerecht der Bezirke gegen den Senat vorgeschlagen, auch wird ein Initiativrecht für den Rat der Bürgermeister geprüft, in drei Varianten. Besonders der Vorschlag, eine dritte Lesung im Abgeordnetenhaus zu erzwingen, stieß wohl auf heftigen Widerstand von CDU und SPD. Ein neuer Entwurf der Reform soll wohl Ende September diskutiert werden.

Berlins Bezirke haben schon heute außerordentlich viel Einfluss

Den Bezirken mehr Macht, Einfluss und Mitspracherecht zu geben, war wohl genau das Gegenteil von dem, was Kai Wegner im Sinn hatte, als er die Verwaltungsreform angestoßen hatte. Denn im Vergleich mit anderen deutschen Metropolen, wie etwa Hamburg, haben die Berliner Bezirke ja schon heute ein enormes Mitspracherecht und gelten häufig als Bremsklotz bei der Durchsetzung wichtiger Vorhaben und Projekte, da Ausstattung und Personalressourcen den Anforderungen deutlich hinterherhinken.

Hervorgegangen ist diese verhältnismäßig große Macht der Bezirke unter anderem aus der Bezirksreform der Jahrtausendwende, als aus 23 Berliner Bezirken 12 Bezirke geschnitten wurden. Die angestrebte Verwaltungsreform sollte einige Geburtsfehler dieser damals umfassenden Umstrukturierung korrigieren.

Das neue Eckpunkte-Papier müsste einen grundsätzlich anderen Charakter als der erste Entwurf haben

Der erste Entwurf der Reform jedoch war allerdings ganz und gar nicht das, was sich die Regierungskoalition vorgestellt hatte. Für den engen Zeitplan des Vorhabens stellt die Zurückweisung des ersten Eckpunkte-Papiers einen empfindlichen Dämpfer dar.

Man darf gespannt sein, wie der überarbeitete Entwurf aussehen wird, denn dieser müsste eigentlich einen vollkommen anderen Charakter haben als der nun vorgelegte Entwurf. Es klingt nicht danach, als würde das Thema zeitnah in die Umsetzung gehen, leider.

 

Quellen: Berliner Zeitung, Der Tagesspiegel, Wikipedia, RBB

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