Der Berliner Senat startet am 13. November den angekündigten Ideenwettbewerb für eine mögliche Randbebauung des Tempelhofer Felds. Visionäre Vorschläge sollen die Basis für eine neue, ergebnisoffene Stadtdebatte bilden. Das wünscht sich Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler, der im Rahmen eines Pressegesprächs auch noch einmal den Unterschied zu einem Realisierungswettbewerb herausstellte.

Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD, Mitte) im Gespräch mit Medienvertretern. Thema war der Beginn des Ideenwettbewerbs zum Tempelhofer Feld. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

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Text: Björn Leffler

 

Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) hatte am Freitagmorgen in den  runderneuerten Dienstsitz der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen in der Württembergischen Straße am Fehrbelliner Platz geladen.

Thema des Pressegesprächs war die Ankündigung, dass der geplante Ideenwettbewerb zur Freiraumgestaltung auf dem Tempelhofer Feld in Kürze starten soll, als ein weiteres Instrument auf dem Weg zu einer erneuten „Stadtdebatte“ zu Bebauung der riesigen Freifläche, wie der Bausenator es nannte.

Tempelhofer Feld: Auslobung des Ideenwettbewerbs startet am 13. November

Gaebler betonte im Vorfeld noch einmal, dass die im Sommer durchgeführten Bürgerwerkstätten zwar Teil des Diskussionsprozesses, aber kein Abstimmungspodium sein sollten. Die Ergebnisse werden von der Senatsverwaltung daher auch nicht als Votum der Stadtbevölkerung gegen eine mögliche Randbebauung bewertet – daher läuft das Verfahren wie geplant weiter.

Aber: alle Empfehlungen und Ideen der Diskussionswerkstatt sollen im Ideenwettbewerb berücksichtigt werden und dort einfließen. Gaebler betont, dass es auf dem Feld dringenden Weiterentwicklungsbedarf gibt. Er nannte dabei mögliche Nutzungen, die in der Stadt notwendig seien: Freizeitgestaltung, Aufenthaltsqualität und Bewegung. Hier wurde in den Werkstätten einhellig Umsetzungsbedarf festgehalten, um die Flächen moderner und nachhaltiger zu gestalten.

Gaebler wünscht sich eine Stadtdebatte auf Basis von Dialogwerkstätten und Wettbewerb

Die anschließende Stadtdebatte soll von den Ergebnissen der Dialogwerkstätten und den Resultaten des Ideenwettbewerbs beeinflusst werden, um eine ergebnisoffene Debatte möglich zu machen.

Am 13.11. wird der Ideenwettbewerb ausgelobt, als europaweiter, offener und zweiphasiger Wettbewerb. Wichtig war Gaebler zu betonen, dass mit dem Ideenwettbewerb kein Auftragsversprechen verbunden ist. Damit ist es laut Gaebler auch kein Verstoß gegen das geltende Tempelhof-Gesetz. Es ist, so betont es der Bausenator, also nicht geplant, die Ideen zwingend umzusetzen. Ziel des Verfahrens sei es vielmehr, verschiedene Ideen einzuholen, die in die weitere Debatte einfließen sollen.

Tempelhofer Feld: Auslobung des Ideenwettbewerbs startet am 13. November

Ziel des Senats ist es dabei, eine möglichst große Bandbreite mit ganz unterschiedlichen Ideen zu erhalten. In der zweiten Phase sollen dann 20 Beiträge weiterentwickelt werden. Im Juni 2025 sollen schließlich fünf Beiträge ausgewählt werden, die dann in die weitere Debatte einfließen sollen. Einen einzigen Siegerentwurf wird es demnach also nicht geben.

Auch Teilnehmer der Dialogwerkstätten sollen das Verfahren begleiten und im Preisgericht sitzen. Geklärt werden soll im Zuge des Wettbewerbs auch, an welcher Stelle das heute gültige Tempelhof-Gesetz geändert werden müsste, um die Ergebnisse des Wettbewerbs umsetzen zu können.

Im September 2025 sollen die Ergebnisse des Wettbewerbs im Parlament diskutiert werden

Im Sommer 2025 sollen die Ergebnisse des Verfahrens zur Abstimmung ins Parlament gegeben werden. Für den Wettbewerb steht ein Budget von insgesamt 317.000 Euro zur Verfügung, Vorgaben für die letztlichen Kosten einer möglichen Umsetzung werden aber noch nicht Teil der Ausschreibung sein – denn das würde ja nach Ansicht der Senatsverwaltung den gewünschten Ideenreichtum beschränken.

Im Zuge des Wettbewerbs wird es, das betonten die anwesenden Fachvertreter während der Pressekonferenz, nicht ausschließlich um den Rand des Feldes gehen, sondern um das gesamte Feld. Es sollen also vielfältige und visionäre Ideen entwickelt werden, aber betont keine utopischen Ideen. Die Senatsverwaltung wird die beteiligten Büros also bitten, Entwürfe zu erarbeiten, die letztlich auch umsetzbar sind. Einen neuen „Rodelberg“, wie Gaebler es nannte, wird es aller Voraussicht nach also nicht geben.

Tempelhofer Feld: Unterscheidung zwischen äußerem Ring und innerer Wiesenfläche

Im Tempelhof-Gesetzt gibt es eine Unterscheidung zwischen dem äußeren Ring und dem inneren Wiesenring – diese wichtige Unterscheidung soll auch im Wettbewerb von den Planungsteams berücksichtigt werden. Mögliche Bebauungen sollen also vor allem auf den Flächen des Außenrings gestaltet werden.

Der Wunsch des Senats ist es, dass sich interdisziplinäre Teams bilden, welche die Themen Städtebau und Landschaftsarchitektur sinnvoll miteinander verbinden können. Der Berliner Senat erhofft sich starke Ideen, um damit die öffentliche Diskussion mit Entwicklungsmöglichkeiten zu unterfüttern. Das Kalkül der Koalition ist offenbar, dass überzeugende städtebauliche Visionen für die Zukunft des Feldes die öffentliche Meinung so beeinflussen könnten, dass eine Mehrheit für eine Bebauung des Feldes zustande kommen könnte.

Christian Gaebler: „Wettbewerb so frei wie möglich gestalten“

Gaebler betonte im Gespräch, dass der Ideenwettbewerb von den Teams so frei wie möglich gestaltet werden soll. Das heißt auch, dass Teams, die die Empfehlungen der Dialogwerkstätten stärker berücksichtigen, nicht automatisch eine Chance darauf haben werden, in die zweite Phase des Wettbewerbs einzuziehen – denn diese Entscheidung wird letztlich bei der Jury liegen.

Gaebler machte daher noch einmal den Unterschied zu einem Realisierungswettbewerb klar, der in seinen Ergebnissen üblicherweise deutlich detaillierter auszuführen ist als der nun geplante Ideenwettbewerb, der erst zu einem späteren Zeitpunkt in eine konkrete Planung überführt werden würde.

Gaebler will trotz gültigem Tempelhof-Gesetz keine „Denk- und Diskussionsverbote“

Dass das heute gültige Tempelhof-Gesetz für eine solche Neugestaltung des Tempelhofer Feldes geändert werden müsste, räumte Gaebler ein, sagte aber auch, dass der Senat mit dieser Frage ausgesprochen sensibel umgehen möchte. Daher wurden die zum Verfahren gehörigen Beteiligungsformate entwickelt.

Gaebler sagte sehr offensiv, dass er „Denkverbote und Diskussionsverbote“ ablehne und das Gesetz mögliche neue Ideen – zehn Jahre nach dem Volksentscheid – nicht verhindern sollte. Denn die Geschichte der Stadt habe sich seit der damaligen Entscheidung weiterentwickelt, viele Themen hätten eine andere Dynamik als noch 2014.

Wie könnte eine Änderung des Tempelhof-Gesetzes überhaupt erfolgen?

Gaebler sagte zudem, dass er sich in diesem Verfahren als Vertreter der Fachseite sieht und wollte sich letztlich nicht dazu äußern, wie er zu einer möglichen Gesetzesänderung durch das Abgeordnetenhaus steht.

Wie das Gesetz letztlich verändert werden soll – durch eine Volksbefragung bzw. ein fakultatives Volksbegehren oder direkt durch das Parlament – konnte und wollte Gaebler nicht beantworten, da dies derzeit wohl noch nicht final entschieden worden sei – und er diese Thematik nicht in der Verantwortung seines Hauses sieht.

Tempelhofer Feld: Potenzialflächen für neue Schulen und Sportplätze?

Gaebler nannte aber offene Missstände, die es aus seiner Sicht aktuell im heutigen Tempelhof-Gesetzt gibt: Neue Sportflächen oder eine neue Schule, die in den angrenzenden Quartieren bitter benötigt werden, könnten derzeit selbst auf dem Außenring des Feldes nicht gebaut werden.

Gaebler betonte, dass der innere Bereich bewusst in den Wettbewerb mit einbezogen werden soll, da dieser Wunsch auch im Rahmen der Dialogwerkstätten geäußert wurde. Denn die heutige Wiesenfläche kann für das heutige Stadtklima noch deutlich optimiert werden, etwa durch zusätzliche Baumpflanzungen.

Im Hochsommer wird das Tempelhofer Feld zum Temperatur-Hotspot

Denn im Hochsommer produziert die Wiesenfläche Temperaturen von 40 bis 45 Grad und ist dadurch für viele Leute nicht einladend, da es keine schattenspendenden Elemente gibt. Künftig könnten aber mögliche „Kühlstationen“, wie etwa Bauminseln, eingerichtet werden. Der Kühleffekt des Tempelhofer Felds, der vor allem nachts zum Tragen kommt, ist laut einer TU-Studie, die im Rahmen des Pressegesprächs diskutiert wurde, hingegen wohl nicht so stark, wie bislang angenommen wurde.

So dringe die kühle Luft des Feldes nur begrenzt in die umliegenden Quartiere ein, die kühlende Funktion sei begrenzt. Gaebler formulierte es so: „Das Tempelhofer Feld ist keine reine Klimaoase“. Demzufolge wünscht sich der Senator eine differenzierte Diskussion ohne die „permanente Wiederholung von Kampfbegriffen“.

Gaebler wünscht sich Offenheit für kluge und nachhaltige Konzepte

So betonte er, dass der Ausschluss jeglicher Randbebauungen für den Fluss der kühlenden Luft also nicht grundsätzlich förderlich sei und fordert daher, aufgeschlossen für kluge und nachhaltige bauliche Lösungen zu sein, die den Status Quo verbessern könnten.

Eine Höhenreduzierung für mögliche neue Gebäude im Rahmen des Ideenwettbewerbs soll es nicht geben, Gaebler betonte aber nochmal die Formulierung „behutsame Radbebauung“, der Teil der Auslobung ist. Den Bau von mehreren 150-Meter-Hochhäusern sieht Gaebler daher nicht.

Tempelhofer Feld: Eine Bebauung würde frühestens in den 2030er Jahren starten

Einen Zeitrahmen für die tatsächliche Umsetzung gibt es allerdings nicht. Vorerst soll die Dialog- und Ideenphase abgeschlossen werden. Gaebler betonte, dass es sich bei diesem Vorhaben um ein Langzeitprojekt handelt, welches sich auch in die 2030er oder gar in die 2040er Jahre ziehen könnte.

Das Szenario, dass im Jahre 2030 am Rande des Tempelhofer Feldes bereits Wohnungen stehen könnten, nannte der Bausenator dann direkt auch „utopisch“. Tatsächliche bauliche Änderungen erwartet Gaebler nicht mehr in den 2020er sondern in den 2030er Jahren. Bis zur Umsetzung einer möglichen Randbebauung ist es also noch ein sehr weiter Weg.

 

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Quelle: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen