Seit Samstag laufen die ersten großen Vorbereitungen für den Abriss der Sternbrücke in Altona. Doch die Entscheidung, das historische Bauwerk abzureißen, sorgt für Widerstand. Insbesondere die Auswirkungen für Anwohnende am Schulterblatt und die Zukunft der Max-Brauer-Allee werfen Fragen auf.
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Der Umbau der Sternbrücke in Hamburg hat nun begonnen, nachdem die Pläne für eine Erneuerung bereits 2018 vorgestellt wurden. Die viergleisige Brücke, ein zentraler Verkehrsknotenpunkt für mehr als 900 S-Bahnen sowie Regional- und Fernzüge täglich, war aufgrund fortschreitender Abnutzung und den steigenden Anforderungen des Verkehrs nicht mehr sanierbar.
Die Deutsche Bahn hat sich für den Abriss der Sternbrücke zugunsten des Neubaus einer 108 Meter langen, stützenfreien Stabbogenkonstruktion entschieden. Mit dieser Entscheidung investiere die Bahn in eine moderne, zukunftsfähige Infrastruktur. Die Kosten für die neue Brücke werden bislang auf rund 125 Millionen Euro geschätzt.
Abriss der Sternbrücke und Verlust kultureller Identität sorgen für Widerstand
Der Abriss der Eisenbahnbrücke, die tief mit ihrer Geschichte verwoben ist, sorgt für zusätzlichen Widerstand. Die Initiative Sternbrücke und der Umweltverband Prellbock kritisieren den geplanten Neubau als „Monsterbrücke“, da eine massive Bauweise die filigrane Ästhetik der 100 Jahre alten Brücke ersetze und das Stadtbild stark verändere.
Denkmalschützende und Kulturschaffende beklagen den Verlust eines Bauwerks, das auch für das kulturelle Leben und die Identität Hamburgs von großer Bedeutung war. Besonders in den 1990er Jahren diente die Brücke als symbolträchtiger Hintergrund für zahlreiche Film- und Musikvideoaufnahmen, die die kreative Szene der 80er und 90er Jahre dokumentierten. Auch bekannte Clubs am Standort wie das Fundbureau mussten wegen des Neubaus bereits ihre alten Räumlichkeiten aufgeben.
Abrissplan der Deutschen Bahn: Endgültige Sperrung im Sommer 2026
Ab April werden die ersten Stahlbauteile zur Brückenwerkstatt Brammerfläche geliefert, wobei mit Schwerlasttransporten zu rechnen ist. Über den Sommer hinweg wird dort werktags von 7 bis 18 Uhr Stahl verschweißt. Da die aktuellen Strom- und Datenkabel über die Sternbrücke verlaufen, errichtete die Deutsche Bahn im Mai 2024 eine provisorische Kabelhilfstraße. Mit einer Länge von rund 700 Metern stellt sie sicher, dass die Kabel während der gesamten Bauzeit funktionstüchtig bleiben und der Bahnbetrieb damit fortgeführt werden kann.
Die nächste Streckensperrung der Verbindungsbahn beginnt einen Tag nach dem Start der Hamburger Sommerferien: Ab dem 25. Juli fallen erneut Züge aus. Zusätzlich wird es an Wochenenden weitere Sperrungen geben, so die Projektleiter. Im dritten Bauabschnitt im Sommer 2026 wird die neue Brücke dann eingesetzt, wodurch eine vollständige Sperrung erforderlich ist. Die Strecke nach Berlin ist für neun Monate nicht befahrbar.
Sternbrücke Hamburg: Anwohner klagen über Lärm und unzureichende Hotelunterbringung während Baumfällarbeiten
Die Baumfällarbeiten, die kürzlich mitten in der Nacht durchgeführt wurden, haben zu Beschwerden von Anwohnenden geführt. Viele wurden um drei Uhr morgens durch den Lärm geweckt. Die Deutsche Bahn räumt ein, dass sie den Bedarf an Hotelübernachtungen unterschätzt hatte, da normalerweise nur etwa zehn Prozent der Betroffenen eine Unterkunft benötigen. In diesem Fall mussten jedoch 360 Hotelübernachtungen organisiert werden, was zu logistischen Schwierigkeiten führte.
Die Initiative Sternbrücke, die sich für den Erhalt der Brücke einsetzt, kritisiert den Umgang der Deutschen Bahn mit den Anwohnern einer solchen Großbaustelle. Marlies Thätner, Sprecherin der Initiative, betont, dass ein großer Nachholbedarf in der Informationspolitik bestehe. Die Hotline sei schwer zu erreichen, Rückmeldungen bleiben oft aus. Die Deutsche Bahn verteidigt ihr Vorgehen und verweist darauf, dass die Baumfällungen aufgrund der Nähe zur S-Bahn ausschließlich in nächtlichen Betriebsunterbrechungen möglich gewesen seien.
Umgestaltung der Max-Brauer-Allee von Hausnummer 233 bis zum Schulterblatt
Parallel zur Erneuerung der Brücke wird auch die Max-Brauer-Allee neu gestaltet. Die Stadt Hamburg plant eine fahrradfreundlichere Verkehrsstruktur mit breiteren Gehwegen, verbesserten Radwegen und weniger Raum für den Autoverkehr. Autos und Busse sollen sich künftig eine Fahrspur teilen, für Busse werden bessere Abfahrtmöglichkeiten geschaffen. Laut LSBG-Sprecher Henning Grabow werden zudem die Fußwege barrierefrei gestaltet. Zusätzlich sind Neupflanzungen junger Bäume, die Einrichtung von Ladezonen sowie die Installation neuer Fahrradbügel geplant.
Die bereits durchgeführten Baumfällungen stoßen jedoch auf Kritik, da die neu gepflanzten Bäume deutlich kleiner sein werden – ein Umstand, den viele Anwohnende in Altona bedauern. Zudem fordern die Anwohner am stark frequentierten Knotenpunkt zum Schulterblatt eine klarere Trennung zwischen Fuß- und Radverkehr. Bis zum 2. April können die Bürgerinnen und Bürger aktuellen Planungen einsehen und ihre Anmerkungen dazu abzugeben.
Quellen: Tagesschau, NDR, Deutsche Bahn, Hamburger Abendblatt