Auf dem Areal des einstigen Rangierbahnhofs Pankow soll ein neues Stadtquartier mit 2.000 Wohnungen entstehen – eigentlich. Doch seit vielen Jahren gibt es Streit um eine bedrohte Krötenpopulation, die auf dem potenziellen Baugrund für das Vorhaben “Pankower Tor” heimisch ist. Nun geht der Disput in die nächste Runde – und der Baustart verzögert sich immer weiter.

Wann kann es endlich losgehen? Seit vielen Jahren streiten die Projektbeteiligungen um die Realisierung des Bauvorhabens “Pankower Tor”: Wann der Baustart erfolgen soll, ist indes noch immer nicht klar. Das Projekt ist längst zur Farce verkommen. / © Visualisierung: Nöfer Architekten

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Text: Björn Leffler

 

Das Bauvorhaben “Pankower Tor” – wenn man es denn noch so nennen kann, denn ob tatsächlich jemals gebaut wird, ist mittlerweile mehr als unklar – hat bereits eine selbst für Berliner Verhältnisse ausgesprochen lange Vorlaufzeit hinter sich.

Der Baustart für das eigentlich sinnvolle und vor allem durchaus notwendige Projekt, das ein neues Stadtquartier mit rund 2.000 Wohnungen schaffen soll, war nach letztem Stand für 2025 geplant, wurde jedoch durch den Streit um die Umsiedlung der streng geschützten Kreuzkröten behindert.

Bauvorhaben “Pankower Tor”: 2.000 neue Wohnungen sollen entstehen

Die Berliner Senatsverwaltung hatte zunächst geplant, die Tiere nach Brandenburg umzusiedeln, um den Baustart zu beschleunigen, doch der Naturschutzbund NABU klagte gegen diese Entscheidung und forderte eindringlich, dass die Kröten auf dem Gelände verbleiben sollten.

Nach langen Verhandlungen und juristischen Auseinandersetzungen einigten sich beide Seiten schließlich im Oktober 2023 darauf, die Kröten auf dem Gelände des früheren Güterbahnhofs zu belassen und einen Dialog über die zukünftige Fläche für die Tiere zu führen.

Im Streit um die Umsiedlung der Kreuzkröten war eigentlich ein Kompromiss erzielt worden

Anschließend stand noch zur Debatte, wie groß die Fläche sein soll, die den Kröten zur Verfügung gestellt werden soll. Während das Bezirksamt Pankow fünf Hektar Fläche in der Nähe des historischen Rundlokschuppens anbot, forderte der NABU mindestens zehn Hektar, um der Population von etwa 800 Kreuzkröten gerecht zu werden.

Diese neue Lösung wurde von beiden Seiten eigentlich als Schritt in die richtige Richtung gesehen, um den Schutz der Tiere und die Entwicklung des neuen Stadtquartiers zu verbinden.

Senat prüft Teil-Umsiedlung der Kröten, der NABU ist entsetzt

Doch nun ist auch diese Lösung offenbar wieder dahin, wie Der Tagesspiegel berichtet. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat kürzlich zwar mitgeteilt, dass die Festsetzung des Bebauungsplans “Pankower Tor” für das erste Halbjahr 2026 vorgesehen sei. Allerdings bedeute dies nicht, dass dann sofort mit dem Bau begonnen werden könne.

Zunächst müssten Maßnahmen wie die Freimachung der Baufelder und der Artenschutz durchgeführt werden, deren Zeitrahmen derzeit noch nicht genau abgeschätzt werden könne, weshalb ein genauer Baubeginn noch nicht seriös benannt werden könne. Und das Thema Artenschutz hat nun wieder eine neue Wendung erfahren.

Die Naturschützer fordern, auf den Bau des Möbelhauses zu verzichten

Denn der NABU berichtet, dass nun eine Teilumsiedlung der Kreuzkrötenpopulation vom ehemaligen Rangierbahnhof Pankow nach Brandenburg geprüft werde, was aus einer Senatsanfrage hervorgehe. Der NABU kritisiert diese Entscheidung, natürlich, und hält die vorgeschlagene Fläche in Bralitz, etwa 60 Kilometer von Berlin entfernt, für ungeeignet, da dort keine geeigneten Lebensbedingungen für die Kreuzkröten gegeben seien, unter anderem aufgrund von illegalem Motocross-Fahren und ungeeignetem Boden.

Da die geplante Ausweichfläche in Pankow aber offenbar zu klein für die etwa 800 Kreuzkröten ist (jedenfalls konnten sich NABU, Bezirk und Senat offenbar nicht auf eine geeignete Flächengröße einigen), wird auf Seiten des Berliner Senats über eine Teil-Umsiedlung nach Brandenburg nachgedacht.

Der NABU lehnt diese Umsiedlung entschieden ab und fordert den Senat auf, andere, besser geeignete Standorte innerhalb Berlins zu prüfen. Der Verband betont, dass die Kreuzkröten auf dem bisherigen Gelände bleiben sollten und dafür der Bau des geplanten Möbelmarkts überdacht werden sollte.

Das Projekt wird erneut empfindlich zurückgeworfen – Ausgang offen

Damit ist das Projekt in etwa so weit wie vor vier Jahren, von außen betrachtet kann man mehrere Projektparteien erkennen, die sich offenbar absolut unversöhnlich gegenüberstehen. Das Projekt “Pankower Tor”, das von der Krieger Handel SE gemeinsam mit dem Bezirk Pankow und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen entwickelt wurde und auch weiterhin werden soll, sieht eine deutliche Reduzierung des motorisierten Verkehrs im neuen Quartier vor.

Geplant war ursprünglich ein Radschnellweg entlang der Bahntrasse (bis dieser vom Berliner Senat gestrichen wurde), eine neue Tramlinie zwischen Pankow und Weißensee sowie weitere umweltfreundliche Infrastrukturmaßnahmen – immerhin die Tramlinie ist auch weiterhin Bestandteil der Planungen. Nach Jahren der Diskussionen und Kompromisse schien das Bauvorhaben Ende vergangenen Jahres endlich voranzukommen, während gleichzeitig der Schutz der heimischen Natur berücksichtigt werden sollte.

Alle Projektbeteiligten des “Pankower Tors” stehen aktuell als Verlierer da

Nun aber scheint das Projekt mehr denn je und zum wiederholten Male in einer Sackgasse zu stecken. Ob und wann tatsächlich irgendwann gebaut wird, mag wohl kein Stadtentwicklungsexperte seriös prognostizieren wollen. Obwohl seit vielen Jahren intensiv um die Umsetzung des Bauprojekts gerungen wird, dürften sich eigentlich fast alle Beteiligten als Verlierer fühlen.

Nicht nur für die Senats- und Bezirkspolitiker, die sich für die Umsetzung des Projekts seit vielen Jahren einsetzen, ist die neuerliche Eskalation schwer zu verdauen. Auch der private Investor, die Krieger Handel SE, wartet seit einer gefühlten Ewigkeit darauf, dass sich die Berliner Institutionen endlich einig werden, bislang ohne Erfolg.

Doch auch für die Naturschützer des NABU dürfte das Projekt “Pankower Tor” kein Erfolgserlebnis sein, denn schließlich stehen sie seit Jahren als Verhinderer des so dringend benötigten Wohnungsbaus da und werden dafür immer wieder hart kritisiert. Die Tatsache, dass die Projektbeteiligten über viele Jahre hinweg keinen Kompromiss finden konnten, wirft ein ganz schlechtes Bild auf die Pankower Stadtentwicklungspolitik. Und das wird – Stand jetzt – wohl auch noch eine Weile so bleiben.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

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Quellen: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Senatskommission Wohnungsbau, Berliner Morgenpost, Der Tagesspiegel, Nöfer Architekten, Bezirksamt Pankow, NABU