Seit Jahren nimmt der Autoverkehr in Berlin ab, obwohl die Bevölkerung wächst. Während immer mehr Berliner und Berlinerinnen auf öffentliche Verkehrsmittel und Fahrräder umsteigen, steigt gleichzeitig der Bestand an zugelassenen Kraftfahrzeugen weiter an. Ein Blick auf die aktuellen Entwicklungen zeigt, wie sich die Mobilität in der Hauptstadt verändert.
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Seit 1989 ist im Berliner Hauptstraßennetz ein Rückgang der Jahresfahrleistung von Kraftfahrzeugen zu beobachten. In den Jahren der Wiedervereinigung lag der Autoverkehr auf den Hauptstraßen Berlins bei 110 Prozent des Bezugsjahres 1991, doch seither nimmt er kontinuierlich ab.
Erhebungsdaten und aktuelle Auswertung: So werden die Werte berechnet
Die Erhebungsdaten basieren auf mehreren hundert Sensoren im Hauptverkehrsnetz sowie rund 3000 Zählpunkten. An diesen Punkten wird an Werktagen von Montag bis Donnerstag zwischen 7 und 19 Uhr – außer in den Schulferien – die Anzahl der Fahrzeuge erfasst.
Diese Zwölf-Stunden-Werte werden auf den gesamten Tag hochgerechnet. Die jüngste Auswertung stammt aus dem Jahr 2019. Seitdem ist die Bevölkerung Berlins um etwa 100.000 Menschen gewachsen. Im Vergleich zum Rekordwert des Autoverkehrs von 1998 ist die Zahl der Fahrzeuge um etwa eine halbe Million gestiegen.
Trotz höherem Autobestand: Zunehmende Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel & Fahrräder
Trotz dieses Anstiegs im Autobestand zeigt sich ein bemerkenswerter Trend: Immer mehr Berliner und Berlinerinnen setzen auf öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad. Die Fahrgastzahlen in Bussen und Bahnen steigen seit der Wiedervereinigung kontinuierlich an. 2015 überschritt die BVG erstmals die Marke von einer Milliarde Passagierfahrten, und die pandemiebedingten Rückgänge wurden 2023 weitgehend ausgeglichen.
Auch die S-Bahn verzeichnete einen kontinuierlichen Anstieg, mit zwei Dellen: zwischen 2009 und 2011, während der S-Bahnkrise, und erneut ab 2020 durch die Corona-Pandemie. Doch 2023 erholte sich die S-Bahn wieder weitgehend und erreichte fast die Fahrgastzahlen von 1998.
Von 1970 bis heute: Wiederbelebung des Radverkehrs in Berlin
Der Radverkehr in Berlin hat sich seit den 1970er Jahren stark erholt. Nach einem dramatischen Rückgang von etwa 90 Prozent bis Mitte der 1970er Jahre nahm die Zahl der Radfahrer und Radfahrerinnen seit den späten 1970er Jahren wieder zu.
Ab 2001 gibt es dank regelmäßiger Zählungen genauere Daten, die ein Wachstum von über 50 Prozent bis 2016 belegen. Seit 2017 wurde die Datengrundlage durch 24 Dauerzählstellen erweitert, was eine noch genauere Erfassung ermöglicht. Sowohl manuelle als auch automatische Zählergebnisse zeigen einen positiven Trend.
Mit dem Bau von Fahrradstraßen und Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung besteht die Chance, dass die Hauptstadt für Radfahrende in den nächsten Jahren noch attraktiver wird.
Rückgang des Autoverkehrs auf Hauptstraßen, Berliner Autobahnen bilden Ausnahme
Besonders deutlich wird der Rückgang des Autoverkehrs auf den am stärksten belasteten Stadtstraßen. Während 2019 noch zehn Strecken mehr als 60.000 Kraftfahrzeuge pro Werktag verzeichneten, sind es heute nur noch vier. In den letzten vier Jahren ist der Kfz-Verkehr auf den zehn meistbefahrenen Straßen um 9,6 Prozent gesunken.
Eine Ausnahme bilden die Berliner Autobahnen, auf denen der Verkehr auch nach 1998 weiter zunahm. Seit 2019 werden sie jedoch nicht mehr in die Verkehrsmengenbilanz einbezogen, da die Zuständigkeit an den Bund übergegangen ist. Würden die Autobahnen berücksichtigt, fiele der Rückgang des Autoverkehrs insgesamt etwas geringer aus. Die grundsätzliche Tendenz – ein Anstieg bis 1998 und ein Rückgang danach – bleibt jedoch bestehen.
Wachsende Zahl zugelassener Fahrzeuge: 2024 erstmalige Überschreitung der 1,5 Mio.-Marke
Im Jahr 2024 wurde erstmals die Marke von 1,5 Millionen zugelassenen Kraftfahrzeugen in Berlin überschritten. Das bedeutet, dass heute rund zwei Drittel mehr Autos in der Stadt unterwegs sind als zur Zeit der Wiedervereinigung.
Besonders in den ersten Nachwendejahren wuchs der Autobestand rasant, stagnierte jedoch um die Jahrtausendwende. Ein plötzlicher Rückgang 2008 war auf eine Änderung in der statistischen Erfassung des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) zurückzuführen. Seitdem werden vorübergehend stillgelegte und abgemeldete Fahrzeuge nicht mehr mitgezählt.
Steigendes Autoaufkommen: Anwohnerparkausweise als möglicher Faktor
Ein möglicher Grund für das weiterhin steigende Autoaufkommen könnte die günstige Parkraumbewirtschaftung in Berlin sein. Der Anwohnerparkausweis kostet weniger als drei Cent pro Tag und ermöglicht es, das Auto auch in zentralen Lagen abzustellen.
90 Prozent des Stadtgebiets bieten sogar kostenloses Parken. Diese niedrigen Kosten könnten viele Berliner und Berlinerinnen dazu verleiten, ein eigenes Auto zu besitzen, obwohl sie es nur selten nutzen.
Quelle: Tagesspiegel
Was für eine dämliche Herleitung, geringe Parkkosten wurden dazu führen, dass die Anzahl der zugelassenen Kfz steigt. Wer kennt das nicht? „Der Parkplatz kostet nur 10€ im Jahr! Da kaufe ich mir für 40.000€ ein Auto und stelle es unbewacht auf die Straße, weil’s, so günstig ist!“ Das immer mehr Autobesitzer immer mehr Wege mit dem Rad unternehmen oder aufgrund von Home Office daheim bleiben ist wohl niemand gekommen.