Die Berliner City West ist erneut Schauplatz eines katastrophalen Autounfalls geworden, ausgelöst durch ein “Alleinrennen” eines Autofahrers. Unfälle solcher Art gibt es zwischen Tauentzienstraße und Kurfürstendamm immer wieder, oft mit Todesfolge. Welche Auswege aus der aktuellen Situation gibt es? Sollte der Stadtraum zur Fußgängerzone erklärt werden, helfen Bodenschwellen oder verstärkte Polizeikontrollen?
© Titelbild: IMAGO / Schöning
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Text: Björn Leffler
In der Berliner City West ist es zu einem weiteren, folgenschweren Verkehrsunfall gekommen. Eine Frau starb am Mittwochmorgen bei einem Autounfall in der Tauentzienstraße in Berlin-Charlottenburg, drei weitere Insassen – 20, 25 und 27 Jahre alt – wurden teils lebensgefährlich verletzt.
Gegen 1.45 Uhr prallte ein BMW bei hoher Geschwindigkeit in Höhe Marburger Straße gegen die Graniteinfassung des Mittelstreifens, hob ab und schleuderte zurück auf die Fahrbahn. Der BMW 640i (320 PS) geriet zuvor ins Schlingern und ging in Flammen auf.
Bilanz des Unfalls am Kurfürstendamm: Eine Tote, drei Schwerverletzte
Fünf Ersthelfer wurden leicht verletzt, zwei Feuerwehrleute erlitten Rauchvergiftungen. Insgesamt 60 Einsatzkräfte waren im Einsatz. Die Fahrbahn Richtung Wittenbergplatz wurde erst am Donnerstagvormittag wieder freigegeben.
Der Unfall erinnert auf fatale Art und Weise an ein Ereignis, welches sich im Februar 2016 fast an gleicher Stelle ereignet hat. Ein Wettrennen, bei dem zwei junge Männer mit 160 Kilometern pro Stunde über den Kurfürstendamm rasten und mehrere rote Ampeln überfuhren, endete damals ebenfalls tragisch. Eines der Autos stieß mit einem Jeep zusammen, der bei Grün in die Kreuzung einfuhr. Der Fahrer des Jeeps, ein Rentner, starb sofort.
2016 und 2020 hatte es bereits ähnliche Unfälle mit Toten und Verletzten gegeben
Im September 2020 ereignete sich ebenfalls auf dem Kurfürstendamm ein ähnlich gelagerter Fall. Dabei kollidierten ein BMW und ein Ford Fiesta. Die Ford-Fahrerin und ihre Tochter erlitten bei dem Unfall lebensgefährliche und schwere Verletzungen, die Mutter musste reanimiert werden.
Zwei Zeugen am Straßenrand wurden leicht verletzt. Der BMW-Fahrer und seine Beifahrer flüchteten damals unerkannt. Augenzeugen berichteten, dass der Unfall durch ein illegales Autorennen verursacht worden war.
Der Kurfürstendamm gehört zu den gefährlichsten Straßen Berlins
Dass es auf dem Kurfürstendamm in Sachen Verkehr besonders rau zugeht, ist jedem Berliner längst bewusst. Nicht nur für Autofahrer, auch für Fahrradfahrer ist die Strecke ein echtes Wagnis. Denn einen eigenen Fahrradweg gibt es auf der rund drei Kilometer langen Straße zwischen Halensee und Gedächtniskirche an keiner Stelle.
Das ist umso erstaunlicher, da die Flaniermeile über ausreichende Flächen verfügt. Die jederzeit präsenten Raser – sie sind sowohl tagsüber als auch abends und nachts sicht- und hörbar – machen den Kurfürstendamm für alle anderen Verkehrsteilnehmer immer wieder zu einem besonders gefährlichen Ort.
Die Berliner Politik tut nichts gegen die Verkehrssituation in der City West
Die Berliner Politik sieht sich den Zustand seit vielen Jahren nahezu untätig an – ganz egal, welche Parteien in der Regierungsverantwortung waren oder sind. Auf dem Kurfürstendamm darf gerast und bedrängt werden, ohne dass es nennenswerte Maßnahmen dagegen gäbe.
Im vergangenen Jahre wurde ein Blitzer aufgestellt (der bereits mehrfach zerstört wurde), an der Gedächtniskirche wurde 2023 ein Lärmblitzer aufgestellt. Nach dem gestrigen erneuten schweren Unfall zeigt sich abermals, dass diese wenigen Instrumente stumpfe Schwerter im Kampf gegen die Raserei auf dem Kurfürstendamm und der Tauentzienstraße sind.
Der Berliner Senat geht gegen die Raserei nicht vor – mit fatalen Folgen
Wobei von einem Kampf eigentlich keine Rede sein kann, denn wirklich aktiv geht weder die Polizei noch der Berliner Senat gegen das Problem vor. Dabei wird seit vielen Jahren über ein übergeordnetes, neues Verkehrskonzept für die Berliner City West gesprochen.
Bereits seit dem furchtbaren Anschlag auf dem Breitscheidplatz im Dezember 2016 wird über eine Umgestaltung des Bereiches diskutiert. Ein am 15. Februar 2021 geplanter Senatsbeschluss ist jedoch bis heute nicht umgesetzt worden. Anstatt den Verkehr rund um den Breitscheidplatz einzudämmen, wird der Platz seit Jahren mit unschönen, provisorischen Pollern geschützt.
City West: Bodenschwellen gegen rücksichtslose Raser?
Wenn man zumindest gegen die Raserei in der City West etwas tun möchte, gäbe es eigentlich sehr simple und wenig kostenintensive Möglichkeiten, die Autofahrer zum langsameren Fahren zu zwingen.
Würde man die Straßen zwischen Wittenbergplatz und Halensee mit Bodenschwellen ausstatten, wäre das Rasen unvermittelt beendet. Denn die häufig “getunten” und tiefergelegten Autos, die laut röhrend über Kurfürstendamm und Tauentzienstraße donnern, könnten dann nur noch maximal Tempo 20 fahren.
Es ist Zeit für eine Neuaufteilung des Verkehrsraums in der City West
Da man auf diesen Straßen tagsüber meist eh im dichten Verkehr steckt, wäre eine Installation solcher Verkehrselemente kaum nachteilig für die anderen Verkehrsteilnehmer. Nur einen eigenen Radweg müsste es dann geben – vielleicht wäre das also ein guter Anlass, den Straßenraum einmal komplett neu zu strukturieren.
Genauso gut ist es vor allem im Bereich um Breitscheidplatz, Europa-Center, Wittenbergplatz und Tauentzien denkbar, eine reine Fußgängerzone einzurichten, um den Autoverkehr dort völlig herauszuhalten.
Tauentzien: Eine Fußgängerzone als Mittel zur Verkehrsberuhigung?
Da sich in diesem Bereich zahlreiche Einzelhandels- und Gastronomiebetriebe befinden, würde der Charakter der Straße durch eine solche Maßnahme ungemein aufgewertet werden. Genauso wäre es möglich, die Polizeipräsenz in den betroffenen Bereichen so stark zu erhöhen, dass Autorennen schlicht und ergreifend nicht mehr möglich sind.
Denkbar wären also eine oder mehrere feste Verkehrswachen, die den Bereich in der City West 24 Stunden überwachen würden und schnell und effektiv reagieren könnten. Doch für eine solche Maßnahme muss natürlich das nötige Personal bereitstehen – und der politische Wille vorhanden sein.
Es fehlt der politische Wille, am Kurfürstendamm wirklich etwas zu tun
Genau der ist jedoch fragwürdigerweise nicht vorhanden – und zwar parteiübergreifend. Weder SPD, Grüne oder Linke haben sich dem Verkehrsbrennpunkt Kurfürstendamm angenommen, auch die CDU hat das Thema bislang erfolgreich ignoriert.
So wird es auch in den kommenden Jahren immer wieder zu tragischen Unfällen kommen, ausgelöst durch rücksichtslose Fahrer, aber gewährleistet durch eine tatenlos zusehende Politik, die sich konsequent weigert, ihre Bürger vor Rasern und Verkehrskriminellen zu schützen – was nicht nur bedauerlich ist, sondern eigentlich skandalös.
Weitere Bilder zum Thema findet Ihr hier:
Quellen: Der Tagesspiegel, Berliner Morgenpost, berlin.de, Süddeutsche Zeitung, RBB
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5. November 2024
5. November 2024
Alle 100m ein stationärer Blitzer…
Neue Raumaufteilung zugunsten anderer Verkehrsteilnehmender, flächendeckend Bodenschwellen und Tempo 20, Blitzer auf dem ganzen Kudamm, und zumindest rundum den Breitscheidtplatz eine Fußgängerzone wären hier die offensichtlichen Lösungen, die weder viel Zeit noch Geld kosten würden, aber Menschenleben retten und die Lebensqualität erhöhen würden. No-brainer in so einem städtisch und touristisch relevantem Zentrum.
Der Beitrag ist einfach fehlerhaft: Der Unfall jetzt wie auch der im Jahr 2016 ereigneten sich nicht auf dem Ku’damm, sondern auf der Tauentzienstraße, im Übrigen unmittelbar am Ausgang einer baustellenbedingten Verengung der Fahrbahn auf eine Spur bei Anordnung von Tempo 30 km/h. Alle Anordnungen nützen nichts, wenn die Leute wie hier oder 2016 und 2020 sich nicht an die Vorschriften halten! Bei den Unfällen 2016 und 2020 hat man sich bei den Rennen nicht Mal von roten Verkehrsampeln aufhalten lassen!
Der Ku’damm hat zwischen Breitscheidplatz und Halensee eine Länge von rund 3,2 Kilometern, zusammen mit der Tauentzienstraße erfüllt stellt er eine wichtige Verbindungs- und Hauptverkehrsstraße dar, auf der unter anderem wichtige Buslinien unterwegs sind. Schon deswegen verbietet sich damit die Einrichtung einer Fußgängerzone. Es ist das klassische Phänomen: Es passiert was ganz Furchtbares – und alle wollen sofort Maßnahmen, die künftige entsprechende Ereignisse vermeiden können. Dabei kommen dann meistens reichlich sinn- und zweckfreie Vorschläge raus. Die einzig richtige Maßnahme ist eine umfassende Überwachung, wenn denn alle wissen, dass die Strecke eine klassische “Poser-“Strecke ist. Dafür brauche ich natürlich das nötige Personal!