Angesichts des Wohnraummangels in Hamburg wird die Umnutzung von leer stehenden Bürogebäuden immer relevanter. Ein Pilotprojekt in Bergedorf zeigt das Potenzial dieser Idee, stößt jedoch auch auf Herausforderungen. Das Vorhaben setzt auf Nachhaltigkeit und neue Wohnkonzepte wie Cluster-Wohnen, um innovative Lösungen zu bieten.
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Im Hamburger Stadtteil Bergedorf wird ein leer stehendes Bürogebäude aus den 1960er-Jahren zu Wohnraum umgebaut. Das Gebäude, das zuvor der Baugenossenschaft Bergedorf-Bille als Verwaltungssitz diente, wird nun im Rahmen eines Pilotprojekts in 32 Wohnungen umgewandelt. Die Besonderheit: Die Wohnungen entstehen nach dem sogenannten Cluster-Prinzip. Jede Einheit verfügt über private Räume wie Schlafzimmer, Badezimmer und Kochnische, während Gemeinschaftsflächen wie Küche, Wohnzimmer und Medienräume geteilt werden.
Das Projekt richtet sich insbesondere an Menschen, die von gemeinschaftlichem Wohnen profitieren können. Die Hamburger Stiftung „Das Rauhe Haus“ plant, hier Menschen mit Behinderung unterzubringen. Für diese Zielgruppe will das Konzept nicht nur bezahlbaren Wohnraum bieten, sondern auch soziale Unterstützung durch die Gemeinschaft ermöglichen.
Umnutzung Hamburger Bürogebäude: Gegen Wohnraummangel und für mehr Nachhaltigkeit
Die Umnutzung von Bürogebäuden biete nicht nur eine Lösung für den Wohnraummangel, sondern auch Vorteile im Bereich der Nachhaltigkeit. Im Vergleich zu einem Neubau spare die Umnutzung bestehender Gebäude erhebliche Mengen an Ressourcen und CO₂ ein. Experten wie Thomas Krüger, Stadtplaner an der HafenCity Universität Hamburg, betonen, dass die Nutzung bestehender Bausubstanz immer nachhaltiger sei als Abriss und Neubau.
In Bergedorf wird dieser Ansatz konsequent verfolgt: Klinkersteine aus der Rückseite des Gebäudes werden für die Dachaufstockung wiederverwendet. Die Idee der Kreislaufwirtschaft, auch bekannt als „Cradle to Cradle“, spiele eine zentrale Rolle. Dabei nutze man Baumaterialien so, dass sie am Ende ihrer Lebenszeit erneut in den Baukreislauf eingebracht werden können.
Kein Allheilmittel für Hamburger Wohnungsmarkt: Unattraktive Lagen und kostspielige Umbauten bleiben herausfordernd
Trotz der Vorteile ist die Umnutzung von Bürogebäuden kein Allheilmittel für den Hamburger Wohnungsmarkt. Thomas Krüger schätzt, dass nur etwa 20 bis 30 Prozent der rund 750.000 Quadratmeter leer stehender Büroflächen in Hamburg für Wohnzwecke geeignet sind. Denn häufig stünden ältere Bürogebäude in unattraktiven Lagen oder erforderten kostspielige Umbauten, um den technischen und rechtlichen Anforderungen für Wohnraum zu genügen.
Hinzu würden oftmals komplizierte Genehmigungsverfahren und hohe technische Standards kommen, die den Umbau erschweren. Gerade die Statik von Bürogebäuden unterscheide sich erheblich von derjenigen von Wohnhäusern. Dennoch sieht Krüger in der Umnutzung eine wichtige Chance, um den Flächenmangel in Hamburg anzugehen, und fordert politische Unterstützung für solche Projekte.
Hamburgs Politik fördert innovative Wohnkonzepte, bietet Hilfestellung bei Genehmigungsverfahren
Die Hamburger Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) befürwortet Projekte wie das in Bergedorf und betont die Unterstützung durch die Wohnungsbaukoordination der Stadt. Bauherren, die leer stehende Büros umnutzen möchten, könnten auf Hilfestellung bei Genehmigungsverfahren zählen. Die Umnutzung von Bürogebäuden sei ein wichtiges Instrument, um den städtischen Wohnraummangel zu bekämpfen und nachhaltige Lösungen zu fördern.
Bereits jetzt gibt es in Hamburg weitere Beispiele für die Zwischennutzung von Büroflächen. In St. Georg wird ein ehemaliges Bürogebäude als Unterkunft für wohnungslose Suchtkranke genutzt. Auch wenn solche Übergangslösungen kein dauerhafter Wohnraum sind, verdeutlichen sie das Potenzial leer stehender Immobilien.
Mehr Umwandlungsprojekte in Hamburg 2025: Perspektiven für eine nachhaltige Stadtentwicklung
Auch der Projektentwickler Hamburg Team plant Büro-Umbau: 2025 sollen umfangreiche Projekte zur Umwandlung alter Büroflächen stattfinden, um nicht nur Wohnraum zu schaffen, sondern auch soziale Infrastruktur wie Kitas zu fördern. Das Immobilienunternehmen Savills sieht in der Umnutzung solcher Flächen ebenfalls eine vielversprechende Möglichkeit, neuen Wohnraum zu schaffen. Savills verfolgt etwa Pläne, dass leer stehende Büros in Seniorenwohnungen umgebaut werden könnten.
Die Umnutzung von Bürogebäuden in Wohnraum hat trotz Herausforderungen das Potenzial, Nachhaltigkeit und innovative Wohnkonzepte miteinander zu verbinden. Mit politischer Unterstützung und angepassten rechtlichen Rahmenbedingungen könnte die Umnutzung einen wichtigen Beitrag zur Lösung des Wohnungsproblems in Hamburg leisten.
Quellen: NDR, Deutsches Architektur Forum, Konii, Savills, Art Invest Real Estate, Trockland, Max Dudler Architekten, Ortner & Ortner, Nöfer Architekten, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, EXPO Real Estate, Belform