Am Kreuzungsbereich Kurfürstenstraße / An der Urania in Berlin-Schöneberg wurde ein in die Jahre gekommenes Bürogebäude aus den 1960er Jahren abgerissen, um einem modernen Neubau zu weichen. Trotz Protesten und alternativen Umbaukonzepten wurde der Abriss umgesetzt – und ist Teil einer umfassenden städtebaulichen Neugestaltung in der City West.

Es war einmal ein Haus: Am Kreuzungsbereich Kurfürstenstraße / An der Urania wurde ein Bürogebäude aus den 1960er Jahren abgerissen, trotz Protesten (rechte Seite). Direkt gegenüber entsteht ein Neubau der Jahr-Gruppe / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

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An der Adresse Urania 4–10 in Berlin-Schöneberg stand für mehrere Jahrzehnte ein Verwaltungsbau aus dem Jahr 1967 – und er stand lange vor dem Abriss. Denn der einstige Bürokomplex war seit rund sechs Jahren leer und wurde in den vergangenen Monaten zurückgebaut. Mittlerweile ist das Gebäude vollständig abgetragen worden. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIM) verantwortete den Rückbau.

Geplant ist an dieser Stelle ein Neubau mit gemischter Nutzung. In einem städtebaulichen Werkstattverfahren, das bereits 2018 durchgeführt wurde, ging ein Entwurf hervor, der eine Nutzfläche von rund 24.000 Quadratmetern vorsieht. Vorgesehen sind neben Wohnungen auch Flächen für Verwaltung, soziale Einrichtungen sowie Gastronomie und Einzelhandel im Erdgeschoss. Ergänzt werden soll das Ensemble durch einen begrünten Innenhof.

Schadstoffbelastung und fehlende Sanierbarkeit des Bestandsgebäudes an der Urania: Warum abgerissen wurde

Ein Erhalt des Bestandsbaus wurde nach Angaben der Senatsverwaltung ausgeschlossen. Grund seien unter anderem massive Schadstoffbelastungen durch PCB und andere Substanzen, die tief in die Gebäudestruktur eingedrungen waren. Eine vollständige Entfernung sei nur unter Gefährdung der Statik möglich, hieß es. Auch die kleinteilige Raumstruktur und versiegelte Flächen wie ein Parkdeck gelten als nicht mehr zeitgemäß.

Die Entscheidung für den vollständigen Abriss stieß jedoch auf Kritik. Die Initiative „an.ders Urania“ hatte im vorvergangenen Jahr eine Petition gestartet und eine Machbarkeitsstudie vorgelegt, die eine Sanierung und Aufstockung des Bestandsgebäudes vorsah. Demnach sollten im Bestandsbau bis zu 300 Wohnungen möglich gewesen sein – ohne zusätzliche CO₂-Emissionen durch einen Neubau.

Die Petition hatte letztlich keinen Erfolg, der Berliner Senat blieb bei seiner Entscheidung – und setzte den Abriss durch. Neben den giftigen Baustoffen entsprach laut Senat vor allem die Bauweise des Gebäudes mit einer Vielzahl von Einzelzimmern, einem Parkdeck und einer dazugehörigen Parkfläche und somit einer vollständigen Versiegelung des Grundstücks auch nicht mehr den Anforderungen an einen modernen Geschäfts- und Wohnkomplex.

Im neuen Gebäude sollen etwa 6.000 Quadratmeter mehr Nutzungsfläche als im bisherigen Gebäude realisiert werden. Für die geplanten Wohnungen sollen nach Senatsangaben knapp 10.000 Quadratmeter eingerichtet werden. Auf den übrigen 14.000 Quadratmetern sollen die Flächen für Verwaltung und soziale Einrichtungen entstehen.

Stadtentwicklung und Klimadebatte treffen am Urania-Knotenpunkt aufeinander

Deutlich weiter ist da bereits das direkt gegenüber liegende Hochhausprojekt der Jahr-Gruppe, für das in dieser Woche das Richtfest gefeiert wurde. Die Bezirke Mitte und Tempelhof-Schöneberg sowie die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hatten bereits 2018 ein gemeinsames Konzept zur Neuentwicklung aller vier Eckgrundstücke rund um die Kreuzung Kurfürstenstraße / Schillstraße / An der Urania erarbeitet. Vorgesehen ist eine gemischte Nutzung aus Wohnen, Verwaltung, Kultur, Gastronomie und Einzelhandel. Das Vorhaben der Jahr-Gruppe bildete den Auftakt für die geplanten Maßnahmen.

Parallel dazu wird in der Stadt eine grundsätzliche Debatte um den Umgang mit Bestandsgebäuden geführt. Die Initiative Klimastadt 2030 fordert vor dem Hintergrund der Klimakrise eine Abkehr vom routinemäßigen Abriss zugunsten von Erhalt, Sanierung und Umnutzung. Ob künftig häufiger umgebaut statt neu gebaut wird, bleibt letztlich abzuwarten. Eine Rettung für das Bürogebäude an der Urania gab es letztlich nicht.

Quellen: rbb24, Jahr-Gruppe, HAMBURG TEAM Projektentwicklung, DIE Deutsche Immobilien Entwicklungs AG, Initiative an.ders Urania, Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Klimastadt 2030