In Berlin entstehen zunehmend Wohnungen dort, wo früher nur eingekauft wurde – über oder neben Supermärkten. Dieses städtebauliche Modell bietet enormes Potenzial, das bislang erst in Ansätzen genutzt wird – wie etwa an der Mollstraße in Berlin-Friedrichshain, wo 40 Wohnungen an einem bestehenden Supermarkt realisiert wurden.

Berlins Supermärkte bekommen Gesellschaft – in Form von Miet- und Eigentumswohnungen direkt über den Verkaufsflächen. Noch ist dieses Modell die Ausnahme, doch es könnte ein Weg aus der Wohnungskrise sein – wie hier an der Mollstraße in Berlin-Friedrichshain. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
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Die Wohnungsnot in Berlin ist groß, und so werden die bestehenden Wohnviertel zunehmend verdichtet, insbesondere in den begehrten Innenstadtlagen. Dabei werden einerseits Bauflächen ins Visier genommen, die bislang eher weniger berücksichtigt wurden – und andererseits werden Bauflächen genutzt, die eigentlich bereits eine Nutzung haben. Die Rede ist von Supermarkt-Flächen, die häufig mit unspektakulären Flachbauten bebaut sind.
Dass diese Flächen großes Potenzial für zusätzlichen Wohnungsbau bergen, haben in Berlin bereits mehrere Projektentwickler verstanden – und entsprechende Projekte umgesetzt oder begonnen. Unweit vom Platz der Vereinten Nationen sind etwa an der Mollstraße in Berlin-Friedrichshain (an der Grenze zum Bezirk Mitte) 40 Wohnungen entstanden, die direkt an einen bestehenden Netto-Supermarkt heran gebaut wurden.
Mollstraße: 40 neue Wohnungen entstanden direkt an einem Supermarkt
Das architektonische Konzept für dieses Bauvorhaben stammt aus der Feder des Büros Dr. Kraus Architekturbüro, welches sowohl für die Planung als auch für die Ausführung des Projekts verantwortlich war. Neben den 40 Wohneinheiten ist im Übrigen zusätzlich noch eine Gewerbefläche realisiert worden.
Der Standort ist für den Bau von Wohnungen aufgrund des vorherrschenden Verkehrslärms eher ungewöhnlich, da sowohl der Autoverkehr als auch die Tram direkt am Gebäude vorbeiführen. Dennoch wurde das Projekt wie geplant umgesetzt und fertiggestellt. Es gibt noch weitere, ähnliche Beispiele, bei denen neuer Wohnraum auf einstigen Einzelhandelsflächen geschaffen wurde.
Franz-Mehring-Platz in Friedrichshain: 160 Eigentumswohnungen, wo einst eine DDR-Kaufhalle stand
Auf dem Areal unweit des Franz-Mehring-Platzes in Berlin-Friedrichshain, auf dem das Neubauprojekt „The Franz“ entstanden ist, stand noch bis vor wenigen Jahren eine Kaufhalle aus DDR-Zeiten, die bereits seit mehreren Jahren geschlossen war.
In den vergangenen Jahren wurde vom Projektentwickler Diamona & Harnisch ein neues Gebäude mit 160 Eigentumswohnungen errichtet und mittlerweile fertiggestellt. Im Erdgeschoss sollten ebenfalls wieder Flächen für Einzelhandel geschaffen werden, und das wurde auch so umgesetzt: eine EDEKA-Filiale hat hier ihre Türen geöffnet.
Mierendorffinsel: 47 Wohnungen entstehen auf altem EDEKA-Grundstück
In Berlin-Charlottenburg ist derzeit ein vergleichbares Projekt im Bau: An der Osnabrücker Straße 27, unweit des Mierendorffplatzes, wird ein solches Wohnprojekt realisiert. Auf dem Gelände eines mittlerweile abgerissenen EDEKA-Marktes errichtet das Unternehmen fiducia Investment GmbH insgesamt 47 neue Wohnungen – und Flächen für einen neuen Lebensmittelhandel im Erdgeschoss.
Die entstehenden Wohnungen werden nicht als Eigentumswohnungen vertrieben, sondern als Mietwohnungen. Die Höhe des neuen Eckgebäudes wird sich an den umliegenden Wohnhäusern orientieren. Zum Projekt werden auch ein begrünter Innenhof sowie knapp 100 Fahrradstellplätze gehören. Das Dach des Gebäudes soll zudem extensiv begrünt werden.
Umwandlung von Supermarkt-Flächen für zukünftigen Wohnungsbau – ein sinnvolles Konzept?
Die genannten Beispiele zeigen anschaulich, wie innerstädtische Supermarktflächen durch intelligente Nachverdichtung in dringend benötigten Wohnraum verwandelt werden können. Doch sie sind bei weitem nicht die einzigen ihrer Art – in verschiedenen Berliner Bezirken existieren weitere Projekte, die dieses Prinzip verfolgen oder in Planung sind.
Insgesamt lässt sich feststellen: Das Modell, Wohnungen über oder neben bestehenden Supermärkten zu errichten, birgt noch enormes Potenzial für den Berliner Wohnungsmarkt. Bislang wird dieses Potenzial jedoch nur punktuell ausgeschöpft. Angesichts der anhaltenden Wohnungsnot und des begrenzten Baulands wäre es sicher sinnvoll, dieses Konzept systematischer zu verfolgen und als festen Bestandteil künftiger Stadtentwicklungsstrategien zu etablieren.
Quellen: Dr. Kraus Architekturbüro, Netto, Architektur Urbanistik Berlin, Diamona & Harnisch, EDEKA, fiducia Investment GmbH
Verkehrslärm existiert an allen Hauptverkerhsstrassen und dort wohnen seit jeher Leute.
Zudem leben wir nicht mehr im 19. JH mit Einfachverglasung. Schalldichte Fenster sind ein wenig teurer aber kein Problem.
Und niemand MUSS dort einziehen, es sind keine Gefängnisse.
Der Supermarkt steht in Friedrichshain.
Diese bessere Ausnutzung bebauter Grundstücke finde ich gut. Das gibt es noch viel zu wenig in Berlin. Übrigens: Auch zahllose Gewerbeflächen sind mit Flachbauten oder Ein- bis Zweigeschossern bebaut. Die Erweiterung von Gewerbeflächen sollte daran gebunden werden, dass Unternehmen auch in der Höhe ihren Flächenverbrauch besser gestalten. Davon liest man selten.
Es gibt auch Beispiele bei denen die Kommune als Auflage erteilt hat, dass ein Kindergarten oder eine pädagogische Einrichtung auf dem Dach eines Flachbaus errichtet werden muss.
Ein Beispiel steht in Nürnberg Gostenhof. Norma durfte bauen, aber mit dieser Auflage. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.