Wo einst Dampfloks ratterten, stehen heute Parks, Bürogebäude und Einkaufszentren. Doch die alten Berliner Bahnhöfe haben ihre Geschichten nicht verloren – sie erzählen von Aufstieg, Zerstörung und Wandel einer ganzen Stadt. Ein Rückblick auf Berlins verlorene Eisenbahnknotenpunkte – jetzt lesen mit ENTWICKLUNGSSTADT PLUS.

Bahnhöfe, die die Zeit verschluckte – Sie waren einst Tore in die Welt, doch heute erinnern oft nur noch Ruinen oder Straßennamen an ihre Existenz. Auf diesem Bild ist der historische Stettiner Bahnhof zu sehen. / © Foto: Wikimedia Commons

© Foto Titelbild: Wikimedia Commons / Hermann Rückwardt – Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin

 

Berlin war einst ein Knotenpunkt des europäischen Eisenbahnverkehrs, mit zahlreichen Bahnhöfen, die die Stadt mit den wichtigsten Destinationen Deutschlands und darüber hinaus verbanden. Viele dieser Bahnhöfe existieren heute nicht mehr – einige fielen den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs zum Opfer, andere wurden im Zuge der Stadtentwicklung abgerissen oder umgestaltet.

Besonders die deutsche Teilung führte dazu, dass Bahnhöfe, die einst eine bedeutende infrastrukturelle Funktion hatten, plötzlich nicht mehr benötigt wurden. Einige Standorte wurden überbaut oder in Parks umgewandelt, während andere durch moderne Bahnanlagen ersetzt wurden. Wir geben einen Überblick über die wichtigsten historischen Bahnhöfe, die es heute – bis auf wenige Ausnahmen – im Berliner Stadtbild  nicht mehr gibt.

Der Anhalter Bahnhof in Kreuzberg – einst Berlins Tor zur Welt

Der Anhalter Bahnhof wurde 1851 eröffnet und entwickelte sich schnell zu einem der bedeutendsten Fernbahnhöfe Berlins. Von hier aus fuhren Züge in Richtung Leipzig, München und weiter bis nach Rom oder Athen. Sein repräsentatives Empfangsgebäude mit einer großen Hallenkonstruktion machte ihn zu einem architektonischen Wahrzeichen der Stadt.

Im Zweiten Weltkrieg wurde der Bahnhof schwer beschädigt. Nach Kriegsende diente er nur noch eingeschränkt dem Verkehr, verlor aber mit dem Bau der Berliner Mauer endgültig seine Funktion. In den 1960er Jahren wurde das Hauptgebäude abgerissen – erhalten blieb nur die imposante Portalruine des Anhalter Bahnhofs.

Sie steht heute als Denkmal an der Stresemannstraße und vermittelt einen Eindruck von der einstigen Größe des Bahnhofsgebäudes. In der Nähe befinden sich zudem erhaltene Tunnel und Fundamente des Bahnhofs, die jedoch nicht öffentlich zugänglich sind. In den kommenden Jahren soll direkt hinter der Portal-Ruine der Neubau des Exilmuseums errichtet werden.

Der Dresdner Bahnhof: Kurze Ära ohne Spuren

Verglichen mit anderen Bahnhöfen hatte der Dresdner Bahnhof eine sehr kurze Geschichte. Er wurde 1875 eröffnet, um den Verkehr nach Dresden abzuwickeln. Doch bereits 1882 wurde er durch den leistungsfähigeren Anhalter Bahnhof ersetzt.

Da der Bahnhof nur wenige Jahre in Betrieb war, gibt es heute keine sichtbaren Überreste mehr. Sein Standort wurde in der Folgezeit für andere städtische Entwicklungen genutzt.

Der Potsdamer Bahnhof: Vom Verkehrsknotenpunkt zum Neubaugebiet

Bereits 1838 wurde der Potsdamer Bahnhof als einer der ersten Bahnhöfe Berlins eröffnet. Er war der Ausgangspunkt für Züge in Richtung Magdeburg und Hannover und galt als einer der wichtigsten Verkehrsknoten der Stadt. Durch die stetig steigende Nachfrage wurde er mehrfach umgebaut und erweitert.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Gebäude schwer beschädigt. Nach Kriegsende spielte der Bahnhof keine Rolle mehr im Verkehrsnetz der Stadt und wurde schließlich in den 1960er Jahren vollständig abgetragen. Heute steht an seiner Stelle der moderne Potsdamer Platz mit Bürogebäuden, Einkaufszentren und dem Sony Center. Dennoch sind einige Relikte der alten Bahninfrastruktur erhalten geblieben – darunter unterirdische Tunnelsegmente sowie einige im Boden eingelassene Gleisreste.

Der Görlitzer Bahnhof: Von der Endstation zum Stadtpark

Der Görlitzer Bahnhof wurde 1867 eröffnet und war der Endbahnhof der Strecke nach Görlitz, wie der Name vermuten lässt. Er diente dem Personen- und Güterverkehr, verlor jedoch nach dem Zweiten Weltkrieg stark an Bedeutung, da die direkte Verbindung nach Görlitz durch die deutsche Teilung unterbrochen war.

1951 wurde der Personenverkehr eingestellt, und das Bahnhofsgebäude wurde 1967 abgerissen. Auf dem Gelände entstand in den folgenden Jahren der Görlitzer Park, der heute eine beliebte und kontrovers diskutierte Grünfläche im Stadtteil Kreuzberg ist. Einige Spuren des alten Bahnhofs sind noch sichtbar, darunter ehemalige Bahnsteigreste und vereinzelte Mauerfragmente.

Der Stettiner Bahnhof: Aus dem heutigen Stadtbild vollständig verschwunden

1842 wurde der Stettiner Bahnhof eröffnet, der als Endpunkt der Bahnstrecke nach Stettin (heute Szczecin, Polen) diente. Er war für den nordöstlichen Bahnverkehr von großer Bedeutung, bis er 1950 geschlossen wurde.

Das repräsentative Empfangsgebäude wurde 1962 abgerissen, und die Fläche wurde teilweise neu genutzt. Die unterirdischen S-Bahngleise blieben jedoch erhalten, und die Station erhielt den Namen „Nordbahnhof“, unter dem sie bis heute als wichtiger Umsteigepunkt im Nahverkehr existiert.

Der Hamburger Bahnhof: Vom Verkehrsknoten zum Kunstmuseum

Als Endbahnhof der Bahnstrecke nach Hamburg wurde der Hamburger Bahnhof 1846 eröffnet. Seine Bedeutung für den Fernverkehr war allerdings nur von kurzer Dauer, da er bereits 1884 für diesen Zweck geschlossen wurde.

Der Hamburger Bahnhof ist das einzige vollständig erhaltene Gebäude eines historischen Berliner Kopfbahnhofs und diente im Laufe der Zeit verschiedenen Nutzungen. Heute beherbergt es das Museum für Gegenwartskunst, das Teil der Nationalgalerie ist und eine der wichtigsten Sammlungen moderner Kunst in Berlin zeigt. Der ursprüngliche Gleisbereich existiert nicht mehr, aber das Gebäude selbst vermittelt einen Eindruck davon, wie frühere Berliner Bahnhöfe gestaltet waren.

Der Lehrter Bahnhof: Vorläufer des Hauptbahnhofs

Der Lehrter Bahnhof wurde 1871 eröffnet und war einer der wichtigsten Bahnhöfe der Stadt, insbesondere für Verbindungen in Richtung Hannover und das Ruhrgebiet. Die imposante Bahnhofshalle galt als ein Meisterwerk der damaligen Ingenieurskunst.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Bahnhof nur noch teilweise genutzt, 1951 jedoch endgültig stillgelegt. Jahrzehntelang blieb das Gelände ungenutzt, bis schließlich 2006 an seiner Stelle der moderne Berliner Hauptbahnhof eröffnet wurde – heute das zentrale Drehkreuz des Berliner Bahnverkehrs.

Der Wriezener Bahnhof: Verschwundene Infrastruktur

Der Wriezener Bahnhof diente ab 1903 dem Bahnverkehr nach Wriezen in Brandenburg. Während des Zweiten Weltkriegs wurde er beschädigt, nach dem Krieg dann hauptsächlich für den Güterverkehr genutzt.

In den 1970er Jahren wurde das Bahnhofsgebäude schließlich abgerissen. Heute ist von der ehemaligen Bahnanlage nichts mehr zu sehen, da das Gelände für Neubauten und Infrastrukturprojekte überformt wurde. Derzeit wächst auf dem einstigen Bahnhofsgelände das Gewerbeprojekt „EDGE Friedrichspark„.

Der Schlesische Bahnhof: Umbenannt, aber nicht vergessen

1867 wurde der Schlesische Bahnhof als Endpunkt der Strecke nach Breslau eröffnet. Er war ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt, vor allem für Reisende in den Osten des Deutschen Reichs.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Bahnhof umbenannt und heißt seit 1950, mit einigen zwischenzeitlichen Namenswechseln, „Ostbahnhof“. Seine Funktion als Fernbahnhof blieb jedoch erhalten, und bis heute dient er als wichtiger Halt für den Fern- und Regionalverkehr.

Der Schöneberger Bahnhof: Verdrängt durch den Ausbau des S-Bahn-Netzes

Der Schöneberger Bahnhof wurde 1881 eröffnet und diente als wichtiger Knotenpunkt im Berliner Vorortverkehr. Er lag an der Ringbahn und wurde vor allem von Pendlern genutzt, die aus dem Umland in die Stadt fuhren.

Mit der Eröffnung des neuen S-Bahnhofs „Innsbrucker Platz“ in den 1930er Jahren verlor der Bahnhof jedoch an Bedeutung. Während des Zweiten Weltkriegs wurde er stark beschädigt und in den folgenden Jahren nicht wieder instand gesetzt. Schließlich wurde der Bahnhof in den 1950er Jahren abgerissen, und an seiner Stelle entstand ein Teil der Stadtautobahn A100.

Berlins verschwundene Bahnhöfe: Ein Blick zurück auf verlorene Verkehrsknoten

Die verschwundenen Bahnhöfe Berlins erzählen die Geschichte einer Stadt im stetigen Wandel. Sie stehen für die rasante Industrialisierung des 19. Jahrhunderts, als die Eisenbahn Berlin mit Deutschland und Europa verband, und für die tiefen Einschnitte, die Krieg, Teilung und Wiedervereinigung hinterließen.

Während einige Bahnhöfe spurlos verschwanden, erinnern Relikte wie die Ruine des Anhalter Bahnhofs oder die Umnutzung des Hamburger Bahnhofs an eine Zeit, in der Zugreisen noch ein Symbol für Fortschritt und Mobilität waren. Heute prägen moderne Bahnhöfe wie der Hauptbahnhof, Südkreuz oder der Ostbahnhof das Stadtbild – doch die Geschichte ihrer Vorgänger lebt in den Straßen, Parks und Fundamenten weiter.

Der Anhalter Bahnhof wurde 1851 eröffnet und entwickelte sich schnell zu einem der bedeutendsten Fernbahnhöfe Berlins. Von hier aus fuhren Züge in Richtung Leipzig, München und weiter bis nach Rom oder Athen. Sein repräsentatives Empfangsgebäude mit einer großen Hallenkonstruktion machte ihn zu einem architektonischen Wahrzeichen der Stadt. / © Foto: Wikimedia Commons /

Der Lehrter Bahnhof wurde 1871 eröffnet und war einer der wichtigsten Bahnhöfe der Stadt, insbesondere für Verbindungen in Richtung Hannover und das Ruhrgebiet. Die imposante Bahnhofshalle galt als ein Meisterwerk der damaligen Ingenieurskunst. / © Foto: Wikimedia Commons /

Der Görlitzer Bahnhof wurde 1867 eröffnet und war der Endbahnhof der Strecke nach Görlitz. Er diente dem Personen- und Güterverkehr, verlor jedoch nach dem Zweiten Weltkrieg stark an Bedeutung, da die direkte Verbindung nach Görlitz durch die deutsche Teilung unterbrochen war. / © Foto: Wikimedia Commons / Autor/-in unbekannt – Eisenbahnmuseum Bochum-Dahlhausen

Der Hamburger Bahnhof ist das einzige vollständig erhaltene Gebäude eines historischen Berliner Kopfbahnhofs und diente im Laufe der Zeit verschiedenen Nutzungen. Heute beherbergt es das Museum für Gegenwartskunst, das Teil der Nationalgalerie ist und eine der wichtigsten Sammlungen moderner Kunst in Berlin zeigt. / © Foto: Wikimedia Commons /

Quellen: Wikipedia, Friedrichshainer ZeitZeuger, Berliner Woche, Spiegel