Briefe aus T.

Teil 7 – Zittern

2. September 2006

Hallo Robert.

Du hattest mal geschrieben, dass es sehr schwer ist, im Auto Briefe zu schreiben. Du hattest recht. Trotzdem weiß ich im Augenblick nicht, was ich ansonsten tun sollte, um dieses Zittern in mir zu unterdrücken. Ich quäl mich jetzt durch diese Zeilen, es ist das Beste, was ich im Augenblick tun kann. Ich werde sie gleich noch bei Dir einwerfen.

Ich war vorhin auf dem Friedhof, auf dem christlichen, und hab ein paar Blumen für einen gewissen Friedrich Meirich niedergelegt. Wer das ist – ich würde Dir das gern einmal in Ruhe erzählen.

Im Moment stehe ich in der Einfahrt vor dem Haus von Schmidtis Eltern. Ich weiß gar nicht, wie oft in meinem Leben ich hier schon war, in diesem Haus, diesem Garten oder hinten auf dem Kesselberg. Ich habe mich hier nie großartig zuhause gefühlt, und in den letzten Jahren bei Schmidti auch eigentlich nie wirklich willkommen. Wie auch.

Aber so ausgestoßen wie heute… so betrogen wie heute habe ich mich niemals vorher gefühlt. Niemals, und ich wünschte, es wäre auch nie dazu gekommen. Ich bin wirklich selbst schuld daran, ich hätte einfach aufhören sollen, zu graben.

Du fragst Dich vermutlich gerade, ob ich irgendwie den Verstand verloren habe und warum ich Dir so eine verwirrte Scheiße schreibe… Na ja, wie gesagt – ich würde es Dir wirklich gern mal in Ruhe erzählen. Was hältst Du davon, wenn wir uns mal treffen, auf einen Kaffee oder so? Ob in Berlin oder hier, ist ganz egal.

Ich hatte gehofft, dass Du meinen Brief beantwortest, aber ich will Dir auch keinen Vorwurf machen. Wie könnte ich. Aber vielleicht gibst Du Dir einen Ruck. Es würde mich wirklich wahnsinnig freuen. Ich wollte Dir einfach nur danken, dass Du immer da warst und zugehört hast. Das ist mir mehr Wert, als Du Dir vermutlich vorstellen kannst. Und… jetzt hoffe ich, dass Du diesen Brief hier nicht sofort wegschmeißt und uns vielleicht nochmal eine Chance gibst… Ich hab zu viel kaputt gemacht in den letzten Monaten. Ich muss jetzt wirklich damit anfangen, wieder ein wenig zu reparieren. Das wird schwer genug.

Ich hör jetzt auf, mir fällt nichts Sinnvolles mehr ein. Ich muss es jetzt erstmal schaffen, im Auto zu bleiben und wegzufahren. Das ist fürs Erste schwer genug. Ein Schritt nach dem anderen. Einer nach dem anderen.

Ich drück Dich ganz fest.

Hanna

Die ersten sechs Teile der Geschichte findet Ihr auf der Seite „STORY“